Können CDs schizophren sein, so unterschiedliche Gesichter zeigen? Der Silberling der Dirty 30s aus Missouri ist so ein Fall für die Rock-Psychiatrie. Die eine Hälfte der Songs gut bis ordentlich, die andere schlecht bis ... (das fehlende Wort bleibt der grenzenlosen menschlichen Fantasie überlassen). Oder ist alles doch nicht so simpel, schwarz und weiß, gut und schlecht? Eins zieht sich aber wie ein roter Faden durch die Scheibe: der schlechte Sound. Die Drums hören sich stellenweise arg schepprig an und der Klang der E-Gitarre ist oft eine wabernde Masse, unter der die akustische im Klang-Nirwana verschwindet. Da fragt man sich, was eine in der Roots-Szene so be- und anerkannte Figur wie Eric 'Roscoe' Ambel als Produzent - die Aufnahmen enstanden in seinem eigenen Cowboy Technical Services-Studio 2004/05 - betrieben hat?!
Sänger/Gitarrist/Bandleader Jason Riley plauderte im Gespräch mit einem amerikanischen Magazin aus dem Nähkästchen: »I guess if we practiced together we might be tighter or something«. Aha, so schaut's aus. Dann wird es langsam Zeit, Freunde. Oder ist man mit gemäß dem Garagen-Indie-Punk-Ethos - den man nur allzu oft bei sogenannten Roots Rock-Bands vorfindet - zufrieden mit dem beschränkten Haudrauf-Rock'n'Roll, den die schlechten bis ... Songs reflektieren? Kein Riff, Gitarrensolo, Refrain, nichts, was hängen bleiben könnte, das ist Songwriting zum Vergessen. Den meisten Stücken fehlt es einfach an einer Dynamik, die auch durch das schwache Spiel einer wenig spektakulären Rhythmussektion bedingt ist. So wird die Skip-Taste zum treuen Helfer bei wenig rootsigen Langweilern wie dem Opener, "How Long", "The Bridge" und "Justine". "The Crackle" und "Swampeast" machen schon eine bessere Figur, immerhin. Nur wenn die Gitarren mal einen ordentlichen Sound hätten - dieses undifferenzierte Geschrammel ist einfach nur nervtötend. Ein Fall für die Rock-Psychiatrie.
Auf der anderen Seite gibt es die ordentlichen bis guten Songs, die allesamt am guten alten Country orientiert sind, aber man merkt, dass sie von einer Rockband sind. Während "Country Song", nomen est omen, durch genretypische Licks und ein schönes Pianosolo Abwechslung bietet, aber unter einem unpassenden Gitarrensolo leidet, sind "Leatherskin Woman" und besonders "Slow Summer Night" die 'Daumen nach oben'-Songs der Platte, die auch mit einer gewissen melancholischen Atmosphäre aufwarten können, aber nach jeweils drei Minuten viel zu schnell zu Ende gebracht werden. Auch sonst ist das Album mit 35 Minuten ziemlich kurz geraten. Riley singt ausnahmsweise mal richtig, den ich glatt mit Carter Falco verwechselt hätte.
Zwei-drei ansprechende Songs haben bislang aus keiner Band Heilsbringer werden lassen und so bleibt einem nur noch die Hoffnung, dass die nächste Veröffentlichung der Gruppe um einiges besser gelingt. Die CD der Dirty 30s könnte höchstens etwas für Roots-Allessammler sein. Und ein Fall für die Rock-Psychiatrie. Ob die wohl helfen kann?
Line-up:
Jason Riley (vocals & guitar)
Brian Heuring (lead guitar)
Jeb Stewart Venable (bass)
Stu Faris (drums)
Matt Helderman (guitar)
Tracklist |
01:Rode Hard
02:Searchin'
03:The Crackle
04:Country Song
05:How Long
06:The Bridge
07:Local Anasthesia
08:Justine
09:Leatherskin Woman
10:Swampeast
11:Slow Summer Night
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