Ein gutes halbes Jahr ist es her, dass diese fünf Jünglinge barfuß über Europas Bühnen rockten und uns ihren Delta Blues nahebrachten. In ihrer Heimat Nashville, überhaupt in den Staaten, haben sie schon eine große Schar an Fans und man traut es diesen Kerlen allein schon wegen des fehlenden Lebensalters gar nicht zu, mit so viel Gefühl und gereift scheinender Leichtigkeit auch ältere Hörer zu packen - wer sie seinerzeit live bewundern konnte, wird zustimmend nicken müssen. An wem allerdings die Tour vorübergegangen ist, dem kann nun geholfen werden, denn in der Bonner Harmonie war man so umsichtig, das Konzert vom 19.10.2011 mitzuschneiden. In einer (offensichtlichen?) Eigenproduktion entstanden, wird dieses nun als DVD für die Freunde des Southern Soul vertrieben.
Keine Menüauswahl, keine Titelselektion, kein Intro, null Info - reinschieben und loslegen - so kommt die DVD in einer schlichten Papphülle im Retro-Design daher, bietet auf der Rückseite gerade mal die Trackliste und den o. a. schönen Zusatz. Bisschen mau das, aber die inneren Werte zählen ja bekanntlich und denen wollen wir uns mal widmen. Wie gesagt, es geht direkt los. Von Drummer
Benjamin Azzi kurz 'angezählt' setzt ganz schnell die Band ein und
Ben Ringel, Dobro-spielender Sänger, legt mit den ersten Zeilen von "Cigarette" los. Man muss es sehen, um zu glauben, dass dieser Knabe nicht mindestens 20 Jahre älter ist, so eine Stimme hat der. Alles wird fortwährend untermalt von der passenden Slide-Gitarre
Dylan Fitchs sowie der Blues Harp des
Greg Hommert, der ebenso wenig mit Schuhen bekleidet ist wie auch seine Mitspieler.
Ronnie Van Zant sagte ja mal auf die Frage, warum er denn immer barfuß auftrete:
»So I can feel the stage burn!« Ob das hier auch die Intention ist, entzieht sich meiner Kenntnis, aber man möge mich einfach mal in dem verklärten Glauben lassen.
Auch der zweite Song "Voodoo Walk" knallt gut rein, ebenso wie alle folgenden, und dem Bonner Publikum scheint es zu gefallen. Überhaupt erweist sich dieses als durchweg gefälliges Publikum, das die Darbietung der fünf Jungs aus Tennessee an jenem Oktoberabend in Bonn absolut zu würdigen weiß; kurze Schwenks mit einer der Kameras unterlegen das deutlich. Und die Band lässt sich nicht lumpen, bringt ihren fast noch jugendlichen Charme in dieses manchmal etwas überaltert erscheinende Genre des Delta Blues. Immer wieder 'treibt' die Rhythmusabteilung, namentlich
Ben Azzi die Kollegen mit der Trommel oder auch einem Händeklatschen voran. Man möchte sich fast in einer alten Kaschemme irgendwo in den Backwoods von Tennessee oder Louisiana wähnen, schwere, schwüle Luft, kaltes Bier und dazu diese Musik. Die Beleuchtung an diesem Abend tut ihr Übriges dazu, eine derartige Atmosphäre aufzubauen. Der Betrachter bekommt einen guten Querschnitt des bisherigen Schaffens geboten, selbstverständlich einige Songs aus der in Eigenproduktion entstandenen EP
A Bird Called Angola inbegriffen. Aber neben ihren Eigenkompositionen greifen sie auch auf zwei Werke namhafter musikalischer Vorbilder zurück.
Otis Redding stand Pate für ihre Interpretation des 68er-Songs "Hard To Handle" und die beiden
Pilzköpfe Lennon/
McCartney schrieben mit "Come Together" seinerzeit einen Welthit, der hier gleichzeitig als letzter Song der DVD fungiert und die Harmonie in Bonn noch einmal kochen lässt.
Wer die jungen Blueser im vergangenen Jahr nicht live erleben konnte, dem sei die Scheibe wärmstens ans Herz gelegt. Natürlich darf sie für alle anderen Liebhaber dieses Genres als kleiner Appetithappen auf die anstehende Europa-Tournee dienen, denn die Delta Saints sind gerade im Begriff, ihre Koffer zu packen und den Flieger über den großen Teich zu nehmen. Teenage Head Music (wer sonst) hat sie für eine umfangreiche Reise durch unsere Gefilde gebucht und da springen auch ein paar Termine in Reichweite unserer Leserschaft bei raus. Ich verweise auf meine weiter oben angeführten Worte, was die Ausstattung der DVD anbelangt. Menüwahl, technische Details, sonstige Info oder sog. Bonusmaterial (ein für mich übrigens häufig völlig inflationär verwendeter Begriff) - alles Fehlanzeige. Das soll aber den eigentlichen Genuss am Inhalt der Dokumentation der Show in keiner Weise schmälern - es handelt sich nun mal um einen authentischen Konzertmitschnitt und nicht um eine überproduzierte Angelegenheit, Punkt!