Doyle hat wieder Bock auf Misfits - dieser Gedanke kam mir unweigerlich, als ich die Scheibe "Abominator" von Doyle Wolfgang von Frankenstein (bürgerlich: Paul Caiafa) im heimischen Player rotieren ließ. Das düstere Eröffnungs-Riff des Titeltracks liegt doch ganz stark in der Tradition von "Abominable Dr. Phibes" und "Kong At The Gates", den Intros der beiden Neunziger-Misfits-Scheiben "American Psycho" (1997) und "Famous Monsters" (1999).
Doyle kann ganz offenkundig nicht aus seiner Haut, sondern zieht seinen bekannten Stil auf diesem ersten Solo-Album unter eigenem Namen durch - wenn auch mit einer leichten Metal-Kante, die es bei den Misfits mit Stimmwunder Michale Graves in diesem Ausmaß früher nicht gegeben hatte. Somit braten die Gitarren hier eine Spur verzerrter und bissiger aus den Lautsprechern und werden von einem kräftigen Schlagzeug unterstützt, das zu meiner großen Freude von einem alten Bekannten traktiert wird: The Abominable Dr. Chud! Dieser hat bereits auf den eingangs genannten Neunziger-Misfits-Werken den Takt meisterhaft vorgegeben. Damit lässt sich als stichelnde Randbemerkung festhalten, dass bei Doyle momentan mehr Misfits-Musiker spielen als bei den Misfits selbst, die von Mastermind Jerry Only mehr schlecht als recht am Leben gehalten werden…
Neben Doyles schneidend-metallischen Horror-Punk-Riffs und Dr. Chuds knüppelhartem Anschlag fällt natürlich vor allem Sänger Alex 'Wolfman' Story auf. Zwar fehlt ihm ein Stück weit der bluesig-soulige Unterton eines Michale Graves in der Stimme, dafür steht sein dreckig-böses Organ den Songs erstaunlich gut und passt ganz wunderbar zur ohnehin härteren Gesamtausrichtung. Sein Beitrag zum Songwriting ist ebenfalls gut auszumachen, da hier traditionellere Nummern wie "Saturday Night" oder "Dig Up Her Bones" fehlen, für die vor allem Graves verantwortlich zeichnete.
Lässt man Doyles neue Songs in seine Gehörgänge eindringen, wird einem eigentlich gleich klar, dass der Gitarrist bei den Misfits ebenfalls einen entscheidenden Anteil am Komponieren gehabt haben muss. "Abominator" nämlich enthält gewohnt gutes Songwriting, das einem frisch und gemein an den Hals springt. Sein Bruder Jerry Only dürfte vor Neid erblassen, denn Songs wie "DreamingDeadGirls", "Headhunter" (extrem catchy und heavy!), "Land Of The Dead", "CemeterySexx", "Drawing Down The Moon" oder den Titeltrack kriegt er momentan leider nicht auf die Kette. Vielleicht rauft er sich ja schon seit Juni die Haare, als die vielversprechende Vorab-Single "Valley Of Shadows" das Licht der Welt erblickte.
Optisch erscheinen Doyle und seine Mitstreiter - neben den Herren Chud und Story gehört noch Tour-Basser 'Left Hand' Graham dazu - genau so, wie man sie in Erinnerung hat: kalkweiß geschminkte Gesichter, 'Devilock' (der charakteristische Misfits-Zopf) in der Stirn, schwarze Schweißbänder. Mit dem Unterschied, dass statt des kultigen 'Crimson Ghost'-Schädels jetzt der neue Frankenstein-Kopf zu sehen ist. Und dass die Texte in der typisch-plakativen Splatter-Comic-Ekel-Ecke wühlen und allerlei Blut, Knochen und Gedärm an die Oberfläche befördern, sollte bei diesen Protagonisten auch niemanden verwundern - schocken tut so was ja schon lange nicht mehr, gehört aber zu dieser Musik natürlich unbedingt dazu.
Fazit: "Abominator" ist das wohl beste Album aus dem Misfits-Dunstkreis seit langer Zeit. Doyle und seine Band haben hier zwölf Songs aufgenommen, die es aufgrund ihrer packenden Riffs und zwingenden Hooks in sich haben. Damit hat der 49-jährige Gitarrist nicht einfach nur ein verdammt starkes, metallisches Horror Punk-Werk abgeliefert, sondern allen Nachahmern und Thronräubern auf sehr charmante Art klar gemacht, wer der wahre Chef im Ring ist. Wer düsteren Punk Rock der Marke Misfits (klar), Balzac, Wednesday 13, Calabrese oder (natürlich!) Danzig liebt, aber auch mit Rob Zombie oder Shotgun Messiah was anfangen kann, der sollte sich "Abominator" nach Hause holen. Alle Daumen nach oben für dieses 'abscheuliche' Stück Musik!!
Line-up:
Alex 'Wolfman' Story (vocals)
Doyle Wolfgang von Frankenstein (guitars)
The Abominable Dr. Chud (drums)
'Left Hand' Graham (bass)
Tracklist |
01:Abominator (4:02)
02:Learn To Bleed (3:16)
03:DreamingDeadGirls (4:15)
04:Headhunter (3:38)
05:Valley Of Shadows (4:27)
06:Land Of The Dead (3:37)
07:CemeterySexx (4:10)
08:Love Like Murder (3:32)
09:Mark Of The Beast (4:13)
10:Drawing Down The Moon (4:18)
11:Bloodstains (4:37)
12:Hope Hell Is Warm (3:59)
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