Sean Costello / Sean's Blues
A Memorial Retrospecive
Sean's Blues Spielzeit: 75:34
Medium: CD
Label: Landslide Records, 2014 (2009)
Stil: Blues

Review vom 23.04.2014


Steve Braun
Als Sean Costello am 15. April 2008 - einen Tag vor seinem dreißigsten Geburtstag - völlig überraschend verstarb, verlor die Blueswelt eines ihrer größten Talente; lange bevor dieses seinen Zenit auch nur annähernd erreicht hatte. Wenige Tage zuvor hatte Kollege Joe seinerzeit das wohl beste Album Costellos, We Can Get Together, besprochen, mit dem der junge Bluesman endlich seinen Weg gefunden zu haben schien.
Nach eher traditionellem Beginn hatte er sich, durch seinen Förderer Levon Helm inspiriert, dem Soul und R&B geöffnet, was nicht jeden Bluesfan restlos zu überzeugen vermochte. "We Can Get Together" klang rockiger, ohne allerdings den Haudrauf-Blues der 'Jungen Wilden' zu kopieren, sondern eindeutig auf traditionellen Wurzeln basierend. Wenige Wochen nach der Veröffentlichung war Costello tot...
Sein plötzlicher Tod ließ wilde Spekulationen über einen Drogen-Abusus des jungen Gitarristen ins Kraut schießen. Die Familie sah sich genötigt, die Öffentlichkeit über die jahrelange bipolare Störung (allgemein als manisch-depressive Erkrankung bekannt) des Musikers zu informieren, gegen die er Medikamente einnahm. Ermittlungen der Behörden ergaben eine versehentliche Überdosierung der Arzneimittel als wahrscheinlichste Todesursache. Seans Eltern gründeten daraufhin den Sean Costello Memorial Fund for Bipolar Research, dem auch alle Einnahmen der hier zu besprechenden Retrospektive, "Sean's Blues", zukommen werden.
Sechs Alben hinterließ Sean Costello der Nachwelt - die ersten drei davon für seine Entdecker von Landslide Records. Deren Präsident Michael Rothschild, der im Booklet bewegende Liner Notes gefunden hat, stellte nun für "Sean's Blues - A Memorial Retrospective" Songs aus den Landslide-Alben und bislang unveröffentlichtem Material zusammen, die eine wirklich gelungene Reminiszenz darstellen... wenn man mal von dem etwas knapp ausgefallenen Booklet absieht.
Sean Costello zeigt sich mit diesen zwanzig Songs, die in den US bereits 2009 erschienen, von seiner traditionellen, fast schon puristischen Seite. Substantiell scheint sich der junge Mann dem Bluessound der fünfziger und sechziger Jahre hinzuwenden. So sind neben den üblichen Sounds aus dem Delta und Chicago sehr viel klassischer Rock'n'Roll/Rockabilly sowie minimalistischster Slow Blues, Boogie und Shuffle zu hören. Gerade bei letzteren keimen des Öfteren Erinnerungen an Stevie Ray Vaughan auf - am eindrücklichsten sicher im Otis Rush-Klassiker "Double Trouble".
Die drei Live-Takes wurden zwischen 1998 und 2001 in Marquette und Chicago aufgezeichnet. Sie geben faszinierende Einblicke in die Bühnenpräsenz Costellos, der zu Lebzeiten leider nie ein Livealbum aufgenommen hatte.
Fünf Songs entstammen Aufnahmesessions aus dem Jahr 1998 in der Wahlheimat Atlanta, die bis dato in den Archiven von Landslide Records zu verstauben drohten. Es sind gerade diese, die 'very old school' klingen, so als seien sie nicht 1998 sondern dreißig Jahre früher entstanden - herrlich wie hier 'geboogiet' und 'geschuffelt' wird! Herausragend ist hierbei die eigenwillig-feurige Interpretation des Robert Johnson-Evergreens "Walking Blues", hier im Duett mit Susan Tedeschi dargeboten, für die er im gleichen Jahr bei deren "Just Won't Burn"-Album die Sologitarre einspielte.
Fünf weitere Songs wurden in Sessions des Jahres 2002 - ebenfalls in Atlanta - aufgezeichnet und zeigen einen musikalisch gereiften Sean Costello, der hier allerdings etwas im Soul und R&B umherirrt. Am überzeugendsten kommt deshalb das gefühlvolle Chicago Blues-Cover Fenton Robinsons, "You Don't Know What Love Is", rüber
"Sean's Blues - A Memorial Retrospective" stellt eine schöne Dokumentation über das frühe künstlerische Schaffen des Sean Costello dar. Sollte wirklich in keiner kompetenten Bluessammlung fehlen!
Tracklist
01:Take Me Back
02:Sail On
03:Call The Cops
04:Lovin' Machine (Atlanta 1998)
05:The Plumber (Atlanta 1998)
06:Tell Me Baby (Atlanta 1998)
07:Big Beaver (Atlanta 1998)
08:Mellow Chick Swing
09:Walking Blues (Atlanta 1998)
10:Double Trouble
11:Who's Been Cheatin' You
12:All Your Love (Live, Marquette 2000)
13:Mojo Boogie (Live, Marquette 2000)
14:Motor Head Baby (Live, Chicago 2001)
15:Don't Be Reckless With My Heart
16:Your Love Is Amazing (Atlanta 2002)
17:It Takes Time
18:You Don't Know What Love Is (Atlanta 2002)
19:Feel Like I Ain't Got A Home (Atlanta 2002)
20:She Changed My Mind (Atlanta 2002)
Externe Links: