Der Amerikaner AJ Downing ist ein weiterer Texaner aus dem Hause Hemifrån, das sich - mit großem Erfolg übrigens - zur Aufgabe gemacht hat, amerikanische Bands und Musiker in Europa zu vertreiben und bekannter zu machen. Texas ist groß und rein von der Anzahl an Alben der dort ansässigen Künstler, die uns erreichen, dürfte der Output quantitativ wohl nur knapp unter dem von Metropolen wie New York City, Los Angeles und (vielleicht noch) Nashville liegen. Und was uns von dort (Texas) erreicht, hat qualitativ doch immer eine recht hohe Messlatte zu bieten. Zumindest, wenn man den Bereichen Roots, Americana, Folk oder Singer/Songwriter etwas abgewinnen kann.
AJ Downing präsentiert uns mit den zehn Tracks seines neuesten Albums "Good Day" eine gelungene Mixtur der oben angegebenen Stile, die er auf eine ganz eigene Weise mit dem Hintergrund des Akzeptierens seiner eigenen Misere eher schulterzuckend zum Besten gibt. Lasch ist hier allerdings nichts, vielmehr zaubert die Rhythmus-Gitarre immer wieder einen fein rockenden Groove aufs Parkett, der dazu herrlich swingend von Jordan Teitelbaum an den Drums und Andrew Carrell am Bass untermalt wird. Wenn dann noch richtig gut gespielte Lap- und Pedal Steel-Gitarren - wie hier von Kim Deschamps - dazu kommen, dann ist dreiviertel der Miete eigentlich schon eingefahren.
Unter anderem hat der Texaner einen Tribut-Song - "Willie (Had We Never Been High)" - für den guten alten Willie Nelson am Start. Und ja, es geht um die Vorliebe des in Ehren ergrauten Rebellen für ...hüstel... 'Kräuterzigaretten', durch die er in schöner Regelmäßigkeit aber auch immer jede Menge Ärger an der Backe hat. Apropos verbotene Drogen: Darum handelt es sich übrigens bei "American Junkie" weniger, vielmehr wird hier ein extrem kritischer Blick auf den sogenannten 'American Dream' und den für einige von Downings Landsleuten alles rechtfertigende, dogmatisch vorgeschobene Schutzschild des Christentums geworfen.
Gebracht wird das alles im vordergründig relaxten Americana-Stil, der in Wirklichkeit aber bei Weitem weniger entspannt ist, als es den Anschein hat. Da brodelt zumeist einiges mehr hinter (scheinbar) verschlossenen Türen, als öffentlich gezeigt wird. Wobei ich genau hier wieder auf die coole, ziemlich desillusionierte und fast schon zynische (und somit aber wieder kampfansagende) Art und Weise des Texaners zurückkommen will, der einen gewissen Frieden mit bestimmten Situationen gemacht hat, die er sowieso nicht ändern kann, allerdings noch ganz weit davon entfernt ist, die Waffen endgültig zu strecken.
Es gibt ein Zitat von AJ Downing zu seinem eigenen Leben, das zum vorliegenden Album perfekter nicht passen könnte:
»Manchmal im Leben passiert es einfach, dass man komplett, und ich meine total, aus der Spur läuft und sich verirrt. Wenn man Glück hat, wacht man zum genau richtigen Zeitpunkt an dem Punkt auf, wenn dir irgendjemand mit ergrauten Haaren dazu rät, mal ein bisschen langsamer zu machen, dich für ein paar Tage im Schlafzimmer einzusperren, dann ein paar Wochen erstmal den Rasen zu netzen, um anschließend nochmal über alles neu nachzudenken. Mein großes Glück war, dass ich diesen Ratschlag beherzigt habe...«
Gaststar der Scheibe ist übrigens der Ex- (und seit der Wiederbelebung) seit ein paar Jahren wieder- The Faces-Keyboarder Ian McLagan, der seine feinen Pianokünste für den Track "Lonesome Town" einbringen durfte/konnte. Wobei der gute McLagan kein Superstar auf dem Solotrip ist, sondern sich vornehmlich songdienlich zeigt, ehrlich gesagt sogar nicht mal unbedingt heraussticht. Perfect job!
Für den Fall, dass ich mich bisher nicht klar genug ausgedrückt habe: AJ Downings Album "Good Day" ist vollgepackt mit cooler Americana-Musik und starken, gehaltvollen, aus dem Leben gegriffenen wie natürlich auch lediglich subjektiven Lyrics. Und damit für den Liebhaber dieses Genres definitiv wert, mal das eine oder andere Ohr zu riskieren. Speziell für diejenigen, die nicht nur Party machen wollen, sondern auch echtes Interesse am realen Leben deep down south haben.
Und ihr wisst ja, was der Meister Steve Earle zu Ehren des ungekrönten Königs aller Singer/Songwriter Townes Van Zandt schon vor gut zwanzig Jahren gesungen hat:
»They say 'The Texas weather is always changin', but if one thing changes will bring you something new...'«
Line-up:
AJ Downing (acoustic & electric guitars, banjo, harmonica, lead vocals)
Jordan Teitelbaum (drums & percussion)
Andrew Carrell (bass, rhythm guitar - #1)
Steve Sarber (lead guitar - #4, banjo - #9)
Carrie Downing (vocals - #2,4)
Kim Deschamps (lap & pedals steel guitars)
Adrian Schoolar (lead guitar - #1)
Pete Weiss (accordion - #10)
With:
Mark Jungers (vocals - #8)
Shelley King (vocals - #1,8)
Ian McLagan (piano - #3)
Tracklist |
01:My Wagon Just Won't Roll
02:Good Day
03:Lonesome Town
04:What You Lookin' For
05:American Junkie
06:The Other Cheak
07:Valentine
08:Willie (Had We Never Been High)
09:Forty Below
10:Aimless Sea
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