Toronzo Cannon / Leaving Mood
Leaving Mood Spielzeit: 60:17
Medium: CD
Label: Delmark Records, 2011
Stil: Blues

Review vom 20.03.2012


Joachim 'Joe' Brookes
Sein bisheriger Werdegang liest sich allgemein wie viele Biografien anderer Blues-Musiker. Es gibt bei Toronzo Cannon allerdings einen nicht ganz unwesentlichen Unterschied. »Growing up in the shadows Chicago's blues mecca, Theresa's Lounge, had a lasting efford on Toronzo Cannon.« Dort hörte er Leute wie Junior Wells, Buddy Guy und Muddy Waters. Direkt bei einem solchen Club zu leben, muss ja ansteckend ein.
Als Teenager schulterte er die Gitarre und ließ sich von den drei Kings (Freddie, B.B. und Albert King) inspirieren. Aus meiner Sicht und nach dem Hören von "Leaving Mood" liegt ein Schwerpunkt auf erstgenanntem King. Jimi Hendrix, R&B und Soul aus den goldenen Siebzigern ergänzten seine Interessen. Cannon ließ kaum eine Jam-Session aus und dann war er Rhythmus-Gitarrist bei Wayne Baker Brooks sowie Joanna Connor.
Danach gründete er seine eigene Band The Cannonball Express und es gab wohl kein renommiertes Festival, auf dem er nicht im Line-up auftauchte. Acht Jahre hintereinander war er zum Beispiel auf der Bühne des Chicago Blues Festivals. Dreimal tourte er in Lettland. Mexiko, Südafrika sowie Frankreich waren ebenfalls Stationen seiner Live-Auftritte.
Dem gegenüber stehen jetzt nicht gerade viele Alben, die er auf den Markt gebracht hat. 2007 war es als Eigenproduktion "My Woman" und 2011 sein Debüt für Delmark Records: "Leaving Mood".
Nach dem ersten Hördurchgang oder vielleicht auch schon früher steht fest: der Mann ist richtig gut! Fast könnte man etwas provokant behaupten, dass er es gar nicht nötig hat, auf dem Cover mit Carl Weathersby zu werben. Toronzo Cannon ist ein beeindruckender Gitarrist und verfügt über eine perfekte Blues-Stimme. Darüber hinaus hat er auch noch eine verdammt tighte Band hinter sich. Neben zwei Fremdkompositionen stammen alle Songs von ihm oder wurden mit seinem Rhythmus-Gitarristen Lawrence Gladney geschrieben.
Es ist angerichtet für eine ungemein unterhaltsame Reise, bei der man nicht nur dem typischen Chicago Blues begegnet. Cannons Gitarrenarbeit ist von der Kraft eines Freddie King geprägt ohne ihn zu kopieren und somit geht die Fingerfertigkeit des Protagonisten schon in Richtung 12-Takter-Rock.
Vierzehn Songs stellt "Leaving Mood" dem Hörer zur Verfügung und man ist geneigt, zu schreiben, dass ein Stück schöner als das andere ist. Wie mit der Weathersby-Werbung auf dem Cover kann man es auch mit den Liedern halten. Fremdkompositionen hat Cannon an und für sich nicht nötig. Da ist das Nina Simone-Stück "Do I Move You?" nur ein Blitzlicht, von dem man im positiven Sinn geblendet wird. Welch ein Groove! Welch coole Keyboards!
Als Gast ist auch der Harp-Spieler Matthew Skoller dabei. "Chico's Song" ist sein erster Einsatz auf der Platte und Cannons persönliche Verneigung vor Chico Banks, einem Chicago-Gitarristen, der im Alter von sechsundfünfzig Jahren im Dezember 2008 viel zu früh verstarb. Dem Harper wird Raum zur Entfaltung gegeben und auch hier regiert die Rhythmusfraktion mit Larry Williams am Bass sowie Marty Binder mächtig groovend. Klasse!
Vielfalt ist Trumpf! Da gibt es bei dem Gitarrist, Sänger und Komponist eine formvollendete Vollbedienung. Seine Gitarre klingt etwas verzerrt, was den rockigen Anstrich nur unterstützt. In "Open Letter (To Whom It May Concern)" legt er, was den Sechssaiter-Sound angeht noch einige Schippen oben drauf und seine Stimme hört sich hier verfremdet an, wie durch ein Harp-Mikrofon gesungen. Ach so, die Klänge von Skollers kleinem Instrument schweben in toller Auslage über der Nummer.
So ist das manchmal bei einer Platte, an die man ganz unbedarft herangeht. Da gibt es einige Überraschungen und bei Toronzo Cannons "Leaving Mood" findet man kein Sandkorn im Blues-Getriebe. Der zweiundvierzigjährige Mann aus Chicago hat mich überrascht.
Line-up:
Toronzo Cannon (vocals, lead guitar)
Lawrence Gladney (rhythm guitar)
Roosevelt Purifoy (piano, organ, Rhodes)
Larry Williams (bass)
Marty Binder (drums)

With:
Carl Weathersby (guitar - #5,11)
Matthew Skoller (harmonica - #2,6,9)
Tracklist
01:She Loved Me [Cannon] (3:45)
02:Chico's Gone [Cannon] (4:03)
03:Come On [Gladney] (3:36)
04:I Believe [Cannon/Gladney] (5:07)
05:Hard Luck [Cannon/Gladney] (5:32)
06:Open Letter (To Whom It May Concern) [Cannon/Gladney] (4:14)
07:I Can't Take Her Nowhere [Cannon/Gladney] (4:14)
08:Leaving Mood [Cannon/Gladney] (3:39)
09:She's Too Much [Cannon/Gladney] (3:53)
10:You're A Good Woman [Cannon/Gladney] (4:11)
11:Earnestine [Cannon] (3:30)
12:Do I Move You? [N. Simone] (3:51)
13:Baby Girl [Gladney] (4:20)
14:Not Gonna Worry [M. Wheeler] (5:37)
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