Double Naught Spy Car / Western Violence
Western Violence Spielzeit: 61:04
Medium: CD
Label: 11 Foot Pole Record Company, 2012
Stil: Avantgarde, Cineatic Punk Jazz

Review vom 25.10.2012


Joachim 'Joe' Brookes
Zwei Gitarren sind aussagekräftiger, als ein Sänger. Außerdem muss man sich nicht andauernd damit rumärgern, ob die Konsumenten oder Kritiker bei ihren Interpretationen von Texten auch richtig liegen. Zwei Gitarristen (Paul Lacques/Marcus Watkins), ein Bassist (Marc Doten) und ein Schlagzeuger (Joe Berardi) sind Double Naught Spy Car (DNSC). So einprägend wie unheimlich nichtssagend der Bandname auch sein mag, der Rezensent hat so seine Probleme, die für vorurteilsfreie Hörer durchaus interessante Musik in eine Schublade zu stecken. Manchmal hilft einem dabei die Gruppe selbst. So steht bei Facebook unter Persönliches auch: »Cinematic punk jazz surf instrumental originals featuring lap steel guitar ...« oder: »Brutal yet poetic, challenging but rewarding. Making people nervous since 1994.«
Alles klar? Wenn noch hinzukommt, dass man früher als Pink Floyd The Barber begann, dann vergessen wir ganz schnell, dass "Western Violence" auch nur einen Deut mit Pink Floyd zu tun hat. Eher ist man geneigt, sich einen Spaghetti-Western anzuschauen, wenn vorher bekannt ist, dass die Musik von DNSC stammt. Vielleicht kann ja auch gleich auf den Film verzichtet und sich nur die zwischen vielen Stühlen angesiedelte Mucke des Quartetts aus Los Angeles angehört werden. Na ja, es kommt bei den dreizehn Kompositionen aber durchaus auch zu einem Genuss. 'Cinematic' kommt hin.
Die Musik hat für den Jazz zu viele Varianten und nur mit Punk haut es auch nicht hin. Wenn dann Psychedelic, Prog Rock oder fernöstliche Klänge, Minimalismus, eine hemmungslose Liebeserklärung an den Tango, altbackener Walzer oder woanders Streicher aufleben, ist das Verwirrspiel um den Stil von Double Naught Spy Car vollends entfacht.
Eine Herausforderung ist "Western Violence" allemal. Bei DNSC ist alles erlaubt, was Reaktionen in die positive als auch negative Richtung hervorruft. Fest steht jedenfalls, dass die Musik, nach dem einen oder anderen Stutzen beim ersten Hören, Substanz hat. Wer seit 1994 im Business aktiv ist, braucht wohl auch keine Einflüsse zu nennen. Abermals Facebook: »far too many.« Vielleicht
King Crimson ... irgendwo ... irgendwie. Aber das wäre auch zu eingleisig. Double Naught Spy Car sind jedenfalls originell und mit ihren textlosen Tracks lassen sie der Fantasie des Hörers freien Lauf ... wohin auch immer.
Einerseits streichelt einem die Band mit Melodien und verdammt verträumter Lap Steel schmeichelhaft beide Wangen, andererseits haut der Vierer einem Gitarren-Eskapaden (durchaus auch in Schräglage) voll um die Ohren.
Wenn einem gar nichts mehr einfällt, dann nennt die Band einen Song einfach "Journey To The Center Of Guitar Center". Dieses Stück ist Fusion in freiem Fall aus der Stratosphäre mit heftiger Landung auf dem Erdboden. Metal trifft auf Jazz, trifft auf chaotische Gitarren-Experimentierfreude und hypnotisch-dunkle Rhythmusabteilung. Der Track hat ein abruptes Ende. Ihm wird einfach der Saft abgedreht. Danach ist nicht Schluss, denn es folgen noch vierunddreißig Sekunden versteckte Musik namens "Inch". Ein Song, der noch gar nicht fertig komponiert und so überflüssig wie ein Appendix ist.
Wie dem auch sei, Double Naught Spy Car wird ihre Fans begeistern. In den mittlerweile achtzehn Jahren Existenz hat man vor vorliegender Platte schon zwei andere Tonträger auf die Musikwelt losgelassen: "Comb In Blue Water" und "Danger High". Möchte man eine Party mit einem Paukenschlag beenden, ist es zweckmäßig "LARFD" als Rausschmeißer zu spielen.
Nichtsdestotrotz, "Western Violence" will erobert werden. Auch wenn es beim ersten Date nicht gleich fluppt, da ist etwas, was man nicht aus dem Kopf bekommt und schließlich trifft man abermals aufeinander und erkennt immer neue, interessante, prickelnde Seiten des Gegenüber, die eine Bewunderung Wert sind.
Line-up:
Paul Lacques (Dobro, lap steel, guitar)
Marcus Watkins (guitar, accordion)
Marc Doten (bass, keyboard, vocals - #2)
Joe Berardi (drums)

With:
Claudio Alcantar (clarinet - #9)
Carlos Alvidrez (trombone - #9)
Kevin Mitchell (cello - #9)
Chuck Corea (violin - #9)
Phil Gough (vocals - #2)
Michele Marino (vocals - #2)
Stefanie Naifeh (vocals - #2)
Tracklist
01:Halliburton Snowboard (5:01)
02:The Eyrgore Of One (3:32)
03:LARFD (4:30)
04:Western Violence (With Some Sensuality) (3:32)
05:The Indian (6:10)
06:Feral Kitty (4:12)
07:The Italian (4:58)
08:Two Bones From Skeletor (5:22)
09:Don Martin Shoes (5:15)
10:Big Noiz Outta Manteca (4:50)
11:San Paku Pass (4:09)
12:Elysian Park Forever (3:40)
13:Journey To The Center Of Guitar Center (5:34)
(all songs written by Double Naught Spy Car)
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