Domain / The Chronicles Of Love, Hate And Sorrow
The Chronicles Of Love, Hate And Sorrow Spielzeit: 61:24
Medium: CD
Label: Limb Music, 2009
Stil: Symphonic Metal

Review vom 24.03.2009


Boris Theobald
Domain sind eines dieser erfreulichen Beispiele für Bands, die sich einfach nicht kleinkriegen lassen! 1986 wurde die Gruppe - noch unter dem Namen Kingdom - von den damaligen Epitaph-Aussteigern Cliff Jackson und Bernie Kolbe gegründet und machte sich, seit 1989 als Domain, in den 80ern und 90ern einen guten Namen im Melodic Rock-Lande. Alben wie "Lost In The City" und "Crack In The Wall" besitzen in Insiderkreisen Kultstatus.
Erfolg und Misserfolg, Auflösung und Wiedervereinigung - Domain haben über die Jahre und Jahrzehnte mancherlei Höhen und Tiefen des Geschäfts mitgemacht. Und das Jahr 2009 wird dank "The Chronicles Of Love, Hate And Sorrow" ganz klar als ein Höhepunkt in die Band-Historie eingehen! Das nunmehr neunte Studioalbum der Band ist ein Prachtexemplar des symphonisch-bombastischen Melodic Power Metal (ja, es braucht schon ein paar Worte, um der Musik gerecht zu werden…).
Zudem ist das Teil auch noch ein Konzeptwerk geworden. Der neue Sänger und Texteschreiber Nicolaj Ruhnow hat sich ein wichtiges Stück deutscher Literaturgeschichte vorgenommen, das sich meines bescheidenen Wissens bis dato der musikalischen Verwurschtelung im Heavy-Sektor erfolgreich entziehen konnte: "Die Leiden des jungen Werther" aus Johann Wolfgang von Goethes 'Sturm und Drang'-Phase. Nicht nur lesen und schreiben, auch singen kann der Mann und erweist sich als 1A-Front-Sirene mit technischem Können in jeder Tonlage und markanter stimmlicher Präsenz, um dem furiosen Gitarren-Feuerwerk würdig Paroli zu bieten.
'Pyrotechniker' Axel Ritt - seit dem allerersten Album die einzige Konstante in der Band - frönt eindrucksvoll der hohen Gitarrenkunst und lässt mit Power und Geschwindigkeit den jungen Werther so richtig leiden. Tonnenschwere Heavy Metal-Riffs und hymnische Melodic Rock-Refrains kommen wie zum Beispiel bei "Picture The Beauty" oder "Sweeping Scars" in ein und demselben Song vor. In interessanter Manier verschmelzen dabei eindringliche Melodien im Stile dessen, was Michael Kiske inzwischen mit Place Vendôme abliefert und deutlich schwergewichtigeren, aggressiveren Einflüssen von Bands wie Judas Priest oder Primal Fear.
Aufgemotzt mit gravitätischen Keyboard-Klängen fühlt man sich bei so manchem Abschnitt des Albums an Tobias Sammets kultige Avantasia-Hymnen oder auch an die Bombast-Melodiker Royal Hund erinnert. Manchmal, wie bei "Digging Their Graves" oder "The Last Dance" hat man jedoch auch Denkmäler an das klassische Helloween-Songwriting errichtet, die mit ihren vorzüglich feingetunten Hightech-Rhythmusgitarren wahrlich nicht von schlechten Eltern sind, aber leider etwas zu vorherhörbar und damit abgedroschen aus den Boxen krachen.
In den allermeisten Fällen wird's aber keinem langweilig, weil Axel Ritt am laufenden Band mit seinen flinken Fingern virtuose Phänomene fabriziert. Mr. 'Ironfinger' frickelt und schreddert er in bester Tradition von Leuten wie Yngwie Malmsteen und Chris Impellitteri. Mit halsbrecherischen Läufen treibt er bei "Picture The Beauty" und "He's Back" gleich zu Beginn den Puls an die Decke. Und dort halten ihn die zahlreichen ausgedehnten Soli, die zuweilen auch mal mit neobarocken Anleihen daherkommen. Kurios wird's bei "Haunting Sorrows": Die rhythmisch prägnant angelegte Hookline erinnert stark an "Changes" von Yes.
Ausgesprochen bereichernd wirken sich beim allgemeinen Hang zur Hochgeschwindigkeit die Stücke aus, die in dieser Hinsicht aus dem Rahmen fallen: Die mit epischen Chören ausgestattete Midtempo-Nummer "Angel Above" mit 80er-Jahre-Touch erinnert an Magnum und Europe - und mit der majestätischen Powerballade "Twelve O'Clock" findet man für das musikalisch erzählte Goethe-Werk einen angemessenen Schlusspunkt. Dahinter folgt zwar noch "Two Brothers & The Sinners Chess" - noch eine hymnische Melodic Rock-lastige Nummer im mittleren Tempo - die Nummer hat als Bonus Track aber nix mehr mit dem Konzept zu tun; der junge Werther hat da schon ausgelitten.
"The Chronicles Of Love, Hate And Sorrow" - unterm Strich ein Brett von einer Platte, bis zum Bersten vollgepackt mit Double Bass-Dynamik, packenden Riffs und überzeugenden Melodien, die man ab dem zweiten Chorus mitsingen muss. Das Kreisen der Haarpracht wird letzten Endes auch nicht davon gestört, dass ein paar der Stücke etwas gleichförmig verlaufen. Literarisch, musikalisch: Sturm und Drang, eben!
Line-up:
Axel Ritt (guitar, backing vocals)
Nicolaj Ruhnow (lead and backing vocals)
Erdmann Lange (keyboard, backing vocals)
Steven Wussow (bass, backing vocals)
Jens Baar (drums)
Tracklist
01:Picture The Beauty (5:05)
02:Sweeping Scars (7:08)
03:Angel Above (5:14)
04:Circle Of Give And Take (6:41)
05:He's Back (6:02)
06:My Inner Rage (5:03)
07:Digging Their Graves (4:18)
08:Haunting Sorrows (4:44)
09:The Last Dance (5:25)
10:Twelve O'Clock (5:28)
11:Two Brothers & Sinners Chess (Bonus Track/6:16)
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