Unterstützt Livemusik, denn Musiker benötigen einen Platz zum Spielen, um ihr Handwerk zu erlernen!
Tom Corbett Mit Tom Corbett ist es nun der dritte Musiker, der zufälligerweise auch in Los Angeles wohnt, den wir in unserer 'Musikerpension' zu Gast hatten. So habe ich mir erlaubt, auch ihn zu interviewen. In diesem Zusammenhang natürlich noch der Hinweis auf meine Rezension zu seiner derzeit aktuellen Platte, Tonight I Ride.
Gleich vorweg, mit Tom haben wir einen unglaublich netten und lockeren Menschen kennengelernt, mit dem man ernst diskutieren und auch viel Spaß haben kann.

Interview vom 24.12.2012


Wolfgang Giese
RockTimes: Woher stammen Deine Vorfahren?
Tom Corbett: Von meines Vaters Seite aus dem irischen Galway - die Eltern meiner Mutter stammen beide aus Dänemark.
RockTimes: Hast Du noch Verwandte außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika?
Tom Corbett: Nein, aber eine Menge Freunde.
RockTimes: Was ist Dein ursprünglicher Beruf oder warst Du von Beginn an Musiker?
Tom Corbett: Während der High School-Zeit habe ich in einem Restaurant gearbeitet - auch, nachdem ich nach Los Angeles gezogen war. Aber ich begann dann in einem Musikgeschäft zu arbeiten und zu unterrichten, spielte Gigs in Los Angeles und so habe ich in den letzten fünfundzwanzig Jahren nichts anderes als Musik gemacht.
RockTimes: Was war Dein erster musikalischer Einfluss?
Tom Corbett: Mein ältester Bruder Jim war Musiker in Nordkalifornien und ermutigte mich, indem er mir Platten von Bill Monroe und David Grisman schickte. So spielte ich, als ich von Ohio wegzog, mit ihm zusammen.
RockTimes: Was ist Dein bis heute größter musikalischer Einfluss?
Tom Corbett: Sam Bush und David Grisman waren die Mandolinenspieler, die mich am meisten beeinflusst haben.
RockTimes: Wer ist Dein Lieblingsmusiker?
Tom Corbett: Neben Sam und David bin ich ein großer Fan der Songschreiber Steve Earle und Tim O'Brien. Die Los Lobos und Merle Haggard kommen gleich hinterher.
RockTimes: Was hörst Du am liebsten?
Tom Corbett: Wenn ich aussuchen müsste, wäre das so, als würde ich jeden Tag mein Lieblingsessen essen, was ich eigentlich nicht möchte. Aber ich würde Western Swing wählen.
RockTimes: Gibt es einen Song, den Du am liebsten magst und den Du gern geschrieben hättest?
Tom Corbett: "Happy Birthday"…
RockTimes: Was war der erste Song, den Du je geschrieben hast? Wurde er jemals aufgenommen und wenn ja, von wem?
Tom Corbett: Ich schrieb einen Song, indem ich die Melodie eines Werbespots für Miller Bier verwendete, als ich in der High School war. Das sollte meine Vorliebe für Bier ausdrücken. Ich nahm ihn niemals auf, aber er war sehr beliebt in den Bars und unter meinen Freunden.
RockTimes: Mit welchem Musiker möchtest Du gern einmal für eine Schallplattenaufnahme zusammenspielen?
Tom Corbett: Ich bin verrückt nach alter Countrymusik. Deshalb kämen einige der noch lebenden Legenden in Frage - Willie Nelson, Merle Haggard, George Jones, Little Jimmy Dickens etc.
Tom CorbettRockTimes: Wie kamst Du in Kontakt mit Peter Holmstedt von Hemifrån?
Tom Corbett: Ich glaube, ich sandte Peter ein Exemplar meiner letzten CD, "Tonight I Ride", und er setzte sich mit mir wegen der Verbreitung der Platte in Europa in Verbindung. Ich muss sagen, dass ich Publizisten aus Nashville eingeschaltet hatte, auch für die aktuelle Platte. Peter ist bei weitem die am effektivsten handelnde Person, mit der ich je zusammenarbeitete. Seine Kommunikation mit mir ist hervorragend und er ist in der Lage, eine Reihe von Pressestellen zu finden. Er brachte mich auch mit Leuten, die mich in Europa für Konzerte buchten, in Verbindung. Danke an Dich, Peter.
RockTimes: Warst Du schon einmal in Europa oder gar in Deutschland?
Tom Corbett: Ich hatte das Glück, schon einige Male in Europa zu spielen, entweder als Begleitung für andere Musiker oder aktuelle Touren als Solokünstler. Ich liebe es zu reisen und so hat mich die Musik zu vielen Plätzen auf der Welt gebracht und habe so viele wundervolle Menschen getroffen, auch Musiker, mit denen ich Freundschaft schloss. Jedoch war es nun das erste Mal, dass ich in Deutschland auftrat.
RockTimes: Hast Du irgendwelche engen Freunde im Musikgeschäft?
Tom Corbett: Wenn Du Musikgeschäft sagst, dann beinhaltet das auch Plattenproduzenten sowie andere Angestellte und Beschäftigte in diesem Bereich. Ich kenne nicht die genaue Anzahl jener Leute, mit denen ich gern zusammenarbeitete, aber besonders gern erinnere ich mich an (wie ich) hart arbeitende Musiker wie John McEuen (Nitty Gritty Dirt Band), Robin und Linda Williams, Nina Gerber, David West und Phil Salazar.
RockTimes: Wer ist Dein liebster Songschreiber??
Tom Corbett: Wenn ich einen herauspicken müsste, dann wäre das Merle Haggard.
RockTimes: Wie hast Du herausgefunden, dass Bluegrass/Country die Musik war, die Du schon immer spielen wolltest? Hast Du auch schon einmal andere Musik gespielt?
Tom Corbett: Wieder ist mein älterer Bruder zu nennen, der dort, wo ich aufwuchs, Partys gab. Unser Vater liebte Earl Scruggs. Er und ich schauten uns im Fernsehen "Hee Haw" an und so liebte ich diese Musik eigentlich schon immer. Dabei muss ich aber sagen, dass das erste Live-Konzert, das ich sah, von Black Sabbath war, insofern sind meine Einflüsse recht weit gesteckt. Während meiner Musikerlaufbahn habe ich fast alles von Led Zeppelin über Bob Marley bis hin zu irischer Musik oder Django (Reinhardt) gespielt. Auch nur so zum Spaß versuche ich meine Finger in ganz verschiedene musikalische Richtungen auszustrecken. Ich liebe es alles - so viel Musik und so wenig Zeit.
RockTimes: Du trägst einen Namen, den andere vielleicht aus den 'Space Cadet Stories' kennen. Hast Du diese Geschichten jemals gelesen?
Tom Corbett: Ich habe nicht eine dieser Geschichten gelesen, aber einige Comics habe ich schon davon. Und eine VHS-Kassette mit ein paar Episoden aus der 1950er Fernsehshow. Und ich müsste noch so etwas wie eine alte Frühstücksbox haben und eine Single mit dem "Tom Corbett March". Der Gouverneur von Pennsylvania hat übrigens den gleichen Namen und in den letzten Jahren habe ich öfter E-Mails oder Telefonanrufe von Leuten aus Pennsylvania bekommen, die mich um Hilfe für die Lösung ihrer Probleme baten.
RockTimes: Hat es Dir manchmal Spaß gemacht, den Namen dieses Helden zu tragen?
Tom Corbett: Ja, ich finde das schon sehr erheiternd, so kann ich ebenfalls manchmal ein 'Space Cadet' sein!
RockTimes: Tom CorbettRockTimes: Ich hatte in einer Rezension folgendes gelesen: »He [Tom Corbett] should soon be moving to the forefront of California's singer/songwriter scene.« Was meinst Du dazu? Glaubst Du, dass Du eines Tages berühmt sein wirst?
Tom Corbett: Ich fühle mich so, als wäre ich bereits fast berühmt. Nicht in der Art und Weise, wie ein Michael Jackson dieses für sich dominant in Anspruch nehmen konnte, aber dergestalt, dass ich die Musiker, die ich kenne - gut kenne - respektiere, und dass auch sie das mögen, was ich tue und dass ich in der Lage war und bin, mein Einkommen aus meiner Tätigkeit als Musiker zu gestalten. Das ist die Art Ruhm, die ich suche. Ich möchte mich auch mehr als Solokünstler darstellen, sodass ich natürlich nach Anerkennung suche. Aber mehr ist es eigentlich, dass ich möglichst kontinuierlich als professioneller Musiker arbeiten kann.
RockTimes: Würdest Du Deinen Musikstil für den Fall ändern, dass Dir jemand viel Geld dafür versprechen würde? Falls ja, welche Musik würdest Du spielen wollen, um in die Charts zu gelangen?
Tom Corbett: Grundsätzlich - so denke ich - will ich meine Zielrichtung nicht ändern. Die Musiker, für die ich den größten Respekt empfinde - egal, aus welcher Musikrichtung - sind auf ihre Weise echt, ehrlich und stehen zu dem, was sie sind. Wenn ich also die Chance hätte, in die Charts zu gelangen, dann wahrscheinlich nur mit Countrymusik. Jedoch, falls mich jemand möchte und mir sehr viel Geld gibt, könnten wir darüber reden [lacht].
RockTimes: Erzähl mir über die Zusammenarbeit mit John McEuen. War er ein großer Einfluss für Dich?
Tom Corbett: Als ich aufwuchs, war "Will The Circle Be Unbroken" [Anm.: das 3-LP-Album von der Nitty Gritty Dirt Band] eines der ersten Alben, das ich hörte. Ich glaube, ich war nicht der Einzige, der von diesem Album beeinflusst wurde, und letztlich hatte ich die Möglichkeit, mit John und den anderen Musikern zusammenzuarbeiten, sowie mit solchen wie Vassar Clements, Jennifer Warren, John Sebastian und Mitch Jane - nur, um ein paar zu nennen, aber das war schon sehr aufregend!
RockTimes: Hast Du jemals mit der Nitty Gritty Dirt Band zusammengespielt?
Tom Corbett: Meine erste Show mit John war im House of Blues in Los Angeles und die zweite in einer Fernsehsendung in Nashville, "Now", mit Tom Wopat als Moderator. Kurz danach haben wir ein Konzert für die Dirt Band im Cerritos Performing Art Center eröffnet. Ich glaube, das war das erste Mal, dass John, zehn Jahre nachdem er die Band verlassen hatte, wieder mit ihnen musizierte. Es war ein großartiger Abend und ich konnte mit ihnen auch einige Songs zusammen spielen - letztlich ein weiteres aufregendes Erlebnis.
RockTimes: Da gibt es einige Gastspiele von Dir auf verschiedenen Platten. An welche Zusammenarbeit erinnerst Du Dich am liebsten?
Tom Corbett: Ich würde sagen, das war die Soloplatte von Mike Ness [Anm.: von Social Distortion], "Cheating At Solitaire". Ich war damals mit der Musik von Social Distortion nicht so sehr vertraut, aber ich stellte fest, dass Mike ein Fan von alter Country- oder Roots-Musik war und es hat richtig Spaß gemacht, mit ihm zu spielen. Es ist lustig, aber ich fand heraus, dass eine enge Verwandtschaft zwischen Fans von Punk und alter Countrymusik besteht. Vielleicht liegt es an dem Umstand, dass die Musik gleichermaßen relativ einfach gestrickt ist und beide Lager mögen alte Autos und Hillbilly-Klamotten.
RockTimes: Erzähl bitte etwas über die Acousticats. Warum war es ein derart kurzlebiges Projekt?
Tom Corbett: Ich trat der Band bei, nachdem sie drei Jahre existierten, und es gab bereits Aufruhr unter ihnen. (Stell Dir musikalische Differenzen vor, die es bisher so nicht gegeben hatte.) Ich denke, zu jener Zeit waren Jam Bands nicht mehr so populär wie vielleicht heute wieder. So gab es keinen wirklichen Markt für das, was wir spielten. Sicher war es eine große Erfahrung, mit ihnen zu spielen und es brachte mich letztlich dahin, mit John McEuen zusammenzuspielen. Noch heute meine ich, die Doppelbesetzung an der Fiddle mit Phil Salazar und Charl Ann Gastineau war wirklich wunderschön.
RockTimes: Tom CorbettRockTimes: Was hältst Du von David West und seiner sehr schönen "Pickin' On…"-Serie? Was ist Deine Lieblingsplatte von jenen, bei denen Du mitgespielt hast?
Tom Corbett: Ich denke, David West ist einer der besten Musiker mit denen ich bisher zusammenarbeitete. Er bat mich, die Songs bei denen ich mitspielte, selbst zu arrangieren. Manchmal war es wie eine Quadratur des Kreises, weil die Plattenfirma CMH die Songs mal langsamer, mal schneller oder mit Tonartenwechseln und anderen Dingen wollte, die nicht leicht zu bewerkstelligen waren. Ich denke, mein liebstes Arrangement ist das von "Ohio" für das Neil Young-Projekt. Wo ich doch in Ohio aufgewachsen bin, hat es eine besondere Bedeutung für mich und ich finde es klasse, wie wir am Ende des Songs in einen feinen, kleinen Jig übergehen. Von David weiß ich, dass für ihn die größte Herausforderung das Album über Boston war. Es stellte sich heraus, dass sich einige Songs tatsächlich gut im Bluegrass-Umfeld machen, viele Songs in der Tonart G.
RockTimes: Wer sollte Deiner Meinung nach noch in dieser Serie gewürdigt werden?
Tom Corbett: Ist tatsächlich jemand vergessen worden? Lady Gaga vielleicht? David hatte leider vergebens versucht, Chris Hillman für die Platte "Pickin' On The Byrds" zu bekommen, damit er dort seine Parts persönlich einspielen kann.
RockTimes: "Grandpa Sittin' On The Front Porch " - ist das ein Song, bei dem Du Dich an früher erinnerst, an Zeiten, die Du mit Deinem Großvater verbracht hast? Sind Deine Texte autobiografisch?
Tom Corbett: Das Lied ist genau darüber, richtig! Mein Großvater 'Poppy' starb, als ich noch ganz jung war. Ich habe einige Erinnerungen an ihn, aber meistens bat ich meine ältere Schwester und den älteren Bruder, mir von ihren Erinnerungen zu erzählen. Und so habe ich ihre Geschichten benutzt, um einen kleinen Song über ihn zu schreiben. Er wurde in Dänemark geboren und zog nach Amerika, als er ein junger Mann war. Er war fast taub und sprach kein Wort Englisch, aber konnte seinen Lebensunterhalt als Hausanstreicher in Iowa bestreiten, bevor er nach Chicago zog und in den NBC Studios bis zu seinem Ruhestand arbeitete. Er war ein toller alter Mann, der Baseball liebte, gern Westerngeschichten las und viel süßen Portwein trank. Meine Schwester wurde sehr sentimental, als sie über ihn sprach und erinnerte sich, wie er seinen stacheligen Bart über ihr Gesicht strich und dabei nach Portwein roch. Grundsätzlich schreibe ich eher Lieder über das, was ich mir so vorstelle oder über Dinge, von denen ich hörte, aber auch über eigene Erfahrungen.
RockTimes: Wo bist Du aufgewachsen und wovon warst Du umgeben? Hat das Deine Musik beeinflusst?
Tom Corbett: Ich wurde in Nebraska geboren und wuchs in Ohio auf. So denke ich, dass mich diese Zeit im Mittleren Westen sicherlich hinsichtlich meiner Musik beeinflusste. Als ich noch ganz jung war, spielte ich bereits professionell Bluegrass in Ohio, sodass ich früh dazu inspiriert wurde, meinen Lebensunterhalt als Musiker zu verdienen.
RockTimes: Einer meiner Lieblingsgitarristen ist Clarence White. Was hältst Du von ihm?
Tom Corbett: Ich denke, Clarence war einer der wahren Erfinder des Flatpickings, der damals wie heute Generation dieser Spielart beeinflusste. Ob durch sein Mitwirken bei den Kentucky Colonels oder bei den Byrds - seine Fähigkeiten und sein Gefühl für Synkopen sind unerreicht.
RockTimes: Was sind Deine Pläne für die Zukunft im Hinblick auf Deine Musik? Hast Du weitere Platten geplant?
Tom Corbett: Wenn ich mein Leben weiter als Musiker bestreiten kann, werde ich ein glücklicher Mensch sein. Ich bin damit gesegnet, das zu tun, was ich liebe und dass ich die ganze Welt bereisen kann. Was neue Projekte betrifft, hatte ich die Idee einer Instrumentalplatte, bevor ich "Tonight I Ride" einspielte. Ich nahm bereits die Basic Tracks einiger Stücke auf, während ich an der Platte arbeitete. Ich habe einige weitere Stücke parat, die ich gern dazu nehmen möchte, aber... erinnere Dich, als wir darüber sprachen, dass mir jemand ganz viel Geld gibt? Das käme mir dann gerade recht, um das alles zu verwirklichen. Hast Du etwas übrig???
RockTimes: Gibt es etwas, das Du den Lesern von RockTimes schon immer sagen wolltest?
Tom Corbett: Unterstützt Livemusik! Musiker brauchen einen Platz, um ihr Handwerk zu lernen und zu vertiefen. Ohne Publikum geht das nicht so gut! Ich bin manchmal besorgt darüber, ob die nächste Generation von Musikern überhaupt noch die Möglichkeit haben wird, für das Schaffen neuer Musik bezahlt zu werden.
Vielen lieben Dank an Tom Corbett für seine Auskünfte, und dafür, dass er alle Antworten selbst eingetippt hat. Wir bedanken uns außerdem für seine Freundschaft, die uns viel bedeutet.
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