Das Album in der 'Mark IV'-Formation hat unser damaliger Kollege Jogi bereits vor vier Jahren hier vorgestellt, ein Jahr später gab es dann ein erstes Remaster. Nachdem schon die früheren Produktionen der Band im Rahmen eines 'Jubiläums' nochmals aufgelegt wurden, ist nun auch "Come Taste The Band" aus Anlass des '35-Jährigen' (der Erstveröffentlichung) in einer Doppel-Neufassung wieder erschienen. Damit sind die von EMI verlegten Alben komplett aufbereitet, lässt uns das Label wissen. Auf der ersten CD ist die Original-Platte als restaurierte, sprich nochmals remasterte Version enthalten, die in den Londoner Abbey Road Studios entstand. Ob das nun, wie aus Fan-Kreisen zu lesen ist, von den 2007 nicht auffindbaren Mastertapes erfolgte, kann ich den offiziellen Verlautbarungen nicht entnehmen. CD 2 enthält eine komplett neu abgemischte Version, die 'Caveman' Kevin Shirley hinzauberte und bei der Glenn Hughes die Aufsicht führte. Dazu gibt's drei Bonustracks von den damaligen Sessions (die US-Single-Version von "You Keep On Moving" und zwei unveröffentlichte) auf beiden Scheiben verteilt.
Ein gefundenes Fressen für die beinharten DP-Fans und Soundfreaks, die nun jeden Takt einzeln sezieren und mit der jeweils anderen Version, bzw. den früheren, vergleichen können. Erste Meinungen dazu sind bereits auf den einschlägigen Fan-Foren gepostet und die sind - natürlich - begeistert.
Nun, wir wollen uns dieses rockmusikalische Erbsenzählen nicht antun, zumal mir auch die vorherigen Datenträger fehlen, sondern uns auf einen Gesamteindruck beschränken.
Zum musikalischen: Natürlich hörte sich die Band nach den Umbesetzungen entscheidend anders an als zuvor. Allerdings keineswegs so, dass man das DP-Profil nicht mehr erkennen könnte. Bei ihrem 10. Studioalbum (Veröffentlichung 7.11.1975) präsentierte sich die Gruppe nicht mehr als das alte Hard Rock-Schlachtross, sondern öffnete sich moderneren Strömungen. Und es war nicht nur die Portion Funk, die hinzukam (wie landläufig zu lesen und was das ganze Soundgefüge aus meiner Sicht nur unwesentlich beeinflusste), sondern da sind auch noch andere stilistische Einflüsse, wie weißer Soul, Bluesiges und Typisches anderer Bands (auch früherer der Mitglieder) herauszuhören. Vor allem aber die ganz anderen Spielweisen, in erster Linie von Tommy Bolin an der Lead-Gitarre, der sich an allem möglichen orientierte, aber bestimmt nicht an dem bis dato dominierenden Blackmore. Dessen früherer Gegenspieler Jon Lord ist klar ins zweite Glied zurückgerückt, womit auch das zweite Trademark stark eingeschränkt wurde. David Coverdale ist jedoch noch ziemlich in der Gillan-Spur, was dann auch den Wiedererkennungseffekt mit aufrecht erhält. Dazu trägt noch entscheidend Ian Paice bei, dessen Monsterdrumming durch den neuen Partner Glenn Hughes eher noch mehr powert, der sich aber auch mit Bolin bestens verstand, wie in dem Bonus-Jam dokumentiert ist. Als weitere Neuerung kamen die alternativen Lead Vocals von Hughes hinzu. DP befand sich mit der kurzlebigen 'Mark IV'-Besetzung in einer Neuorientierung, was auf "Come Taste The Band" deutlich wird. Die vorwiegend von Bolin/Coverdale geschriebenen Songs stehen einerseits noch in der bisherigen DP-Hard Rock-Tradition, werden aber auch schon deutlich moderner. Das beste Beispiel ist wohl "I Need Love". Schade, dass diese Formation keine Chance hatte, denn das Album zeigte das mögliche Potential und ist in der Summe wirklich kein schlechtes.
Das reine Remaster auf CD 1 bringt schon ordentlich Bums in die Bude. Auch ohne den Vergleich mit früheren Versionen spricht ein druckvolles Soundbild für sich. Das Ergebnis kann sich auch nach heutigen Maßstäben hören lassen, obgleich die letzte Transparenz nicht erreicht wird und vor allem die Stimmen verschleiert klingen. Ohne den Parallel-Höreindruck zu der zweiten Abmischung auf der anderen Scheibe würde das Urteil wohl noch wohlwollender ausfallen.
Der Remix zeigt bereits beim ersten Höreindruck ein noch mal dynamischeres Soundbild in allen Bereichen. Die Instrumente klingen wesentlich präziser und sind klarer voneinander getrennt, Effekte kommen prägnanter, offensichtlich sind auch einige bislang nicht verwendete Spuren dazugekommen. Der Bass donnert in der Magengrube und die Drumschläge, die öfters die Songs eröffnen, knallen förmlich aus den Boxen und reißen den Hörer aus dem Sessel (entsprechend angemessene Hard Rock-Lautstärke vorausgesetzt!). Wesentlich besser kommen nun auch die Vocals, da haben die Bänder offensichtlich genug Reserven gehabt. Nach meinem Empfinden hätten die Stimmen aber noch etwas mehr nach vorn geholt werden können. Die geringfügige Änderung der Trackliste und die Zugaben spielen wohl für die Musikkonsumenten keine große Rolle, wobei der Jam ein echter Fan-Bonus ist. "Always The Same in L.A." passt gut dazu, das rockt straight mit typischer Lord-Orgel. Ein etwas seltsamer Gimmick ist der unausgespielte Schluss von "Comin' Home", der im Original-Mix ausgeblendet wird.
Natürlich ist es interessant, die beiden Abmischungen, anno dazumal neu aufpoliert und nach heutigen Gesichtspunkten umgestrickt, miteinander zu vergleichen. Aber dieser Reiz wird selbst für die Freaks schnell vorbei sein und dann - so meine Prognose - wird nur noch die Shirley-Neufassung von 2010 in den Player wandern. Im dicken Booklet kann man die Geschichte der 'Mark IV'-Besetzung und dieses Albums nachlesen, was das positive Gesamtbild abrundet.
Deep Purple ist ab 13. November wieder auf Tour in Deutschland.
Line-up:
Tommy Bolin (guitars, vocals)
David Coverdale (vocals)
Glenn Hughes (bass, vocals)
Jon Lord (keyboards)
Ian Paice (drums)
Tracklist |
CD 1:
01:Comin' Home
02:Lady Luck
03:Gettin' Tighter
04:Dealer
05:I Need Love
06:You Keep On Moving
07:Love Child
08:This Time Around
09:Owed To G
10:Drifter
11:You Keep On Moving (single edit)
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CD 2 (2010 remix by Kevin Shirley):
01:Comin' Home
02:Lady Luck
03:Gettin' Tighter
04:Dealer
05:I Need Love
06:You Keep On Moving
07:Love Child
08:This Time Around
09:Owed To G
10:Drifter
11:Always The Same In LA (unreleased title)
12:Bolin/Paice Jam (unreleased title)
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Externe Links:
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