Neunzehn Songs und 75 Minuten Spielzeit: Daraus machen andere Bands zwei Alben.
Nicht so bei der amerikanischen Band Drive-By Truckers ( DBT), die nach der in aller Freundschaft vollzogenen Trennung von Jason Isbell in ein tiefes Loch hätten fallen können. Besinnung war angesagt!
Nach ihrer Zusammenarbeit auf Bettye LaVettes The Scene Of The Crime, das übrigens für einen Blues Music Award nominiert wurde, stößt die Band mit "Brighter Than Creation's Dark" ein nicht kleines Scheunentor auf.
John Neff ist neues DBT-Mitglied und doch nicht wirklich neu, denn er war bereits auf einigen Alben vertreten und tourte auch schon mit der Gruppe und gibt mit seiner Pedal Steel dem Sound der Band die Country-Würze.
Country? Sehr wohl sind auch tolle Southern-Kracher vertreten: Das geht schon mit "3 Dimes Down" los. Gitarren satt und oben drauf auch noch eine mit dem Bottleneck gespielt. Vitaminreiche gesunde Kost aus dem Süden der Staaten. Der nächste Happen folgt mit "The Righteous Path" direkt auf dem Fuß. Knarzige Gitarren werden mit Neffs Pedal Steel gepaart.
Ganz großes Besteck fährt die Combo mit "That Man I Shot", das als Reflexion auf den Irak-Krieg zu sehen ist, auf. Ein Auszug aus dem Text:
»That man I shot, shot not in anger
There's no denying it was in self-defense
Butwhen I close my eyes, I still can see him
I feel his last breath in the calm dead of night.«
Ein Meisterwerk an Musik aus der Hand von Patterson Hood. Atmosphärisch dicht kommen die laut riffenden Gitarren rüber und Spooner Oldhams Wurlitzer ergänzt das ganze Geschehen.
Ein entspannt groovendes Stück ist "Goode's Field Road", ebenfalls von Hood verfasst, geworden. Hier heult die Steel-Gitarre aus den luftarmen Schichten der Atmosphäre und dazu erklingt ein 6-Saiter mit Wah Wah-Unterstützung. Anspieltipp, auch weil der Oldham großartig die Orgel bedient.
"A Ghost To Most" ist typischer DBT-Rock, welcher stets einer von besonderer Art ist. John Neffs musikalische Beiträge an allem, was Saiten hat, sind beeindruckend.
Die Lead-Vocals verteilen sich auf drei Leute: Patterson Hood, Basserin Shonna Tucker und Mike Cooley, der im zuletzt genannten Track singt.
Die Frau am Tieftöner singt nicht nur, sie hat auch drei Songs geschrieben. "I'm Sorry Houston" ist eine lupenreine Country-Ballade mit viel Neff-Steel Guitar.
Ein rockiger Fels in der Brandung ist "Home Field Advantage" mit einem verzerrten 6-Saiter und geht, durch einige gut gesetzte Tempiwechsel richtig ab. In den opulenten Gitarren-Sounds verschwindet Spooner Oldham zuweilen etwas im Klang-Dickicht. Erst im orgiastisch abgefeierten Ende des Songs kommt er zur Geltung.
Mit der Ballade :The Purgatory Line: hat die Tucker ein Kleinod geschrieben. Herrlich verträumt fließt der Track aus den Boxen und auch gesanglich präsentiert sich die Bassistin auf der Höhe. Sehr Repeattaste-verdächtig, der Song und somit Anspieltipp, weil solche Erholungsphasen von den Gitarren willkommen sind.
"Two Daughters And A Beautiful Wife" ist, mit Fiddle (Scott Danbom) und Banjo ein Ohrenschmaus in Singer/Songwriter-Qualität. Hood und Trucker singen gemeinsam und wieder ist die Pedal Steel aus dem Off zu hören.
Spooner Oldham, fast schon sechstes Mitglied bei den Drive-By Truckers (so das Info-Blatt), ist, den Sound betreffend, bei einigen Tracks hervorragend in Szene gesetzt worden. Bei den Balladen "Daddy Needs A Drink" sowie "The Opening Act", beide von Hood gesungen spielt er herrlich besinnlich und wenn Oldham auftaucht, braucht es keine Qualitätsprüfung. Der hat's einfach drauf.
Auch "Checkout Time In Vegas", von Mike Cooley geschrieben und gesungen, ist ein Beleg für den tollen Muscle Shoals-Tastenmann.
Mit drei Leuten am Gesangsmikrofon ist selbstredend ebenfalls für Abwechslung gesorgt.
Das kurze sphärische "You And Your Crystal Meth", mal mit Hood am Piano ist ein hörenswertes Intermezzo der etwas anderen Art und galaktisches Balsam für die Lauscher.
"Perfect Timing" kommt rein akustisch daher, womit DBT, besonders durch das Cooley-Solo und seiner Harp, ebenfalls punkten können.
Auch der Midtempo-Rocker "Self Destructive Zone" sowie das countryeske aber eher unspektakuläre "Bob" sind vom Gründungsmitglied Mike Cooley geschrieben und gesungen.
Mit "Lisa's Birthday" setzt die Band abermals einen himmlischen Treffer in "The Purgatory Line"-Auslage.
Wie Buchstützen beginnt und endet "Brighter Than Creation's Dark" mit einer Singer/Songwriter-Ballade, abermals von Hood und Trucker gesungen.
Im Booklet wurde jedem Song eine Seite mit Text und Line-up gewidmet.
Drive-By Truckers ist mit diesem Album ein großer Wurf gelungen, auch wenn der Rezensent zugeben muss, dass es einige Durchgänge gebraucht hat, um dem gesamten Album Herr zu werden.
Nichtsdestotrotz hat sich die Band 8 von 10 RockTimes-Uhren erspielt.
OT: Beim Öffnen des Digipacks flatterte ein kleiner Zettel an mir vorbei auf den Boden. Das Blättchen trägt die Überschrift: »Rock your phone with Drive-By Tuckers!« Ohne Kommentar!
Line-up:
Patterson Hood (electric guitar, acoustic guitar, piano, vocals, backing vocals)
Mike Cooley (electric guitars, acoustic guitar, banjo, harmonica, vocals, backing vocals)
Brad Morgan (drums, tambourine)
John Neff (electric guitar, acoustic guitar, pedal steel, lap steel guitar, slide guitar)
Shonna Tucker (bass, vocals, backing vocals)
With Special Guest:
Spooner Oldham (piano, Hammond B3, Wurlitzer, Fender Rhodes)
Also Appearing:
David Barbe (guitar, loops, effects)
Will Johnson (backing vocals)
Scott Danbom (fiddle)
Tracklist |
01:Two Daughters And A Beautiful Wife (3:05)
02:3 Dimes Down (3:20)
03:The Righteous Path (4:13)
04:I'm Sorry Houston (3:11)
05:Perfect Timing (2:57)
06:Daddy Needs A Drink (3:48)
07:Self Destructive Zone (4:12)
08:Bob (2:15)
09:Home Field Advantage (5:01)
10:The Opening Act (6:48)
11:Lisa's Birthday (3:19)
12:That Man I Shot (6:03)
13:The Purgatory Line (3:48)
14:The Home Front (3:18)
15:Checkout Time In Vegas (2:41)
16:You And Your Crystal Meth (2:19)
17:Goode's Field Road (5:28)
18:A Ghost To Most (4:41)
19:The Monument Valley (4:33)
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Externe Links:
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