Bob Dylan
03.05.2007, Max-Schmeling-Halle, Berlin
Rocktimes Konzertbericht
Bob Dylan
Max-Schmeling-Halle, Berlin
03. Mai 2007
Stil: Classic Rock / Folk
Konzertbericht

Artikel vom 26.01.2008


Grit-Marina Müller
Faszinierend, dem geschmeidigen Gang einer Katze gleich, steigt er die Treppe hoch, betritt noch einmal die Bühne. Es ist wie eine Begegnung der - ja ... welcher Art eigentlich? Zwei Zugaben forderte die begeisterte Menge ein. Mit dem ehrwürdigen "All Along The Watchtower" verabschiedet Bob Dylan am Abend des 3. Mai 2007 gegen 21.40 Uhr sein Berliner Publikum in der restlos ausverkauften Max-Schmeling-Halle.
Wüsste man nicht, wer da auf der Bühne stand, wär man der Ansicht gewesen, eine angesagte Boygroup hätte der Hauptstadt einen Besuch abgestattet. Doch Dylan ist angesagt, mehr denn je! Derart freudig gelöst und ausgelassen feierten drei oder vielleicht sogar vier Generationen den Meister aller Klassen. Sublim lässt der sie wirken, seine mystische Aura, die er derzeit gern unter einem großen, hellen Hut verbirgt.
Eindrucksvolle zwei Stunden spannendster Zeitreise durch ein kaum fassbares Lebenswerk der sprichwörtlichen Superlative durfte man (wenn man absolut pünktlich 19.30 Uhr vor Ort war) gebannt erleben. Die vorgesehene Setlist mag für manch kernharten Fan und Kenner eher unspektakulär gewesen sein. Um so spektakulärer erscheint der Auftritt des mutmaßlich überaus gut gelaunten 'Bobby'.
Der startet - zur Überraschung vieler - wieder an der Gitarre mit "Absolutely Sweet Marie" und feuert dann durch die Hitliga mit "Don't Think Twice", "Desolation Row", "It's Alright Ma (I'm Only Bleeding)" oder "Just Like Tom Thumb's Blues". Vorbei scheint inzwischen die Zeit der entrückten, teilweise bis zur Unkenntlichkeit zerfetzten Songklassiker mit denen er die häufig verwirrte Anhängerschar gleichsam irritiert zurückließ. Mehr noch - der von 'Mythen umrankte Dichter und Romantiker' gibt sich versöhnlich, einfühlender, ja geradezu liebevoll im Umgang mit den Seinen, den Vertrauten. Selbstverständlich auf eine sehr indirekte, mittelbare immer etwas rätselhafte und doch für ihn so typische Weise, die er unumstößlich wahrt und pflegt.
Fundamentiert und begleitet wird er von seiner wirklich hochklassigen, perfekt aufeinander abgestimmten Band, die mitunter keinen Zweifel daran ließ, dass es sich hier doch um ein mittelschweres, formidables Rockkonzert handeln müsste.
Herausragend wirbelte neben Denny Freeman (lead guitar) vor allem Donnie Herron an violin, pedal steel und was er sonst noch so finden konnte.
Zwischen besagten Klassikern kommen ausschließlich Stücke seines vorletzten Albums "Love And Theft" sowie dem viel gelobten aktuellen Werk Modern Times zum Zuge. Die erweisen sich als nicht minder populär und massenwirksam, wie die wohlwollenden Reaktionen bei den Tempomachern "Rollin' And Tumblin'" und "Spirit On The Water" oder auch dem verhalten anrührenden "Nettie Moore" durchaus zeigen. Einzig das soeben frisch Grammy-zertifizierte "Someday Baby" fehlte da zu meinem persönlich vollkommenen Glück.
Mittlerweile dann nur noch am Keyboard stehend (ein Heiligenschein überwindet leider nicht die allzu weltlichen - eben gesundheitlichen Grenzen), rollt 'His Bobness' Meilensteine wie "My Backpages" und "Tangled Up In Blue" hervor. Zum wievielten Male wohl im Laufe seiner Karriere? Routiniert ist er bei der 'Sache', aber nie lustlos. Und lässt sich tatsächlich noch zu einer federleichten, swingenden Version von "Blowin' In The Wind" hinreißen.
Stimmlich präsent wie selten zuvor, wirft der unheimliche Prophet wenige Blicke in die Gesichter seiner Zuhörer, vollführt diszipliniert seine Arbeit an der Ewigkeit. Ein kurzes Nicken am Ende als Dankeschön. Welche Geste! Er hat uns wohl doch ganz gern. Vielleicht hört sie ja auch deshalb nicht auf, seine 'Neverending Tour'.

Schön zu wissen in einer Zeit, in der es so wenig Zeitloses gibt.
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