Marcus Corbett ist ein Wanderer zwischen musikalischen Welten. Seit jeher war der Brite begeistert von Singer-Songwritern wie Nick Drake, Gitarristen wie Jerry Garcia oder John McLaughlin und multikulturellen Bands wie dem Mahavishnu Orchestra oder Shakti. All diese Einflüsse sind im aktuellen Album "Deep Strong" deutlich herauszuhören, wobei das Werk durchaus genug eigenes Profil aufweist, um nicht im Sumpf der Beliebigkeit unterzugehen. Das auffallendste musikalische Stilmerkmal der Produktion sind die Einflüsse indischer Musik. Wie schon weiland die Beatles, begnügte sich Corbett nicht damit, ein paar exotische Klangnuancen einzustreuen, um sein Songwriting ethnisch aufzupeppen. Vielmehr reist er stetig zwischen Indien und Großbritannien hin und her, studierte indische Klassik in Poona und knüpfte dabei viele Kontakte zu verschiedenen Musikern. Einige von diesen sind nun auch auf der vorliegenden Scheibe zu hören.
Songstrukturen und Vocals stehen in der Tradition der großen Liedermacher aus der englischen Folkrockszene. Die teilweise epische Länge der Tracks verweist dabei auf Einflüsse wie Roy Harper und indische Ragas gleichermaßen.
Diese vielen Vergleiche sollen aber nicht davon ablenken, wie eigenständig diese vier außergewöhnlichen Stücke doch sind. Allerdings entsteht Musik ja auch nicht im luftleeren und damit klanglosen Raum, sondern lebt und atmet stilistische Einflüsse ein, um sie dann in eigener Facon wiederzugeben und zu verarbeiten.
Erinnert man sich an die ersten Projekte von Fusionen indischer Musiktraditionen mit westlichen Klängen wie die legendären 'East Meets West'-Kollaborationen von Ravi Shankar und Yehudi Menuhin, stand damals noch stärker die Begegnung im Vordergrund, das vorsichtige Aufeinander zugehen und erstes Ausloten von Gemeinsamkeiten. In "Deep Strong" sind Orient und Okzident bereits kongenial miteinander verschmolzen. Da ist zusammengewachsen, was wohl schon immer zusammengehörte. Und vielleicht bilden solche Klänge irgendwann die Folklore der Zukunft.
Bereits der Opener "In Deed" macht dies deutlich: ein klarer Gong eröffnet den Klangreigen, die Tablas und die Gitarre erzeugen einen unwiderstehlichen Groove, während Herr Corbett singt, als sei er ein Nachkomme des großen John Martyn. By the way - seine Fähigkeiten auf der akustischen Klampfe sind ebenso ausgefeilt. Er bewegt sich wirklich traumwandlerisch durch die Stile. Flöte und Violine sorgen für die elegischen Anteile der Songs, ohne auch nur einmal im Schmalztopf der Gefühligkeit abzublubbern.
Diese Kompositionen sind absolut gefühlsecht und erschaffen eine manchmal rasante, manchmal meditative Fahrt durch die Wunderwelt der Emotionen, und das ganz und gar ohne vordergründige Effekthascherei.
Vor allem das Magnum Opus der Scheibe, das zweiteilige "So Lonely" entfaltet seine ganze Pracht langsam, aber höchst intensiv.
Letztlich erntet Marcus Corbett hier die Früchte, die musikalische Pioniere wie die Incredible String Band oder das bereits erwähnte Mahavishnu Orchestra schon in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gesät haben. Und somit sind wir schon wieder bei den Vergleichen. Ich rate aber, diese erst einmal abzuschütteln, bevor man den Silberling in den Player schiebt. Denn diese Musik muss man einfach erfahren …und genießen!
Line-up:
Marcus Corbett (guitar, vocals )
Louis Eliot (guitar)
Sharanappa Guttaragi (tabla)
Milind Date (bansuri)
Nitin Gaikwad (tabla)
Sanjay Upadhye (violin)
Tracklist |
01:In Deed
02:Castanets (with Tabla)
03:So Lonely Pt (1)
04:So Lonely Pt (2)
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Externe Links:
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