Wenn nach zirka fünfundvierzig Sekunden der gemeinsame Gesang von Aret Madilian und Beatrice Valantin im Opener "Moon" einsetzt ist dem kundigen Hörer eines sofort klar. Die Stimmen klingen wie die der The Walkabouts-Mitglieder Carla Torgerson und Chris Eckman. Auch das schwebende Ambiente mit seinen hypnotischen Gitarrenschleifen ist den amerikanischen Alternativ-Rockern ähnlich. Allerdings bringt die Kapelle einen Klangerzeuger auf den Plan, den man wohl ziemlich selten im Zusammenhang mit diesem Genre hört. Es ist die Duduk, ein armenisches Holzblasinstrument, das den Sound von Deleyaman auf besondere Art und Weise beeinflusst.
Die Gruppe wurde 2000 gegründet und hat seitdem schon einige Tonträger auf den Markt gebracht. Nicht besonders fantasievoll wurden die Alben "00/1" (2001), "Second" (2003), "3" (2006)", "Fourth, Part 1" (2009) und "Fourth, Part 2" (2011) genannt.
Folglich haben wir es bei der Platte mit dem aussagekräftigeren Titel "The Edge" mit dem sechsten Album von Deleyaman zu tun.
Der Verweis auf The Walkabouts relativiert sich aber relativ schnell. Die bewegende Musik der Gruppe hat trotz eines verhaltenen Tempos Ecken und Kanten. Ein besonderes Lob gehört dem feinfühligen Händchen für die Arrangements. Mal ist es das Piano, mal die Gitarre und dann klangfüllende Instrumente, die sich gar nicht so genau zuordnen lassen. Außerdem singt Deleyaman nicht ausschließlich in englischer Sprache, denn »french lyrics on murdered days und julliet by Rabîndranâth Tagore ' Gitan jali', 1970. excerpt from the french version L'Offrande lyrique translated by André Gide, NRF, 1963 (Poem 92 p. 119) & (Poem 84 p. 127).« Der Text zu "Cygnus" ist ein von Cody G. Gates geschriebenes Gedicht und schließlich enthalten die Zeilen von "Ethernal Dances" Auszüge von Edgar A. Poes Gedicht "To One In Paradise".
Natürlich lässt der in französischer Sprache intonierte, phasenweise auch als Sprechgesang dargebotene, Text aufhorchen. Beatrice Valantin hat eine faszinierende Stimme und Aret Madilian setzt dann mit englischen Reimen fort. Aus meiner Sicht ist "Murdered Days" das erste Highlight der vorliegenden Platte und man darf gefasst darauf sein, dass es im weiteren Verlauf noch weitere Höhepunkte geben wird.
Bei "Castles In The Sand" stellt man den eigenwilligen Rhythmus in den Vordergrund und schließlich ist hier die Duduk abermals tonangebend. Die perlenden Pianoläufe bieten einen wunderschönen Kontrast zur übrigen Stimmung und gesanglich presst man die Melancholie aus der letzten Pore der Stimmbänder. Herrlich! So entstehen ganz besondere Schlösser im Sand. So vergänglich und doch beständig.
Wenn aus dem musikalischen Verständnis der Band heraus "Mental Horizon" rockt, dann ist "Weight Of Things" die ultimative Ballade. Geflüsterter und elfenhafter Gesang macht Gänsehaut und das Piano ist außer Stande, die Tränen der Sehnsucht zu trocknen:
»[...] I came tot he place
where the sun's late shade
cast its spell against the lake
and you stood there on its shore's edge
called my name
I couldn't hear you call my name«
Dieses Stück ist die hohe Kunst der verlangsamten Emotionen. Unpassend, weil so nüchtern ausgedrückt, aber "Weight Of Things" ist das Highlight.
Auch wenn "Softly" gleich darauf die nächste Ballade ist, kann sie die Klasse des Vorgänger-Songs nicht toppen.
Ein Ausreißer bezüglich der Spielzeit ist "Beatrice 1". Oh, da sind sie wieder, das gar schön rockende Schlagzeug und der elfenhafte Gesang. Man strapazierte diese Art nicht zu sehr, zumal die weibliche Stimme jetzt quasi ohne Worte erklingt. Diese Nummer vereint Deleyaman-Ambiente mit treibender Rhythmik und es funktioniert tatsächlich.
Auf "The Edge" kreiert die Band Stimmungen, die man nicht alle Tage hört, aber sich alle Tage mit Freude gönnen kann, wenn man das Album in der Sammlung hat.
Line-up:
Aret Madilian
Beatrice Valantin
Gerard Madilian
Mia Bjorlingsson
Tracklist |
01:Moon (5:05)
02:Murdered Days (4:18)
03:Hey Now (4:04)
04:Castles In The Sand (5:05)
05:Mental Horizon (4:52)
06:Weight Of Things (4:46)
07:Softly (3:10)
08:Ethernal Dances (4:06)
09:Thousand Days (3:02)
10:Cygnus (3:11)
11:Juillet (1:34)
12:Beatrice 1 (7:27)
13:Outspoken (5:34)
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