Patrik Carlsson / Melodic Travel
Melodic Travel Spielzeit: 70:17
Medium: CD
Label: Lion Music, 2006
Stil: Guitar Instrumental

Review vom 28.12.2006


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Patrik Carlsson wurde 1972 geboren und ist ein schwedischer Gitarrist. Und nach dem wir uns im laufenden Jahr auch schon mit Andy Timmons beschäftigt hatten, ist es mal wieder eine gelungene Abwechslung, dem instrumentalen Gitarrenrock zu frönen. Im Gegensatz zu Timmons, der auf seinem letzten Output noch von Mike Daane und Mitch Marine unterstützt wurde, spielte Patrik Carlsson so ziemlich alles alleine ein. Dafür gibt es eben das hauseigene Unternehmen Home Records. Und deswegen ist es auch richtig, bei Carlsson von einem Multi-Instrumentalisten auszugehen, der sich hin und wieder gediegener virtueller Instrumente bedient. Der Rest ist Handarbeit und besticht über weite Teile durch absolute Professionalität.
Ohnehin finde ich in Carlsson einen sehr interessanten Typen. Man besuche nur seine Website. Jeder, der ein bisschen mehr in die eigenen Fähigkeiten und die eigene Gitarrenarbeit stecken und investieren möchte, kann sich an gebotenen Workshops erfreuen. Die untermauert der Künstler auch mit MP3s, so dass man imstande ist, sich das Durchgenommene richtig vorzustellen. Bleibt also die Frage, ob man sich der Herausforderung stellen möchte bzw. kann.
Musikalisch greift der Gitarrero verschiedene Sounds und Stilelemente auf. Da gibt es zum Beispiel mit "Gate To Heaven" einen lauschigen und eingängigen sowie bluesigen Song, der zeigt, wie einfach und galant man tolle Melodien mit der Gitarre erzeugen kann. Und noch etwas ganz Entscheidendes schafft der Künstler in hervorragender Art und Weise: Obwohl es sich um ein reines Instrumental-Album handelt, verfällt der Mann nicht in überzogene, kaum noch nachvollziehbare Frickelorgien. Obwohl er das sicherlich könnte. Nein, das Augenmerk liegt vielmehr auf Feeling und Sounds, die aus den Fingern kommen. Da bringt er genau das, was man bei John Petrucci auf "Suspended Animation" vergeblich sucht.
Was bringt es dem gitarreninteressierten Hörer, wenn er sich in der Folge einer seelenlosen Aneinanderreihung von Noten hingeben soll, die zwar schnell ist, dafür aber die Temperatur eines Eisschrankes vermittelt.
"Liberty City" zeigt mit Bläsereinsätzen, dass man Pop mit Jazz vermengen kann. Sehr eindrucksvoll. Und mit "Luxian Minor" wird es mexikanisch und spanisch und somit latin. Ja, das erinnert ein wenig an Carlos Santana. Insbesondere der warme Sound lässt aufhorchen. An dieser Stelle sei auch noch mal darauf hingewiesen, dass jeder Song auf der Scheibe in sich ein eigenes Thema beinhaltet. Und tatsächlich schafft es Patrik Carlsson, ohne Lyrics dem Hörer die beabsichtigte Stimmung zu übermitteln. Very well!
Seit 2004 wird Carlsson als der designierte Nachfolger eines Yngwie Malmsteen angepriesen und, ehrlich gesagt, ich bin froh, dass der Typ eben nicht genau in diese Kerbe reinspielt. Auch wenn es heißt, dass sowohl Malmsteen als auch u.a. Steve Vai maßgeblichen Einfluss auf das spielerische Sortiment genommen haben. Dem kann ich mich so nicht anschließen.
Was bleibt noch? Ach ja, ein wirklich glasklarer Sound und somit eine gute Produktion. In der überwiegenden Zahl sind die Gitarrentöne mit leichtem bis mittelprächtigem Crunch angereichert. Dazu gibt es fast immer den obligatorischen Reverb und das Delay, um anzudicken. Die jazzigen und souligen Elemente im Songwriting führen nicht zu einer nervenaufreibenden Fusion, sondern die Dosierung ist gut gewählt.
An manchen Stellen wird es sogar funkig und nebenbei richtig groovig. Man könnte meinen, dass dieses Album ein intoniertes Lehrbuch ist, denn wirklich alle gängigen Rhythmen werden abgegrast. Selbst stilistische Einlagen mit Schifferklavier und dazugehörigen Walzerrhythmen kommen noch einigermaßen überzeugend rüber. Das entlockt sogar ein kleines Schmunzeln und zeigt, dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind.
Also, Freunde der Gitarre werden hier besonders angesprochen. Auf geht es mit einem musikalischen Rundumschlag, der dazu geeignet ist, mal wieder eigene Kreativität zu erforschen. Das Ganze schont hier, wie beschrieben, die Nerven und ist deswegen für Jedermann einigermaßen leicht verdaulich.
Tracklist
01:Settler's Pleasure (4:11)
02:Battlefield (4:40)
03:Kristiina's Song (5:01)
04:Caribbean Uptempo (3:38)
05:Gate to Heaven (5:30)
06:Liberty City (4:04)
07:Luxian Minor (3:43)
08:Archipelago Blues (3:56)
09:Night Vision (4:28)
10:The Great A (3:49)
11:Hip 'N' Melodic (4:19)
12:Desederia (3:46)
13:Happy Quarter (4:50)
14:Naboo (4:37)
15:Spanish Vaganza (5:42)
16:Silence (4:00)
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