Bahnfahrten sind nicht so mein Ding. Lange Wartezeiten, überfüllte Waggons, nervige Nachbarn und oftmals verspätetes Erreichen diverser Zielorte, nein danke! Doch wenn es sich um "The Last Train To Chicago" von Stoney Curtis handelt, dann spring ich sogar noch bei voller Fahrt auf demselben und nehme alle eventuell auftretenden Unannehmlichkeiten in Kauf. Am 1. Juni 2008 sprang ich schon einmal auf 'den letzten Zug' nach der drittgrößten Metropole der USA, als der amerikanische Gitarrenheld Curtis diesen durchs Pankower Garbàty donnern ließ. Der damals verursachte 'bluesige Funkensprüh' ließ mich an diesem Tag ein Ticket für den Zug nach Chicago auf Lebenszeit lösen und die Tonkonserve "Acid Blues Experience", auf dem der 'Gleissong' verewigt ist, läuft noch bis heute, obwohl es sich eigentlich immer wieder um den 'letzten' Zug handelt, seine regelmäßigen Runden.
Die mir nun vorliegenden bewegten Bilder, die bereits im Mai 2011 im Last Day Saloon von Santa Rosa aufgezeichnet wurden, sind eigentlich eher als Zugabe für die beigefügte CD gedacht. Doch ich konzentriere mich lieber auf die DVD, da diese Veröffentlichung quasi seine Premiere ist. Nachdem der Zug zum Halten gekommen ist, folgt bis zum Schluss Blues Rock vom Allerfeinsten. Dabei ist, sowohl bei den Total- als auch bei den Nahaufnahmen, seine glänzende Fingerakrobatik zu bestaunen. Diese setzt er zu glänzenden Gitarrenläufen ein, die ich nur als absolute Spitzenklasse bewerten kann. Exemplarisch kann ich hier "When The Sweet Turns To Sour", "Blues With You" oder das alles überragende "Behind The Sun" als Sehproben empfehlen. Vor allem beim Letztgenannten zelebriert er sein ganzes Können! Nicht nur, dass er seine Saiten fast zum Glühen bringt, nein, zwischendurch zieht er das Gitarrenkabel aus seiner Fender, hält es in die Luft, berührt mit seinen Zeigefinger den Stecker und lässt den Eindruck erwecken, dass seine Stratocaster und das herausgezogene Kabel per Telepathie kommunizieren.
Spätestens danach ist sein vorher frisch gestyltes Haar gut 'durchgeölt', doch davon lässt sich der smarte Gitarrenchamp nicht aus seinem Konzept bringen, fährt seine Show bis zum letzten Zug gnadenlos ins Ziel und hinterlässt einen Kritiker, dem bis hierher nur lobende Worte einfallen.
Nach "Eli's Blues" wechselt Stoney seine Gitarren, tauscht seine schneeweiße Fender in eine orangerote Gibson, holt bei "The Letter" kurz Luft, um hinten raus mit "Soul Flower" noch so einen richtigen Kracher zu bieten! Wer hier keinen Blues Rock-Flash erleidet, dem ist nicht mehr zu helfen. Nebenbei sei noch erwähnt, dass seine Begleitmusiker einen guten Job erledigen, ihrem Chef einen tollen Klangteppich offenbaren, auf dem sich der Ausnahmegitarrist nach allen Regeln der Sechssaitenkunst austoben kann.
Fazit: Ich habe mit "Live" vom US-Gitarrenvirtuosen Stoney Curtis eine DVD gecheckt, an der, wenn man mal davon absieht, dass das Konzert nur in Dolby Digital Stereo aufgenommen wurde, es an nichts mangelt. Selbst, da es sich um kein fortlaufendes Konzert handelt, sondern eher aus einer Art 'The Best of' wohl die besten Mitschnitte des Gigs aus dem Last Day Saloon von Santa Rosa rausgepickt wurden, bürgt Stoneys Gitarrenspiel für so hohe Qualität, dass die Bild- und Tonkonserve insgesamt betrachtet keinen Zug- bzw. Schiffbruch erleidet. Es lässt sich auch verschmerzen, dass der Mitschnitt nur etwas über Eineinviertelstunden beträgt, die sich aber auch 1:1 auf der beigefügten CD widerspiegelt, sodass man sich den Tonträger auch beim Autofahren genüsslich zu Gehör bringen kann. So einen Service nimmt jeder Musikfreund dankend an. Blues Rock-Herz was willst du mehr? Mein Herz sagt: Bis auf eine fehlende Tonqualität von 5.1 oder DTS-Format, nichts!
Line-up:
Stoney Curtis (vocals, guitar)
Steve Evans (bass)
Aaron Haggerty (drums)
Tracklist |
01:Last Train To Chicago
02:Evil Woman
03:American Lady
04:When The Sweet Turns To Sour
05:Headin' For The City
06:Behind The Sun
07:That's Right
08:Blues Without You
09:Eli's Blues
10:The Letter
11:Soul Flower
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