The Dad Horse Experience / Dead Dog On A Highway
Dead Dog On A Highway Spielzeit: 51:24
Medium: CD
Label: Fuego Records, 2011
Stil: Alternative Country

Review vom 19.07.2011


Markus Kerren
Hoch interessanter Stoff aus dem Norden Deutschlands. Dad Horse Ottn bekam zu seinem vierzigsten Geburtstag ein Tenor-Banjo geschenkt, das sich im Laufe der Zeit zu seiner Passion entwickelte. Mittlerweile sind mit der Mandoline, dem Kazoo und Bass-Pedal sogar noch weitere Instrumente hinzugekommen und der Mann ist fast schon eine One-Man-Band. Für das zweite The Dad Horse Experience-Album hat er allerdings auch noch eine gute Hand voll weiterer Musiker am Start, die ihn auf den 13 neuen Songs unterstützten.
In seiner so ganz eigenen Art bringt uns Dad Horse Ottn seine Musik mit starkem Tom Waits-Feeling daher. Gospel, Country, Blues ... als Überbegriff könnte man das von vielen so ungeliebte Wort Americana mal wieder in die Runde schmeißen. Nur, dass "Dead Dog On A Highway" so ganz anders, so ganz individuell klingt. Ottns Gesang kommt inbrünstig, allerdings auch mit sehr hartem deutschen Akzent, was der Geschichte etwas Skurriles verleiht, sie auf der anderen Seite auch wieder sehr sympathisch macht. Neben diversen Singles und einer EP erschien im Jahr 2008 zunächst das Debüt "Too Close To Heaven", gefolgt nun von diesem zweiten Streich.
Schmissig beginnt der Titelsong mit lediglich Banjo und Gesang, bevor Percussion und Background Vocals hinzukommen. Es wird ziemlich schnell klar, dass Ottn nicht unbedingt der begnadetste Sänger unter der Sonne ist, dies aber mit viel Enthusiasmus wieder ausgleicht. Fein, so kann's weitergehen. Mexikanische Einflüsse sowie einen rumpelnden Walzertakt kann ich bei "Kingdom It Will Come" raushören, über die Ottn erneut seine feurigen Vocals legt, die sich oft über das Schuldbewusstsein eines Mannes mit sehr schlechtem Gewissen drehen, der aber nicht in der Lage ist, sein eigenes Handeln zu ändern. Und das alles zu spärlichem, handgemachtem Wüsten-Sound. Obskur, aber letztendlich richtig gut.
Der Norddeutsche hat auch keinerlei (warum auch?) Berührungsängste mit Legenden, was er zum Beispiel bei "I Saw The Light" von der Country-Legende Hank Williams unter Beweis stellt. Die Stimme kommt einem hier tatsächlich so vor, als käme sie direkt aus dem Grab irgendeines vergessenen amerikanischen Friedhofs (der, auf dem die Gebeine von Williams weilen). Fast schon gespenstisch auch die Instrumentierung und Intonierung. Je länger die Scheibe läuft, desto mehr mag man sie. Es sei denn, man entwickelt schon bei den ersten beiden Tracks eine starke Abneigung gegen dieses zugegebenerweise ungewöhnliche Album.
Neben den Eigenkompositionen gibt es noch ein weiteres Cover in Form des alten Blues "St. James Infirmary", das einmal mehr in einer verschrobenen wie guten Walzer-Form gebracht wird. Ottn singt sich einmal mehr die Seele aus dem Leib und zum wiederholten Male erwische ich mich bei einem gewaltigen Grinsen. Das ist anders, aber vor allem ist es gut! Sehr deutsch klingt es, aber Gefühle sind ja international! Apropos deutsch: "Ganz war ich nie" wird, wie es der Titel schon andeutet, in der Landessprache vorgetragen. Erneut sparsam instrumentiert und musikalisch dem Sound der Appalachian Mountains verpflichtet, erzählt hier ein Mann von neuen physischen und seelischen Verletzungen, die aber mittlerweile schulterzuckend zur Kenntnis genommen werden, da er schließlich das Gefühl des Glücks bzw. des Erfülltseins sowieso noch nie gekannt hat.
"Dead Dog On A Highway" ist ein wirklich geiles Album für alle, die auch gerne mal einen Blick über den Tellerrand hinaus riskieren möchten. Ungewöhnlich, nicht immer schön, aber tatsächlich richtig gut. Vor allem steckt in diesem Album neben guten Ideen sehr viel Seele und Hingabe. Zunächst eventuell zu glauben, entdeckter Dilettantismus verwandelt sich in erkennbare Systematik, bzw. einen ganz eigenen Stil. Profundismus gepaart mit guten Melodien und massenhaft Herzblut, versehen mit der furchtlosen Herangehensweise eines Tom Waits der Achtziger und der ungestümen Ehrlichkeit des ersten Albums der Violent Femmes.
Line-up:
Dad Horse Ottn (lead vocals, banjo, mandolin, bass pedal, kazoo, background vocals)
Hanno Janssen (drums & percussion - #2,5,7,9,12,13)
Rolf Kirschbaum (slide guitar - #7, percussion - #1,6,8)
Don Voigt (violin, mandolin - #13)
Dickie D. Deia (drums - #10, background vocals - #2,3,5,7,8,9,10,12)
Buried Alive (background vocals - #11)
Annalena Bludau (background vocals - #4)
Schne (background vocals - #1,6)
Tracklist
01:Dead Dog On A Highway
02:Kingdom It Will Come
03:Tella Me Lord
04:Merchandise Song
05:I Saw The Light
06:WTC In Heaven
07:Stairs Stairs Stairs
08:The Party
09:St. James Infirmary
10:Keller Gospel One Man Band
11:Ganz war ich nie
12:Waiting At The Turnpike
13:He Is My Song And My Story
Externe Links: