Man könnte annehmen, dass sich die Rauchschwaden über dem Genfer See noch nicht ganz verzogen haben. Denn zum 40. Montreux-Festival war es mal wieder so weit, dass Deep Purple als Headliner gebucht wurden. Und natürlich kann man sich diesen Auftritt jetzt auch wieder ins heimische Wohnzimmer holen. Das Ganze in blendender Sound- und Bildqualität, und wem die DVD nicht reicht, der möge sich zusätzlich noch die CD kaufen, um ein weiteres Audio-Zeugnis sein Eigen zu nennen.
Man muss an dieser Stelle auch nicht darauf hinweisen, dass Deep Purple mit ihrer offensichtlich nie endenden Bandstory zu den einflussreichsten Bands überhaupt gehören. Wer weiß das denn nicht ohnehin schon? Also beschränken wir uns auf das, was sich geändert hat. Es ist nicht verwunderlich, dass Deep Purple zum einen natürlich das aktuelle Studioalbum Rapture Of The Deep in den Mittelpunkt ihrer Show stellen. Auf der anderen Seite finden wir, wie eigentlich auf fast allen Live-Neuerscheinungen dieser Formation, einen Teil der Machine Head-Klassiker. Noch mal die Frage: Was ist diesmal anders?
Ach ja, an den Ausstieg von Ritchie Blackmore haben sich wohl inzwischen die meisten Purple-Fans gewöhnt. Was blieb ihnen auch anderes übrig? Und man kann sich mit dem Umstand, dass es keine Skandale mehr zu verzeichnen gibt, ja auch ganz gut anfreunden. Dabei war früher so manche Show für eine unerwartete Überraschung gut. Einlagen, von denen nicht mal die Bandmitglieder etwas wussten, findet man nicht mehr vor. Nun, für die ruhigeren Gefilde hat Saitenschwinger Steve Morse ganz sicher gesorgt.
Tja, jetzt ist auch Tastenspezialist Jon Lord von Bord gegangen. Das wussten wir seit dem letzen Studioalbum. Und mal ehrlich: Man scheint sich in diesen Kreisen die Klinken gegenseitig in die Hand zu drücken. Und seien wir noch ehrlicher: Mit Don Airey hat man ja auch wahrlich einen sehr guten Mann ins Line-up geholt. Okay, er kommt nicht ganz so nostalgisch wie Bruder Lord rüber, und er hat meines Erachtens auch nicht diese Ausstrahlung. Aber er kann sensationell spielen, was er hier auch beweist. Denn so richtige Unterschiede kann man im Vergleich zu seinem großen Vorgänger nicht hören. Also wüsste man es nicht, wir würden es wahrscheinlich kaum merken.
Zur Musik: Das ganze Konzert wird auf einer aufgeräumten Bühne präsentiert, Roger Glover wirkt etwas mehr im Hintergrund. Dabei scheint er ganz besondere Spielfreude zu haben. Zusammen mit Ian Paice am Schlagzeug sind die Beiden nach wie vor eine unglaubliche Groove-Maschinerie. Dass Steve Morse eben doch eine andere Art von Gitarrenspiel drauf hat, merken wir bei den neueren Tracks seit dem Album "Purpenducilar" kaum. Songs wie "Pictures Of Home" oder auch "Rapture Of The Deep" klingen so, wie wir es erwarten. Gekonnt, abgebrüht und professionell. Anders verhält es sich bei den bereits erwähnten Klassikern. "Strange Kind Of Woman" rockt natürlich, dass die Schwarte kracht, "Lazy" ist nach wie vor ein verrücktes und geiles Stück, "Space Truckin'" lässt kaum ein Auge trocken. Die gespielten Soli von Morse gefallen mir dennoch nicht so gut wie vom 'üblen' Blackmore.
Vielleicht ist sich Herr Morse darüber im Klaren, denn wir haben ihm ja schon mal zu Gute gehalten, dass er Ritchie nicht einfach imitieren will und dieses wohl auch nicht kann. Dafür lässt er sich etwas einfallen. In Absprache mit der Band hören und sehen wir nun ein neues Intro zu "Smoke On The Water". Zusammen mit Don Airey und Ian Paice werden hier swingende und jazzige Einlagen geboten, die dann unweigerlich in den uns bekannten Mörderriff übergehen, den kein Verkäufer im Gitarrengeschäft mehr hören kann.
Also, es gibt hier die eine oder andere versteckte Besonderheit. Und wem das nicht reicht, der bekommt auf der zweiten DVD ein Programm aus London geboten. Diese Show wurde im Hard Rock-Cafe aufgenommen. Es herrscht Clubstimmung und Deep Purple eröffnen die Show mit "Fireball". Gott sei Dank spielt Ian Paice für gewöhnlich ein
recht kleines Drumset, dafür steht auf der kleinen Bühne die Hammond von Don Airey in voller Pracht da. Musikalisch unterscheidet sich der Clubgig nicht vom großen Konzert in Montreux, die Songauswahl ist fast identisch. Und auch die Art und Weise der Präsentation.
Die CD ist natürlich gekürzt, 12 Songs reichen für den Genuss im CD-Player. Einziges Manko der ganzen Geschichte: Mr. Ian Gillan hat Probleme in den hohen Gesangslagen. Mich persönlich stört es nicht mehr. Waren diese kleinen Unzulänglichkeiten früher vermutlich auf die ungesunde Lebensweise zurück zuführen, so kann man dies nun auf das
fortschreitende Alter des Künstlers schieben. Obwohl, so richtig alt ist er auch nicht, oder? Egal, Ian Gillan ist Deep Purple und wird es vermutlich bleiben, so lange er möchte. Und ich glaube ganz fest, dass die Band einen weiteren prominenten Weggang auch nicht verschmerzen könnte. Warum denn auch, denn seit dem Abgang von Ritchie Blackmore herrscht Einigkeit und Seeligkeit. Wie langweilig!
Diese Veröffentlichung von DVD und CD ist wie gewohnt sehr gut. Der Purple-Fan muss für sich selbst entscheiden, ob er sie braucht und die Kohle investiert.
Line-up:
Ian Gilan (vocals)
Steve Morse (guitars)
Roger Glover (bass)
Don Airey (keyboards)
Ian Paice (drums)
Tracklist |
DVD 1 - Live At Montreux 2006:
01:Pictures Of Home
02:Thing I Never Said
03:Strange Kind Of Woman
04:Rapture Of The Deep
05:Wrong Man
06:The Well-Dressed Guitar
07:Kiss Tomorrow Goodbye
08:When A Blind Man Cries
09:Lazy
10:Keyboard Solo
11:Space Truckin'
12:Highway Star
13:Smoke On The Water
14:Hush
15:Too Much Fun
16:Black Night
Specials:
Interviews
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DVD 2 - Hard Rock Show:
01:Fireball
02:I Got Your Number
03:Strange Kind Od Woman
04:Kiss Tomorrow Goodbye
05:Lazy
06:Rapture Of The Deep
07:Wrong Man
08:Perfect Strangers
09:Highway Star
10:Smoke On The Water
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CD - Live At Montreux 2006:
01:Pictures Of Home
02:Thing I Never Said
03:Strange Kind Of Woman
04:Rapture Of The Deep
05:Wrong Man
06:Kiss Tomorrow Goodbye
07:When A Blind Man Cries
08:Lazy
09:Keyboard Solo
10:Space Truckin'
11:Highway Star
12:Smoke On The Water
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Externe Links:
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