Das Dritte Ohr / Pur
Pur Spielzeit: 42:19
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2008 (1977)
Stil: Blues


Review vom 31.05.2008


Jürgen Bauerochse
Zum 40-jährigen Bandjubiläum von Deutschlands »Ur-Blues-Band« bringt Sireena Records eine wahre Rarität unter den deutschen Blues-Alben erstmals als CD auf den Plattenmarkt.
Mit ihrem Debüt "Pur" aus dem Jahr 1977 machte sich Das Dritte Ohr erstmals einem größeren Publikum bekannt. Bis dahin galt die Gruppe um Udo Wolff, der mit der wohl dreckigsten Stimme unter deutschen Musikern ausgestattet ist, durch unermüdliches Touren durch Kneipen und kleine Clubs lediglich als Geheimtipp unter den Blues-Fans in Germany.
Als im Jahr 1980 das erste 'reguläre' Album "Zahltag" erschien, hatte die Band ihr endgültiges Ziel erreicht und legte einen unglaublich authentischen Blues, dessen Spektrum vom akustischen Delta bis hin zum elektrischen Großstadt-Blues reichte, an den Tag. Das Besondere aber waren die viel beachteten und -gelobten deutschen Texte von Udo Wolff, die zum persönlichen Markenzeichen der Gruppe werden sollten. Das Dritte Ohr hatte seine eigene Nische in der Blues-Musik gefunden.
Als das "Pur"-Album in nur zwei Tagen im Tonstudio der Düsseldorfer Toningenieur-Schule aufgenommen wurde, war die Band von dieser eigenen Linie jedoch noch meilenweit entfernt. Man ließ sich von den großen Vorbildern der schwarzen Bluesmänner inspirieren, die Vocals waren noch in englischer Sprache gehalten und die eingespielten Songs bestanden zum großen Teil, wenn auch vom Dritten Ohr umarrangiert, aus Coverversionen.
Doch schon bei dieser, natürlich 'live im Studio' aufgenommenen Platte kam ein enormes Bluesfeeling zum Vorschein, wie man es von einer deutschen Band bisher noch nicht gehört hatte. Die dreckige Harmonika, von Wolff hervorragend in Szene gesetzt, bot einen feinen Kontrast zu dem gefühlvollen Gitarrenspiel Tom Schraders, der alle Varianten dieses Instrumentes perfekt beherrschte, egal ob akustisch oder elektrisch, egal ob mit oder ohne Flaschenhals. Und wenn dann noch diese heisere, vom Alkohol getränkte Röhre dazu kam, dann, spätestens dann, tauchte wohl jeder Zuhörer in die Tiefen der Sümpfe und Plantagen hinab und vergaß, dass hier vier Hildesheimer Jungs am Werk waren.
Wie schon erwähnt, befinden sich auf diesem Silberling etliche Coversongs, unter anderem von Elmore James, Junior Wells und Robert Johnson. Außerdem gibt es das unkaputtbare "Rollin' & Tumblin'" auf die Ohren, und alle diese Titel tragen den persönlichen Dritte Ohr-Stempel. Es groovt und dampft an allen Ecken und Enden. Schweiß, Zigarettenqualm und Alkoholausdünstungen kann man förmlich visuell wahrnehmen.
Doch fast noch interessanter sind schon auf dieser Scheibe die Eigenkompositionen des niedersächsischen Vierers. So ist für mich das über acht Minuten lange "Driftin' & Driftin'", zusammen mit "Sweet Lil' Woman", der absolute Anspieltipp des Albums, denn speziell bei diesen Songs ist eine besondere Tiefe bzw. Intensität hörbar. Das Niveau steht auf dem gleichen hohen Level, wie die Fremdkompositionen, und dennoch bemerkt man, wie stolz die Band auf diese Titel ist, die übrigens bis heute zum Live-Programm der Gruppe bei ihren legendären, stundenlangen Konzerten gehören.
Obwohl ich zu den Glücklichen gehöre, die das "Pur"-Album auch als LP im Schrank haben, bin ich trotzdem sehr froh über die Neuveröffentlichung der Scheibe auf CD, denn auch mein Vinyl-Exemplar ist, genau wie das von Udo Wolff, schon ganz schön ramponiert. Das ist aber auch kein Wunder, denn dieses Album dreht sich bei mir immer wieder auf der Anlage. Allein durch "Pur" hat sich Das Dritte Ohr den Namen »Ur-Blues-Band« redlich verdient!
Line-up:
Udo Wolff (vocals, harmonica)
Ferdi 'Flachmann' Peters (drums)
Helmut 'Boogie' Meyer (bass)
Tom Schrader (guitars, vocals - #7)
Tracklist
01:Rollin' & Tumblin' (3:15)
02:Snatch It Back (3:25)
03:Driftin' & Driftin' (8:25)
04:Sippin' Time (3:15)
05:Can't Hold Out (3:30)
06:Sweet Lil' Woman (6:30)
07:Walking Blues (4:10)
08:White Line (5:00)
09:Shake Your Moneymaker (3:30)
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