Robert Cray, Blues-Gitarrist und -sänger ... aber das reicht hinten und vorn nicht, wenn man den Herrn irgendwie anhand von Schubladen und Vergleichen einordnen will. Da ist auch Soul dabei und R&B, Funk und Rock und Big Band. Tom Jones und Ray Charles, Joe Cocker, James Brown und SRV ... und deutlich weniger Pop-Appeal als auf den Mittachtziger-Alben, die Robert Cray und seine Band bekannt gemacht haben.
Oh nein! Wer wäre ich, "Strong Persuader" oder "Don't Be Afraid Of The Dark" schlechtzureden? Wem es bei "Nothin' But A Woman" nicht im Fußgelenk juckt, der leidet unter musikalophober Mobilitis. Aber das sind Klassiker, und 2014 ist 2014. 2014 ist "In My Soul", Album Nummer 17 einer Robert Cray Band, zu der mit Richard Cousins auch ein alter Buddy gehört. Der war nicht immer dabei, aber schon vor Jahrzehnten und immer wieder. Es ist kein Album ohne Schwächen geworden, aber ...
... legt man die neue Scheibe ein, tönt zunächst einmal dieser Sound aus den Boxen, der statt Namen und Schubladen vor allem eins ist: Robert Cray. "You Move Me" - oh ja, das bewegt. Es rockt und bluest straight nach vorn, im Vordergrund stehen ein lässiger Groove und Crays wunderbare, markant hohe Stimme. Wenn der Mann richtig Gas gibt, ist das ein sensationeller Mix aus scharfer Power und unfassbar smoothem Ausdruck. Passt das überhaupt zusammen? Ja, das ist das Besondere.
Robert Cray und Band zerren alle Gegensätze, roh wie sie sind, ins Studio und auf die Bühne, um sie dann mit einem lässigen Handstreich zu zähmen. Die Chose ist astrein produziert, doch 'kommentiert' Cray seinen eigenen Gesang mit einer Sologitarre, die geradezu garagig klingt. Eine dynamische und relaxte Nummer! Ach, immer die Gegensätze. "I Guess I'll Never Know" schlägt in dieselbe Kerbe: bluesig und energisch, wenn auch nicht zu schnell, mit bigbandigem Blechgebläse. Versteckt im Hintergrund strahlt die Cocker'eske Orgel in der souligen Blues-Nummer ständige wohlige Wärme aus wie ein Heizpilz im herbstlichen Biergarten.
Lasset uns covern. "Nobody's Fault But Mine" ... nein, nix Led Zep - Otis Redding. Obwohl diese Nummer auch Led Zeppelin sehr gut gestanden hätte. Das urbluesige, knarzige Gitarrenriff, die Blechbläserakzente, der Gesang. Der Gesang! Nachdem Drummer Les Falconer einsteigt, haut Mr. Robert Cray ganz schön was raus und macht mit dieser Version seinem Idol alle Ehre, klasse. Und wunderbar ausgesucht hat man die Nummer auch; die geht richtig schön nach vorn.
Noch ein Cover aus den 60ern, das großartig geworden ist: "Your Good Thing Is About To End", 1966 von Mabel John und 1969 von Lou Rawls aufgenommen. Was für ein wunderbares Klagelied mit vielen kleinen, großartigen explosiven Höhepunkten. Und der schwerfällige 'Bogen', den Trompete und Saxofon dazu immer wieder ziehen, ein zähes Lauterwerden und Wieder-Verschwinden. Das wirkt ja schon beinahe psychedelisch. Die Band hat den Song nicht geprobt - einfach gespielt, sagt Cray. Ich glaube es ihm.
Mit dem Bobby Bland-Song "Deep In My Soul" treibt man die Heldenverehrung noch ein Stück weiter voran. Ein 'deep blues song', wie Robert Cray ihn bezeichnet. Er erfüllt ihn mit viel Glut und Leidenschaft, wird zwischenzeitlich richtig laut - großes Theater.
Unter den frisch komponierten Stücken sind einige mehr oder weniger ruhige, darunter das gedankenversunkene "Hold On", das ein wenig in Richtung Lionel Ritchie geht, und der Love-Song "You're Everything". Auch "Fine Yesterday" und "Pillow" sind eher laid back; "What Would You Say" eine balladenhafte Singer/Songwriter-Nummer. Allesamt klasse Songs mit viel, viel Seele. Flott, flippig und witzig ist das erste (leider viel zu kurze) Instrumentalstück überhaupt auf einem Album der Robert Cray Band, "Hip Tight Onions". Das holt den Tanzbären aus dem Winterschlaf.
Und dennoch: "In My Soul" (sehr stark) kommt an das 2012er-Vorgängeralbum "Nothin But Love" (monströs gut!) nicht ganz ran. Das liegt zum einen daran, dass dieses Mal unterm Strich doch die ein oder andere Nummer mit ruhiger Grundausrichtung zu viel vorhanden ist. Zum anderen gab es anno 2012 mehr Stücke, die sich sofort gnadenlos in die Gehörgänge eingebrannt haben. "In My Soul" braucht hingegen ein bisschen.
Bis auf die beschriebenen zwei, drei großen Highlights liefert die Band zwar viel Robert Cray, aber weniger Robert Cray für die Ewigkeit. "In My Soul" ist eine gute Verlängerung von "Nothin But Love" - im Vergleich nicht wirklich 'schwach'; aber der Vorgänger war einfach so stark. Ein Muss für Fans, das steht allerdings zweifelsfrei fest.
Line-up:
Robert Cray (vocals, guitar)
Richard Cousins (bass)
Les Falconer (drums, vocals - #2, background vocals - #5)
Dover Weinberg (keyboards)
Additional musicians:
Steve Jordan (all percussion, drums - #4, additional drums - #10, additional guitar - #11)
Trevor Lawrence (tenor sax)
Steve Madaio (trumpet)
Tracklist |
01:You Move Me (4:21)
02:Nobody's Fault But Mine (2:39)
03:Fine Yesterday (4:31)
04:Your Good Thing Is About To End (5:34)
05:I Guess I'll Never Know (4:40)
06:Hold On (3:57)
07:What Would You Say (4:26)
08:Hip Tight Onions (2:17)
09:You're Everything (6:05)
10:Deep In My Soul (5:19)
11:Pillow [Bonus Track] (5:06)
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