Heavy Metal hat einfach viel mit Klischees zu tun. Ein finster geflügelter, schwarz-weiß-grauer Sensenmann in 'ner Mondlandschaft ziert das Cover der jungen Tiroler Schwermetallschmiede Desert Sin. Und spätestens beim Titel der Platte, "The Edge Of Horizon", fällt bei mir der Entschluss, mir beim Durchhören mal eine Edelstahltafel zur Hand zu nehmen und darin eine Strichliste der meistbenutzten Metal-Fachbegriffe einzuritzen. Here we go:
Shadow |
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Power |
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Darkness |
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Curse |
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Redeem / Redemption |
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Songtitel und wiederkehrende Textpassagen natürlich nicht mitgezählt ...
Die Spitzenreiter der Heavy-Hitliste tauchen in mannigfaltigem semantischem Kontext auf: »Beware Of The Mighty Shadow«, »The Empire Of Shadows Soon Will Be Here«, »His Power Shall Arise The Shadows«, »The Power Of The Living Dead« usw.
Aber auch beliebte Ausdrücke wie »Hell«, »Glory«, »Eternity«, »Fire«, »Force«, »Destiny«, »Night«, »Evil«, »Darkness« und »Forever« erfreuen sich großer Beliebtheit, ebenso wie Klassiker-Pärchen der Marke »Bloody Spell«, »Faces Of Fear« oder »Raging Beast«.
Und das, was da aus den Boxen ballert, passt dazu wie Arsch auf Eimer: Mammutschwerer, pumpender Heavy Metal mit treibenden Riffs, epischer Anmutung, viel Gitarrenarbeit und ein bisschen atmosphärischer und pianistischer Keyboardunterstützung. Da freuen sich Klassik-Kopfwackler mit Jahrzehnte alten, völlig verwaschenen Priest- und Saxon-T-Shirts genau so wie Nachwuchs-Nackenwipper, die mit Bands wie Hammerfall oder Jacobs Dream schwermetallisch sozialisiert worden sind.
Dabei kann das Tiroler Quintett Song für Song immer wieder eigene Stärken ausspielen. Desert Sin stehen für abwechslungsreiches Songwriting. Die meisten Stücke sind trotz kompakter Spieldauer kleine epische Rohdiamanten. Es gibt zahlreiche atmosphärische und rhythmische Wechsel, es wird auch mal ein wehmütiger Clean-Gitarren-Part eingebaut; den obligatorischen Double Bass gibt es in vielen Geschmacksrichtungen, von brachial ballernd bis soft und superlangsam als als Unterlage für Pathos-erfüllte Soli der Lead-Gitarren, die ohnehin eine breite Palette an klasse Melodien abliefern, auch schon mal parallel zum Lead-Gesang.
Leicht vertrackt, episch angehaucht und mit Melodien, Riffs und Hooks zum Zungeschnalzen erinnern Desert Sin stellenweise auch an ihre alpinen Landsmänner von Serenity, wenn sie auch unterm Strich stärker den stählernen Atem des True Metal ausschnaufen. Eine sehr positive Erscheinung, die nicht unerwähnt bleiben darf, ist Sänger und Frontmetaller Sandro Holzer. Der zeigt sich erstaunlich facettenreich, von ganz cleanem und wehmütigem Gesang bis hin zu fiesem Geshoute. Dabei klingt er in jedem Ton ganz wie er selbst, will nicht Dickinson, Halford oder sonstwer sein.
Das alles macht das harte Trockenfutter von Desert Sin hörenswert und sympathisch... und nicht zuletzt zu einem Beispiel dafür, dass Klischees eine extrem unterhaltsame Angelegenheit sein können - zumal die Jungs mit Sicherheit nicht jede Textzeile bierernst meinen. Willste Metal hören, willste Metal hören, verdammt! Geiles Scheibchen, bitte mehr...
Line-up:
Sandro Holzer (vocals, guitar)
Stefan Entner (guitar)
Rainer Fischer (bass)
Roman Fischer (keyboard)
Harald Vogl (drums)
Tracklist |
01:Shadow Queen (4:33)
02:Temple Of The Shadow (4:39)
03:The Summoner (4:07)
04:Ice And Fire (4:45)
05:Edge Of Horizon (4:55)
06:Tears In A Prophet's Dream (4:31)
07:Heal My Soul (3:11)
08:Pharao (6:15)
09:Gothic (5:46)
10:The Enemy (4:16)
11:Curse Of Mamulon (5:51)
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