Vic Chesnutt hat es gemacht!
"Skitter On Take-Off" ist sein erstes Soloalbum. Der amerikanische Singer/Songwriter brachte schon viele Stationen in seinem Musikerleben hinter sich. Mitgewirkt hat er bereits bei Giant Sand, den Lambchops und Cowboy Junkies oder Widespread Panic.
Seine ersten beiden Alben wurden von Michael Stipe ( R.E.M.) produziert und einen Sampler mit dem Titel "Sweet Relief II: Gravity Of The Situation", auf dem Musiker und Bands wie Cracker, Live, Soul Asylum, Hootie & The Blowfish, Madonna oder die Indigo Girls seine Kompositionen interpretieren gibt es auch schon seit geraumer Zeit.
Ein ähnlich intimes Stück Musik hört man sehr selten. Filigrane Machwerke auf der Entschleunigungsspur!
An den Reglern saß kein Geringerer als Jonathan Richman. Wobei von Plattenproduktion im herkömmlichen Sinn wohl kaum die Rede sein kann, denn für "Skitter On Take-Off" setzte sich Chesnutt einfach ins Studio, spielte seine akustische Gitarre und sang dazu.
Ebenso fällt ein Begriff wie Arrangement im Zusammenhang mit dieser leider sehr kurzen CD (vierzig Minuten) flach.
Chesnutt: so pur, analog und aussagekräftig, wie man ihn nur selten erleben kann. 'Pur' bedeutet auch »live, no overdubs«. Ähnlich bodenständig kommt die Plattenverpackung daher. Ein DigiPak aus umweltfreudlicher, aber rauer Pappe. Die Informationen sind ebenfalls auf das Nötigste reduziert: Songtitel, die Info, dass alle Tracks vom Protagonisten stammen und, siehe da, Richman als auch sein Drummer Tommy Larkins haben doch mitgespielt.
Dennoch bleibt der überwältigende Eindruck eines Chesnutt alleine im Gedächtnis des Hörers stecken.
Diese Darbietung ist so etwas von intim und gleichzeitig spartanisch, dass einem "Skitter On Take-Off" nicht die geringste Chance lässt, sich nebenbei anderen Dingen zu widmen.
Ab und an hat man ein wenig Gerede mit auf die CD verfrachtet und zu sagen hat der Chesnutt in seinen Texten selbstredend auch etwas. Schade, hier hätte man ruhig auf das Understatement verzichten können.
Bei aller Melancholie, Sehnsucht und "Rips In The Fabirc", im Song "Dick Cheney" geht die Post ab. Wenn er in Songs von über sechs Minuten einen Spannungsbogen halten kann und damit den Hörer an die Lautsprecher bindet, ist letztgenannter Track eine Art Abrechnung, die emotionaler nicht sein kann. Zunächst lässt sich das Lied ganz normal an. Ein Mann beginnt damit, sein Statement zu singen und je weiter er kommt, umso aufgeregter wird er. Dieses Thema, dieser Mann, bereitet dem Chesnutt einen so dermaßen dicken Hals, dass man daraus drei machen könnte.
Die Stimme des Singer/Songwriters gefällt mir sehr gut.
Er hat ein herrliches Timbre auf den Bändern und wenn es ihm gefällt, verleiht er seinem Gesang auch etwas Raues. Eine derartige Musik passt nicht in jedermanns Künstlerhände. Da bedarf es schon einer großen Portion Hingabe und Souveranität, um ein solch spärliches Album einzuspielen. Gitarristisch hat der Amerikaner aus Athens, Georgia einige Schmankerl auf den sechs Saiten zu bieten. Hier geht es dann sowohl bescheiden wie auch elegant zu. Die begleitenden Leute Richman und Larkin sind gut, obwohl auch hier erwähnt werden muss, dass Richmans Harmonium am besten mit der Sechssaitigen von Chesnutt harmoniert.
Im Umkehrschluss ist diese CD auch nicht für den großen Markt der Medien bestimmt.
Fans eines Chesnutt werden sich wohl riesig über seinen Alleingang freuen und die Platte nach vielen guten sowie sehr guten Veröffentlichungen von ihm in ihr Sortiment aufnehmen.
Anhänger des Genres Singer/Songwriter dürfen gerne eine Hörprobe im Internet nehmen und sich vielleicht daraufhin diese sehr spezielle CD ins Haus holen. Wie geschrieben: "Skitter On Take-Off", alleine schon der Titel ist widersprüchlich zu manchem Dargebotenen, darf in den ruhigen Momenten eines Tages genossen werden.
Noch eine kleine Ergänzung zum Schluss: im Jahr 2009 hat es Chesnutt fertiggebracht, drei Alben auf den Markt zu bringen. Zunächst war es "Mitte Ende August" und vorliegende Platte hat bereits einen Nachfolger mit dem Titel "At The Cut".
Line-up:
Vic Chesnutt (acoustic guitar, vocals)
Jonathan Richman (guitar, harmonium)
Tommy Larkins (drums)
Tracklist |
01:Feast In The The Time Of Plague (3:55)
02:Unpacking My Suitcase (3:21)
03:Dimples (4:12)
04:Rips In The Fabric (6:03)
05:Society Sue (2:53)
06:My New Life (4:14)
07:Dick Cheney (3:21)
08:Worst Friend (7:50)
09:Sewing Machine (4:02)
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Externe Links:
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