Es brauchte keinerlei Rauschverursacher süßlich- oder grasigriechender oder mittel- bis hochprozentigflüssiger Form, um sich beim Konzert der drei Jungs - Betonung auf Jungs, die sind zusammen gerade mal um die 50 Jahre jung - der niederländischen Band DeWolff einen von den ersten Tönen an ca. 100-minütigen psychedelischen Rausch einzufangen und den auch zu behalten.
Von 22 Uhr bis ca. 23 Uhr 40 wurden ausnahmslos alle Zuhörer bedröhnt; was da an Energie und Spirit der Musik der 60er und 70er Jahre und Spielfreude und Können und Hingabe von der Bühne perlte und rockte und rollte ...
Von links nach rechts sahen und hörten wir Robin Piso an der sich wohl durch seine wilden Tastenbewegungen ständig an der Temperaturhöchstgrenze befindenden Hammond und am Mikro; sehr selten stillsitzend auf einer hölzernen Sitzgelegenheit, die dem Zusammenbrechen mit sehr breitem und schwarzem Klebeband umwickelt widerstehen sollte. Sie sollte.
Luka van de Poel verprügelte das sehr übersichtlich gehaltene Schlagzeugensemble aufs Trefflichste, er schob den Retrosound unermüdlich und krachend nach vorne. Und Pablo van de Poel hat zehn hochtalentierte Finger für seine Gitarren; technisch auf sehr hohem Niveau und beseelt, spielte er mal Rhythmus und mal Lead im Wechsel mit der Hammond von Robin. Seine Stimme passt für diese Art Musik. Die auf dem Bühnenboden liegenden Effektheischer für die Gitarren von Pablo sahen sehr vielversprechend aus. Sie sahen aber nicht nur aus, die Geräusche, die auch dadurch aus den Laney Verstärkern quollen, waren bunt, sehr bunt.
Apropos Musik! Was extrahierten die drei da aus den Ursuppen der populären Musik. Sie vermischten Sounds von u.a Pink Floyd und Deep Purple, Uriah Heep und Cream, Iron Butterfly
und Led Zeppelin auch noch mit einem gehörigen Anteil an Muddy-haltigem Blues; ein bisschen Krautrockgehalt hatte das Ganze auch, es klang unglaublich röhrend und fett und schrill und rockig und spacig und gut, die drei brieten uns einen nach dem anderen über.
Ich fühlte mich wie in einer für meine Generation sehr wichtigen und populären Musiksendung des WDR in den 70ern, die Sendung hieß "Rock In" und wurde moderiert von Winfrid Trenkler. Dem Mann bin ich ewig dankbar für die Rockmusik, die er damals allwöchentlich auf die gebannt lauschenden Hörer losließ, viele dieser Sounds von damals erreichten hier und heute Abend meine völlig begeisterten Ohren.
Die Energie, die die drei erzeugten, hätte gereicht um an dem Abend ganz Duisburg zu high voltagen. Es begann mit "Gold And Seaweed" von ihrer ersten CD,von der Hammond gnadenlos nach vorne getrieben. Ich versuch das mal zu beschreiben als eine Mischung aus "Easy Livin'" und "Gipsy", aber trotzdem völlig unabgekupfert. Im Steinbruch in Duisburg Wedau - dort fand dieses Konzert statt - folgte nach diesem furiosen Beginn eine Sprengung der anderen, die Jungs spielten den Veranstaltungsort in Schutt und Asche, tausende der alten oder noch nicht so alten Knochen der Zuhörer bewegten sich permanent.
Der Steinbruch veranstaltet zahlreiche Konzerte in etlichen uns zusagenden Musiksparten, angeschlossen ist eine große gemütliche Kneipe mit leckeren Mahlzeiten und geistigen Getränken, sehr nettes Personal, rundum klasse, auch der Biergarten.
Nach "Fishing…", auch von ihrer ersten CD, das auch die Freudentränen besonders durch die hämmernden Hammondklänge hervortrieb, folgte mit "Medicine" ein Blues, der anfangs mit ruhigem call and response zwischen Hammond und Gibson einherspielte und sich immer lauter und lauter hervortastete- und saitete und in einem Jam ausartete. Wie sowieso die meisten der hier vorgespielten Lieder ihrer beiden bisher erschienenen CDs "Same" und Strange Fruits And Undiscovered Plants teilweise in bis zu 20-minütige Jamsessions aufgearbeitet wurden. Die beiden CDs sind schon klasse, aber wieviel Schüppen Sound und Rock die Jungs live noch darauf packen ist phänomenal.
Mit "Don't You Go Up The Sky" wurde anschließend der Groovegigant des Abends ausgepackt, Hölle, Hölle, die Hopfen- und Malzgetränke im großen Hopfen- und Malzgetränkekühlschrank hinter der Theke hüpften sich fast die Deckel ab, die kirchenmäßige Hammond am Anfang trieb die Gibson und das Schlagzeug vor sich her und die Zuhörer tobten sich die Schädel schwindlig, was für eine Show. Und das sich anschließende mystisch rockende "Silver Love Machine" wurde durch etliche Soundgimmicks verfeinert, ein Effektgerät mit daraufstehender Buddhafigur bearbeitet Pablo und mit Robin und Luka musizierte er das ganze Tonzeug zum Monster auf.
It's Balladentime mit "Birth Of The Ninth Sun", ein sehr schönes Hammondklavierintro- und outro, angereichert mit verzerrtem Gesang und ebensolcher Gitarre. Ein bisschen Creamig, aber wieder völlig eigenständig als DeWolff erkennbar wurde es mit "Red Sparks Of The Morning Dusk" und it's Bluestime mit dem "Yellow Rat Magic Blues". Dabei gabe es feine, slidige Saitenbearbeitung und Gesang in höchsten Tönen; wie schon geschrieben, alles so schön bunt hier und heute Abend.
Die Wechsel zwischen Space und Speed, Psychedelic und rockt wie die Sau, zwischen Blues und was weiß ich, das hatten die Jungs vollkommen drauf. Zum perfekten Schluss spielten sie uns ellenlang auf mit dem ellenlangen Titel "The Thrills That Come Along With The Landing Of A Flying Saucer". Dabei wurde durch Robin sozuschreiben durch Handauflegen das Stück intronisiert, er benutzte dabei ein Effektgerät mit einer seitlichen Antenne, ein Theremin. Er bewegte seine Hände in einem gewissen Abstand über das Effektgerät und es entstanden Geräusche wie Rückkopplungen, Kreischen, Sturm etc. Unglaublich. Und dann gings ab mit Schlagzeug und heulender Gitarre mit und ohne Slide, die drei trieben sich und uns in den Himmel der Musiktrunkenheit, mir fällt nix mehr dazu ein.
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