Deep Purple
26.10.2013, Max-Schmeling-Halle, Berlin
Max-Schmeling-Halle Deep Purple
Support: Peter Frampton
Max-Schmeling-Halle Berlin
26. Oktober 2013
Konzertbericht
Stil: Hard Rock


Artikel vom 02.11.2013


Holger Ott
Peter Frampton Was für eine enorme Wandlung bei Deep Purple seit der Veröffentlichung ihrer aktuellen CD Now What. Die Band kommt mir vor wie nach einer Frischzellenkur. Spielfreude bei den Musikern. Gute Laune nicht nur bei Ian Gillan und endlich mal ein Gemeinschaftssinn bei Steve Morse und Don Airey. Das Konzert in Berlin hat gezeigt, dass unsere Helden der Jugend noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Ich habe sie in den vergangenen zehn Jahren noch nie so aktiv gesehen und das Publikum im Saal würde meiner Meinung sicherlich zustimmen.
Peter Frampton Deep Purple zeigen sich viel moderner. Nach vielen Jahren haben sie sich von dem Klischee gelöst, sich auf ihren alten Lorbeeren auszuruhen. Natürlich werden einige ihrer Highlights nicht vergessen, zum Teil ist die Setlist mit der vom Vorjahr identisch, allerdings verstehen es Gillan und Co., das Programm so gesund mit neuen Songs zu mischen, dass man jetzt getrost in die Zukunft blicken kann. Im Vergleich zum letzten Gastspiel in der Berliner O2 World, ist das Konzert in der kleineren, aber dafür persönlicheren Max-Schmeling-Halle für meine Erkenntnisse sensationell gut. Aber bevor unsere alten Recken wieder zuschlagen, steht ein anderer großer Künstler auf der Bühne.
Peter Frampton Peter Frampton gestaltet mit seiner Band das Vorprogramm und gibt eine Stunde lang seine größten Erfolge zum Besten. Ich gehörte damals ebenfalls zu den Ersten, die "Frampton Comes Alive" in den Händen hielten und war total begeistert. Die Leichtigkeit und Frische, welche das Album offenbarte, war und ist ein großer Meilenstein in der Rockgeschichte. Niemand sollte darauf verzichten, denn Frampton setzte mit seiner Musik neue Maßstäbe. Alleine die Technik der Talk-Box hat eine Revolution ausgelöst und viele Nachahmer, darunter Bon Jovi, gefunden.
Peter Frampton Mit meiner Kamera stehe ich genau dreißig Zentimeter vor diesem pyramidenförmigen weißen Kasten, in den lediglich ein Schlauch und ein Kabel verschwinden und aus dem später die unverkennbare, verzerrte Stimme ertönt.
Frampton ist ebenfalls in hervorragender Laune und hat ein ständiges Grinsen im Gesicht, kommuniziert mit Band wie Fans und liefert dabei eine sehr saubere, schöne Show ab. Hits wie "Show Me The Way", "Baby I Love Your Way" und das fast endlose "Do You Feel Like We Do" werden ebenso in Perfektion gespielt, wie das Soundgarden-Cover "Black Hole Sun". Der Gesang mit der Talk-Box klappt zwar nicht immer bei jedem seiner Klassiker so gut, aber es hindert niemanden daran, Jugenderinnerungen aufleben zu lassen. "Black Hole Sun" hingegen passt nicht unbedingt in das Programm. Hauptsächlich instrumental gespielt klingt es etwas zu ruhig und verhalten. Dieser Titel wundert anscheinend nicht nur mich im Saal. Frampton könnte aus einer Vielzahl von eigenen CDs schöpfen und die Gelegenheit nutzen, um weniger bekanntes Material zu spielen. Dennoch entscheidet er sich für dieses Cover und erntet dafür nur einen mäßigen Pflichtapplaus.
Peter Frampton hat mich überzeugt. Seine erfrischende Spielweise ist genau der richtige Einstieg an diesem Abend. Da ich ihn noch nie auf der Bühne gesehen habe, ist es für mich ein schönes, sehr gelungenes Erlebnis.
Deep Purple Mit neuem Intro kündigt sich der Headliner Deep Purple an. "Mars, The Bringer Of War", lässt vermuten, dass es die Purpurnen allen Zweiflern kräftig zeigen wollen und mit "Aprés Vous", aus dem neuen Album "Now What!?" schlägt das Quintett gleich mächtig zu. Live präsentiert, hört sich der Song deutlich besser als auf der CD an, die mich im Gesamten nicht überzeugt hat. Heute Abend spielt die Band vier Stücke daraus und wie es der aufmerksame Leser erkennen wird, sind es diese vier, die bei den meisten Fans am häufigsten im Gespräch waren. Darunter sind Meinungen, die von Unverständnis über lange Gesichter bis hin zur Verzweiflung reichen. Alle, darunter auch ich, werden in den kommenden zwei Stunden eines Besseren belehrt.
Deep Purple Ich wage mich, bei meinen Ausführungen lediglich den direkten Vergleich zum Vorjahr anzustellen. Langsam sollte sich auch der letzte Hardcore-Fan damit abfinden, dass ein Herr Ritchie Blackmore nie mehr zurückkommen wird. Er lebt ja bekannterweise inzwischen glücklich und zufrieden in seinem eigenen kleinen 'Sherwood Forest'. Da uns zudem Jon Lord im vergangenen Jahr gen Himmel verlassen musste, ist diese Hoffnung nun ebenfalls beendet.
Waren es im Vorjahr noch unendliche musikalische Eskapaden der beiden 'Neuen', Steve Morse und Don Airey, so haben sie sich in diesem Jahr völlig integriert und ich sehe sie heute als Bereicherung. Morse unterlässt seine Hinweise auf seinen Sidekick Flying Colors ebenso, wie Airey seine unnötigen Synthesizer-Spielereien. Er nutzt endlich mehr die gute alte Hammond und deren Sound dröhnt nur so durch die Halle. Ian Gillan wirkt deutlich frischer und entspannter und ist sich auch nicht mehr zu schade, um ein gepflegtes Witzchen mit Deep Purple britischem Humor zu reißen. Einziges Handicap, das er aber mit keiner einzigen Silbe erwähnt, ist eine Beinverletzung linksseitig. Er trägt einen großen Stützstiefel und humpelt oft über die Bühne. Einen für ihn bereitgestellten Barhocker, nutzt er nur einmal - während der Zugaben. Tapfer der Mann und zudem bei bester Stimme, wie seine Ausflüge in höchste Höhen beweisen, als er "Lazy" und "Space Truckin'" fast wie in jungen Jahren singt. Roger Glover zeigt sich ebenfalls jung geblieben wie eh und je, beackert seinen Bass unermüdlich und posiert sogar des Öfteren für die Zuschauer. Ebenfalls wie ausgewechselt ist die 'Maschine' hinter Ian Paice' brillantem Silversparcle Drumset mit "Now What!?"-Logo. Er schnappt beim Spielen zwar immer noch nach Luft, hat aber viele Kilo abgespeckt und spielt dementsprechend agil. Ihn zu beobachten ist jedes Mal eine Freude, und weil auch er nicht weiter in der Vergangenheit leben möchte, hat er sich ein nettes Gimmick einfallen lassen. Während seines Solos bei "The Mule" spielt er im abgedunkelten Saal mit Leuchtdiodensticks - optisch und natürlich spielerisch ein echtes Highlight. Kein langweiliges Heruntergedresche wie im letzten Jahr, sondern Kreativität, Ausdrucksstärke und enorme Freude an der Sache. Im Ganzen ist Deep Purple wieder topfit und strotzt vor Lust, endlich zeigen zu dürfen, was noch immer in ihnen steckt.
Deep Purple Nach zwei älteren Songs steht erneut ein neuer Titel auf dem Programm. Es ist der, welcher bei mir Unverständnis ausgelöst hat. "Vincent Price", Klassiker der Gruselszene, wird in diesem Werk gehuldigt und auch der Song kommt mit passender Beleuchtung viel interessanter rüber als auf der CD. Ich selbst kann mich zwar immer noch nicht dafür begeistern, aber das Publikum scheint ihn zu mögen und nur das zählt. Ich freue mich deutlich mehr über "Strange Kind Of Woman". Man braucht dazu nicht viel Worte. Der Song ist klasse wie in alten Zeiten interpretiert, über die ich ja nicht mehr reden wollte.
Deep Purple Die Phase der Solisten beginnt und als erster darf Morse in die Saiten greifen. "Contact Lost" mit angefügtem Solo, "Uncommon Man" und "Well Dressed Guitar" sind sein persönlicher Teil der Show. Morse nutzt ihn, aber gibt nun nicht mehr den Selbstdarsteller. Heute ist er voll und ganz ein 'Purpurner', der mit seinem Gitarrenspiel den Weg für Ian Paice ebnet, um in "The Mule" mit den erwähnten Sticks für den nächsten Leckerbissen zu sorgen. Währenddessen nutzt Gillan die Chance zum Kleiderwechsel und für einen Earl Gray Tea hinter der Bühne, um seine Stimme zu ölen, denn es stehen erneut zwei neue Songs auf dem Programm. "Above And Beyond" und die Single-Auskoppelung "Hell To Pay", nur unterbrochen vom zeitlosen Klassiker "Lazy". Auch diese beiden Neuen wirken live gespielt viel stärker und kommen im Saal sehr gut an. Ich bin wirklich überrascht, wie gut es Deep Purple verstehen, diese Titel so einzufügen, dass sie dem Deep Purple ungeübten Zuschauer überhaupt nicht auffallen. Das komplette Programm läuft derart fließend, dass es Gillan noch nicht einmal nötig hat, die neuen Tracks anzukündigen. Nur vor dem Keyboardsolo von Don Airey erinnert er in einer kurzen Rede an seinen großen Kollegen Jon Lord, der währenddessen auf den beiden Leinwänden links und rechts der Bühne dargestellt wird. Es ist der emotionalste Moment der Show, der aber schnell verfliegt, als Airey den Berliner Gassenhauer "Das ist die Berliner Luft" anklingen lässt. Eine schöne Geste an unsere Stadt, die er anscheinend sehr liebt, denn am folgenden Abend wird er im Quasimodo beim Gig von Randy Hanson gesichtet.
Reibungslos geht das Solo in meinen nächsten Lieblingssong über. "Perfect Strangers" beginnt mit der tierischen Hammond und ich habe Gänsehaut. Jedesmal, wenn ich das Stück höre, habe ich das Reunion-Konzert von 1986 in Nürnberg vor Augen. Siebendundzwanzig Jahre später ist es immer noch mein Favorit der neueren Purple-Generation und in Anbetracht der Wucht, mit der der Song durch die Halle fegt, ist zumindest mein Abend ebenfalls 'perfect'. Die letzten Deep Purple beiden Titel des Hauptprogramms sind dagegen für mich schönes schmückendes Beiwerk. "Space Truckin'" wird von Jahr zu Jahr kürzer und "Smoke On The Water" hat schon lange seinen Reiz verloren, da es ständig in irgendeinem Radiosender läuft oder von tausenden Bands gespielt wird.
Auf in die Endrunde - Gillan im weißen glitzernden Dinner Jackett. Zwei Zugaben, "Hush" und "Black Night" unterbrochen von Glovers Solo, sind angesetzt. Erneuter Klamottenwechsel bei Gillan. Nun muss der Schwarze her, mit weißem Hemd und aufgedruckter Fliege. Auch hier komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Elegant der Mann, der sonst nur schlabberige Shirts trägt. Die Musik ist trotzdem deutlich besser als sein aufgesetztes Outfit. Jahrelang mühseliges Pflichtprogramm spielen Deep Purple heute beide Songs, als würden sie zum ersten Mal auf dem Programm stehen. Jeweils auf fast zehn Minuten ausgedehnt, mit tollen Gitarrenriffs und Deep Purple Keyboardeinlagen verschönt und aufgepeppt, erklingen beide im völlig neuen Gewand. Gillan gibt dabei noch einmal alles und verblüfft nun endgültig alle, die an der Stärke seiner Stimme gezweifelt haben. Die Band und er sind wieder voll da. Auch als sie sich von der Bühne verabschieden, geschieht dies nicht einfach so wie gewohnt, nach dem Motto 'Ab ins Dunkle und weg bin ich', sondern es gibt Geschenke für die Fans, Gemeinschaftsverbeugung mit der Aussicht auf weitere schöne Jahre und noch ein paar Späßchen von Glover und Paice.
Mein Frust, übrig geblieben vom letzten Jahr, und meine Skepsis haben sich völlig gelegt. Erstes Zögern, das Konzert überhaupt zu besuchen, hätte ich mit Sicherheit bereut. Der Auftritt gibt mir Mut und Hoffnung auf ein Wiedersehen demnächst in unserer Stadt. Vielleicht sogar erneut mit neuem Material, wer weiß. Deep Purple haben eindeutig gezeigt, dass sie noch immer zu den ganz Großen gehören, also "Now What!?".
Peter Frampton   Peter Frampton   Peter Frampton
Peter Frampton     Peter Frampton
Deep Purple   Deep Purple   Deep Purple   Deep Purple
Line-up Peter Frampton:
Peter Frampton (vocals, guitar)
Rob Arthur (guitar, keyboard, vocals)
Adam Lester (guitar)
Stanley Sheldon (bass)
Dan Wojciechowski (drums)
Line-up Deep Purple:
Ian Gillan (vocals)
Ian Paice (drums)
Roger Glover (bass)
Steve Morse (guitar)
Don Airey (keybords)
Setlist Peter Frampton:
01:Something's Happening
02:Doobie Wah
03:Lines On My Face
04:Show Me The Way
05:Double Nickels
06:Baby I Love Your Way
07:Black Hole Sun
08:Do You Feel Like We Do
Setlist Deep Purple:
01:Mars, The Bringer Of War (intro)
02:Aprés Vous
03:Into The Fire
04:Hard Lovin' Man
05:Vincent Price
06:Strange Kind Of Woman
07:Contact Lost
08:Guitar Solo
09:Uncommon Man
10:The Well-Dressed Guitar
11:The Mule
12:Above And Beyond
13:Lazy
14:Hell To Pay
15:Keyboard Solo
16:Perfect Strangers
17:Space Truckin'
18:Smoke On The Water

Encore:
01:Hush
02:Bass Solo
03:Black Night
Externe Links: