Tom Coerver & Goin' South
Thirds... & More
Thirds... & More
»Roots, Rock & Blues from Planet Louisiana...« - so steht's hinten auf dem Plattencover und damit ist das Wichtigste auch schon gesagt.
Goin' South, das sind Tom Coerver (lead vocals, guitars, keyboards), Bill Doran (harmony vocals, bass) und Keith Simoneaux (harmony vocals, drums). Eine weitere der Bands aus Gator Country, die knüppelhart zur Sache geht und bei der die Fetzen fliegen. Auf "Thirds … & More" gibt es eine Stunde kompromisslosen Schmirgelpapier-Bluesrock, der sich auf 16 Tracks verteilt, sieben davon Covers, die mit der Bullenpeitsche auf Goin' South-Maß zugerichtet wurden. Einige Songs sind 'Band-Versionen', von bereits auf früheren Solo-Alben von Coerver veröffentlichten Titeln.
Auf der Farm von Goin' South ist kein Platz für subtile Gefühle. Coerver brüllt sich die Seele aus dem Leib (erinnert dabei mitunter an Flatman-Stefan) und gibt mit seinen Klampfen sowie den Klimperbrettern Vollstoff. Der Bass pumpt und tuckert Harley-mäßig, der Drummer hat sein Handwerk wohl auf der Weide beim Pfähle einschlagen gelernt. Nein, nix für empfindsame Gemüter, die Scheibe muss laut gehört werden, ausreichend eiskaltes Bier und Bourbon in Reichweite!
Goin' South sind in erster Linie eine heavy Gitarrenband, egal ob Coerver herkömmlich oder silde spielt, das geht immer üppig zur Sache, Reduktion als Stilmittel kennt der Mann aus Baton Rouge nicht. Auf der Homepage gibt es zu allen Songs ausführliche Liner Notes. Obwohl er "Dreams I'll Never See" Danny Joe Brown widmet, klingt er jedoch stimmlich eher bluesig wie Gregg Allman zur 'Hatchet-Version'. SR-Buddys sollten gleich mit dem Titel einsteigen. Aus dem schon nicht grade einschläfernden Eagles-Titel "Life In The Fast Lane" macht er eine aufgefunkte Turbo-Version und zeigt, dass er dem Slide-As Joe Walsh absolut das Röhrchen führen kann.
"Can't You Hear Me Knockin'" - Stones-Fans keine Bange, das Cover ist eine astreine Verbeugung, vor allem vor Keith Richards »who rocks the world«, motzt den Klassiker vom legendären "Sticky Fingers"-Album mit ein paar gekonnten Licks aus den Trickkisten von Johnny Winter und SRV auf und lässt ihn mit einem Santana-Zitat jam-mäßig ausklingen. Klasse Teil! Überhaupt packt die Band immer wieder Erinnerungsfetzen aus dem Rock-Heaven in die Songs: Hendrix, Uriah Heep, Spooky Tooth...
"Fly Like An Eagle" erhält mit dem etwas aus dem Rahmen fallenden, sphärischen "Adrift" ein langes Vorspiel, mutiert aber dann zu einem spacigen Heavy Blues, der der Metal-Fraktion sicher ein anerkennendes Kopfnicken abringen kann. Auch Coerver kommt an Gov't Mule wohl nicht vorbei, Robert Lamms "South California Purples" riecht verdammt nach dem schwergewichtigen Huftier. Der Weg nach Texas ist ja auch nicht so weit und so lässt Coerver zum Finale mit "100 Pounds Of Trouble" von Burton Gaar noch einmal die 'Johnny Vaughan'-Klampfe shuffeln.
Die eigenen Songs ergänzen sich mit den Fremd-Adaptionen stilistisch und tempomäßig bestens. Erst mit Titel 14 "Spanish Town" gibt's sowas wie eine 'Ballade', bei der die Band aber auch tunlichst aufpasst, dass kein Fünkchen Sentimentalität zuviel aufkommt. "Politics As Usual" ist für mich der Titel mit der größten Power. Coerver beschreibt dabei seine Erlebnisse auf der verstopften Zufahrtsbrücke über den Lake Pontchartrain nach New Orleans unmittelbar nach dem Hurrikan Katrina und seine Wut über die unfähigen Politiker mit ihren Statements im Autoradio.
Wie gesagt, auf dem Album geht es (fast) pausenlos kräftig zur Sache, immer voll auf die Nuss. Für Gitarrenfreaks aus der es ausgesprochen deftig liebenden Bluesrock- und SR-Ecke ein Dampfhammer erster Güte, gemäßigtere Naturen werden wohl vergeblich auf Verschnaufpausen warten. Leider ist der Sound etwas dumpf und undifferenziert geraten, da hat wahrscheinlich das Geld für ein anständiges Mastering gefehlt. Insgesamt täte Goin' South ein passender Produzent gut, der die ungezügelten Energien Coervers etwas bündeln und dosieren würde. Dann könnte der Band ein wirklich großer Wurf gelingen.


Spielzeit: 66:57, Medium: CD, Eigenproduktion, 2006, Blues Rock
1:It's All In Your Head 2:Dreams I'll Never See 3:Mama's Run Off 4:Poison Whiskey 5:Politics As Usual 6:Life In The Fast Lane 7:Get A Life Of Your Own 8:Can't You Hear Me Knockin' 9:Milk & Honey 10:Adrift 11:Fly Like An Eagle 12:. Dust In The River 13:South California Purples 14:Spanish Town 15:Time Slips Away 16:100 Pounds Of Trouble
Norbert Neugebauer, 24.08.2006