Dekadent / Venera: Trial & Tribulation
Venera: Trial & Tribulation Spielzeit: 53:07
Medium: CD
Label: G-Records, 2011
Stil: Avantgarde Black Metal

Review vom 21.02.2011


Andrea Groh
Venera ist russisch (in Originalschreibweise: Венера) und bedeutet Venus. Mehrere russische Raumsonden, die zum Planeten Venus gesandt wurden, trugen diesen Namen.
Wenn ich mir jedoch das Covermotiv der neuen Dekadent mit der unbekleideten geflügelten Dame ansehe, vermute ich eher, dass hier an die römische Liebesgöttin gedacht wurde.
Neue Dekadent? Ja, tatsächlich. Gut drei Jahre nach The Deliverance Of The Fall gibt es ein neues Werk von Artur Felicijan.
Gleich vorweg: er hat gar nicht erst probiert, den Vorgänger, der ein Meilenstein des symphonischen Black Metals war, zu übertreffen, indem er versucht hat, ihn zu wiederholen, was zu einer Kopie oder gar einem schwachen Abklatsch hätte führen können.
"Venera: Trial & Tribulation" ist anders und doch unverkennbar Dekadent. Vielleicht etwas näher am Debüt Manifestation Of Seasonal Bleeding, vor allem jedoch eine Weiterentwicklung, eine neue musikalische und emotionale Facette.
Kam "Manifestation Of Seasonal Bleeding" noch auf gewisse Weise unschuldig und naiv daher, war "The Deliverance Of The Fall" ein Wechselbad der Gefühle, geprägt von tiefem Schmerz des Verlustes, der in Hass umschlägt. "Venera: Trial & Tribulation" geht einen Schritt weiter: Das Durchleben und schließlich Überwinden der Krise führte zu einem Reifeprozess, zu einer Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Die Vergangenheit und das Leiden sind nicht vergessen, aber scheinen verarbeitet worden zu sein.
Dadurch wirkt die Musik im Verhältnis zu früher mehr auf die Gegenwart gerichtet, lebensbejahender, diesseitiger und wärmer. Wobei sie immer noch meilenweit entfernt von oberflächlicher Party-Stimmung ist - und das ist gut so. Das Feuer des Zorns bleibt erhalten und lodert immer noch, dennoch ist der Blick positiver:
»Today we stand, today we cannot fall, today the will is strong« verkündet uns der erste Song "Thralldom Decree" ("The Wound" ist ein instrumentales Intro), wobei offen bleibt, welcher Knechtschaft genau hier entkommen wurde.
Dekadent stehen nach wie vor für anspruchsvollen Metal, der seine schwarzen Wurzeln mit dramatischen und emotionalen Momenten ergänzt, daraus etwas Eigenständiges und Faszinierendes erschafft.
Auch wenn ich mir etwas mehr symphonische Parts erhofft habe und dieses Mal nur das Intro und der Titeltrack "Trial & Tribulation" Instrumentalstücke sind, respektiere ich Arturs Weg völlig. Es ist seine Welt, sein derzeitiges Empfinden, was hier eingefangen wurde und an dem er uns teilhaben lässt.
Dieses Mal geht er dabei relativ flott zu Werke ohne in blinde Raserei zu verfallen. "Venera: Trial & Tribulation" fängt echte lebendige Wut ein, zügelt und kontrolliert sie, kombiniert sie mit Elementen von epischer Erhabenheit und verwandelt sie in ein Manifest voller Kraft. Dies strahlt mehr Macht aus und ist auf gewisse Weise mehr Black Metal als aufgesetztes 'Böse sein'.
Wobei Dekadent sowieso nicht in die Klischee-Schubladen mancher Spartendenker passen (und es auch gar nicht wollen), sondern erneut ihre eigene Vision verbreiten.
Diese entfaltet ihre Wirkung - wie bereits zuvor - als Gesamtklangbild, daher verzichte ich darauf, näher auf einzelne Songs einzugehen oder Spieltechniken zu beschreiben, das würde mir irgendwie unangebracht trivial erscheinen - es werden die genreüblichen Stilmittel verwendet, aber auf die bandeigene Weise variiert.
Dekadent waren und bleiben auch auf ihrer aktuellen Scheibe eine Klasse für sich. Das überraschte Staunen, in welches mich "The Deliverance Of The Fall" versetzt hat, lässt sich nicht reproduzieren - irgendwie logisch, da ich nun mit der Musik vertraut bin.
Obwohl "Venera: Trial & Tribulation" diesen Moment nicht wiederholen kann, handelt es sich um eine sehr starke und beeindruckende Scheibe. Mit der manche, denen der Vorgänger zu soundtrackmäßig und ruhig daherkam, vielleicht besser zurechtkommen, womit die Slowenen neue Fans gewinnen könnten, während sie gleichzeitig die alten behalten. Dekadent manifestieren hiermit ihre Ausnahmeposition in der Szene.
Line-up:
Artur (vocals, guitars, FX)
Gajwasz (guitars)
Naur (bass)
Typh (drums)
Tracklist
01:The Wound
02:Thralldom Decree
03:Raided
04:Paramours In Vain
05:Beautiful Fire
06:Craven
07:False Endearment
08:Providential Love
09:Sunday's Lament
10:In Pulchritude Adorned
11:Trial & Tribulation
12:Day Of Solace
Externe Links: