Was hat die gute alte Dortmunder Westfalenhalle nicht schon an internationalen Künstlern gesehen? Top Acts internationaler Provenienz, deutsche Schlagergrößen und auch weitestgehend unbekannte Musiker aller Herren Länder. Und genau zwei dieser Attribute trafen die Macher des WDR-Rockpalast mit ihrer Wahl für den 28. November 1980. Top Act in ihrer US-amerikanischen Heimat und weitgehend unbekannt in deutschen Landen: die Charlie Daniels Band. Die Herren über das Booking bei Rocknächten und weiteren WDR-Veranstaltungen hatten es sich ja auf die Fahne geschrieben, verstärkt Musiker zu holen, die sich hierzulande (noch) keiner großen Anhängerschar gewiss sein konnten. Ein Vabanquespiel zweifelsohne, besonders zu Beginn der Unternehmung Rockpalast. Rüchel und Co. aber haben es allen Kritikern gezeigt, da gibt es nun wahrlich keine Zweifel mehr. Und, sie haben vielen, vielen Musikern den Weg zum internationalen Ruhm (mit) geebnet.
Die Charlie Daniels Band kannte kaum ein Schwein, als an jenem Novemberabend die Lichter aus-, bzw. eher angingen. Der Rezensent dieser Zeilen darf sich rühmen, bereits damals mehrere LPs dieser obskuren Band besessen zu haben, so u. a. "Fire On The Mountain" (bis heute übrigens eines meiner Lieblingsstücke der seinerzeit ebenso unbekannten MTB überhaupt), "Nightrider" und das ganz frische "Full Moon", das erst wenige Monate zuvor auf den Markt und, so glaube ich mich zu erinnern, nur über Umwege in meine Plattensammlung gekommen war und das dem gerade verstorbenen Basser und Gründer der Marshall Tucker Band, Tommy Caldwell, gewidmet war.
Dieser relativen Unbekanntheit in weiten Kreisen mag es dann natürlich zuzuschreiben sein, dass das Publikum noch etwas verhalten auf die ersten Kostproben der Band reagiert. Aber Charlie und seine Mitstreiter lassen sich nicht lumpen und fahren das ganz große Southern-Besteck auf. Zwei Schlagzeuger, ganz so wie die Outlaws und andere Genrekollegen in ihren besten Zeiten, zwei Gitarren, Bass und natürlich Taz Di Gregorio an den Tasten.
Beim Opener "Funky Junky" wird auch direkt das Bottleneck über den Hals der Les Paul gefahren und Taz bearbeitet das Boogie-Piano, als ginge es um seine nächste Siesta. Weiter und weiter treibt uns die Band durch das Set und schafft es (natürlich), das Publikum binnen weniger Nummern in ihren Bann zu ziehen. Der Rhythmus und die besondere Spielweise dieses countrymäßig angehauchten Southern-Boogie-Jam-Rock gehen einfach in Herz und Beine. "Trudy" und "Jitterbug" folgen, die Slide wird abwechselnd bedient und Charlie himself ist neben einem Großteil des Gesangs in bestem Southern twang auch für die Ansagen zuständig. Aber auch der zweite Gitarrist Tom Crain oder Taz haben ihre Einsätze an den Lead Vocals.
Neben einigen Songs aus ihrem gerade erschienenen Album "Full Moon", so "Legend Of Wooley Swamp", "El Toreador" oder "In America", geben sie dem Publikum auch andere, teilweise sehr bewegende Stücke. Dazu zählt eine langsame und reduzierte Fassung von "Reflections", das u. a. dem Gedenken an Ronnie Van Zant gewidmet ist:
»It was October in St. Louis town when we heard that the Free Bird had fell to the ground. […] And Ronnie, my buddy, above all the rest, I miss you the most and I loved you the best…«
Nach diesem denkwürdigen Tribut folgt dann ein wiederum schnelles, spanisch/mexikanisch angehauchtes Stück, das das Leben und Sterben des "El Toreador" schildert. Natürlich dürfen ihre (in Amerika) größten Hits nicht fehlen und ab "Long Haired Country Boy" geht es dann zur Sache. Ein schneller Country-Boogie folgt mit "Uneasy Rider" und bald darauf dann endlich "Devil Went Down To Georgia". Charlie, damals übrigens noch gefühlte 100 Kilogramm leichter, stimmt die Fiddle an und kann sich des Applauses des Publikums sicher sein.
Zwei Zugaben werden gefordert, man sieht ein paar Stetsons und sogar ein Southern Cross wird geschwenkt. "The South's Gonna Do It Again" steht als erstes auf der Liste und diese Hommage an den Süden, seinen Stolz und seine Musik widmet die Band an diesem Abend den gerade verunglückten Kollegen Ronnie Van Zant und Tommy Caldwell. Absolutes Highlight des Konzerts und somit auch der DVD ist das ellenlange "Orange Blossom Special", bei dem alle Musiker noch einmal ihr ganzes Können auffahren und zum krönenden Abschluss so richtig im Southern Style jammen. Warum man nicht die kompletten 90 Minuten des Auftritts auf Scheibe gebrannt hat, erschließt sich mir nicht so ganz, aber auch in der beschnittenen Version ist dieses Dokument, das es übrigens auch auf CD gibt, ein tolles Zeugnis eines für den WDR erneut gewagten Unterfangens und des einzigen Konzerts der Charlie Daniels Band auf deutschem Boden. Das war Spitze!
Line-up:
Charlie Daniels (vocals, guitar, violin)
Tommy Crain (vocals, guitar)
Taz Di Gregorio (keyboards, vocals)
Charlie Hayward (bass)
Fred Edwards (drums)
James W. Marshall (drums)
Tracklist |
01:Funky Junky
02:Trudy
03:Jitterbug
04:Legend Of Wooley Swamp
05:Blindman
06:Reflections
07:El Toreador
08:No Potion For The Pain
09:In America
10:Long Haired Country Boy
11:Uneasy Rider
12:Cumberland Mountain No. 9
13:Devil Went Down To Georgia
14:The South's Gonna Do It Again
15:Orange Blossom Special
|
|
Externe Links:
|