DeeExpus / Far From Home
Far From Home Spielzeit: 130:00
Medium: DVD
Technische Daten:
Bildformat: 16:9
Format: DVD-5 NTSC
Sound: DD 2.0, DD 5.1
Region Code: 0
Label: Metal Mind Productions, 2009
Stil: Prog Rock

Review vom 23.11.2009


Boris Theobald
Nun kenne ich mich ja einigermaßen aus... DeeExpus, das muss ich zugeben, sind an mir aber bislang völlig vorbeigegangen. Erst eine CD hat die Band aus Nordost-Großbritannien rausgebracht, nämlich "Half Way Home" im Jahre 2008. Und nun bereits eine DVD? Früher war es ja durchaus noch etwas Besonderes, ein Konzertvideo zu veröffentlichen, da hatte man meist schon einen ordentlichen Status als Band, eine solide Fanbasis und vor allem einen reichen Musikfundus in der Hinterhand. Kann man von DeeExpus nicht behaupten - aber es bot sich nun mal die Gelegenheit.
Denn "Far From Home" wurde beim 2008er Prog Rock-Festival im Wyspianski-Theater von Katowice mitgeschnitten. Dort lässt das Label Metal Mind ja all zu gern die Kameras laufen; und das ist immer wieder eine prima Gelegenheit für Prog-Gruppen, einen super Mitschnitt einzutüten. Ein dankbares Publikum, ein optisch einzigartiges Ambiente mit großartiger Ausleuchtung, eine super Ausstattung mit diversen Kameras, die das schnuckelige Theater nach allen Regeln der Kunst auf Schienen und an Kränen abfilmen. Alles hochprofessionell - für viele Bands, die sich das ohne Metal Mind nicht leisten könnten, eine große Chance zur Inszenierung. Und die haben DeeExpus genutzt!
Nur die musikalische Umsetzung oblag natürlich ganz den fünf Bandmitgliedern. Die zeigen bei dieser Show eindrucksvoll, was sie zu bieten haben - und das ist ein mitreißender Prog Rock, der nicht bloß altbekannte Schablonen nachzieht, sondern durchaus versucht, eigene Akzente zu setzen. DeeExpus pendeln in ihren Stücken zwischen ruhigen, teils gar balladenhaften Atmosphären und Heavy Metal-Ansätzen hin und her - kaum ein Song, der nicht die sanfte und die harte Seite miteinander verschmilzt. Die Band nutzt die Anwesenheit von zwei Gitarristen und rockt hart, agiert ausgesprochen Riff-orientiert - mehr, als man es von britischen Prog Rockern erwarten würde.
So erinnert "Pttee" über weite Strecken an die Prog Metaller von Threshold, während das lang gestreckte, atmosphärische Outro nach ausgedehnten Solo-Abstechern dann in episch-bombastische Neo Prog-Gefilde führt. Die Gitarrensoli entwickeln sich meist zu richtigen schwermetallischen Frickel-Arien (großartig: das Parallel-Solo in "One 8"!), während die Keyboard-Sounds eher die neo-proggige Seite der Band markieren. Man fühlt sich des öfteren an Gruppen wie Galahad oder Arena erinnert, aber auch an Enchant, die ja ihrerseits ganz ähnlich wie DeeExpus nicht immer auf Rock oder Metal festzunageln sind.
Glanzstück der Performance und des Band-Repertoires ist sicherlich der mehr als viertelstündige Longtrack "Half Way Home", der im 'Großen' all die Vorzüge in sich vereint, die auch die 'kleineren' und dennoch mit sechs bis acht Minuten nicht gerade kümmerlich kurzen Nummern stark macht: Vielschichtig, abwechslungsreich und dennoch erstaunlich eingängig. Nicht blümelig verspielt, sondern trotz einiger Komplexität immer zielstrebig und mit härterem Rock-Ansatz. Außer dem kompletten Debütalbum hat noch der Song "Red" Einzug in die Setlist gefunden, ein bereits sechs Jahre altes Juwel aus der Kramkiste, das besonders durch die gekonnten Tempo-Wechsel hervorsticht - ein Leckerbissen für Prog-Feinschmecker.
Was gibt es nun zu kritisieren an diesem Auftritt? Nun, nicht viel und nichts wirklich Gravierendes, aber dennoch... Sänger Tony Wright, einer der Köpfe der Band, ist stimmlich nicht übel, aber auch kein Fels in der Brandung. Besonders in tieferen Stimmlagen gerät er schon mal ins Wanken. Auch im mehrstimmigen Satzgesang, wo man des öfteren sehr hübsch konstruierte Chor-Arrangements im Programm hat, kann die Band als Gesamtes noch an sich feilen. Davon würde dann auch die emotionale Seite von DeeExpus noch etwas profitieren. Denn obwohl die Stücke sehr intelligent und kurzweilig komponiert sind, fesseln können und technisch über alle Zweifel erhaben wiedergegeben werden - der hochinteressante Prog Metal-Neo Prog-Mix dieser Band könnte noch ein wenig mehr Esprit vertragen.
Dabei darf ein Kuriosum nicht unerwähnt bleiben: Dieses mitgefilmte Konzert - man glaubt es kaum - ist erst das dritte, das die Band je gespielt hat. Erst nachdem das Album fertig war, hatten sich Andy Ditchfield, der die Band zunächst als Solo-Projekt startete und sein Sänger und Co-Songwriter Tony Wright Musiker zusammengesucht, um DeeExpus auf die Bühne bringen zu können. Zunächst gab es zwei kleinere Gigs in Großbritannien; und dann ging es ab nach Katowice!
Schade nur, dass beim Auftritt der Band ein paar Sitzplätze leer blieben. Aber sonderlich bekannt waren sie eben noch nicht. Und mit dem ein oder anderen Album mehr im Rücken wäre der Auftritt auch länger geworden als rund 68 Minuten - der Rest besteht aus einem Interview und einer launigen Camcorder-Doku von den ersten Studiotagen bis hin zur Präsentation des Albums und den Proben vor dem ersten Gig. Aber auch, wenn da eigentlich noch zu wenig Substanz für eine DVD-Veröffentlichung vorhanden ist - die mir bis dato unbekannten DeeExpus empfehlen sich mit "Far From Home" für die Zukunft - wenn sie mal in der Nähe spielen, werde ich das garantiert nicht verpassen!
Line-up:
Tony Wright (vocals)
Steve Wright (guitar)
Andy Ditchfield (guitar)
Ian Raine (bass)
Hen Rogers (drums)
Marc Jolliffe (keyboard)
Tracklist
01:Intro
02:Greed
03:Pttee
04:One 8
05:Pointless Child
06:Red
07:Half Way Home
08:One Day
09:7 Nights
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