Spielzeit: 50:08 Medium: CD Label: Eigenproduktion, 2013 Stil: Folk Review vom 08.10.2013 Wolfgang Giese

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich das Album Talking With Strangers vorstellte. Das allerdings war ursprünglich ja bereits 2009 erschienen und so ist das hier vorliegende "Flow And Change" das wirklich neue Album einer der britischen Damen des Folk. Es ist schließt zwar stilistisch weitgehend an den Vorgänger an, doch sprach ich dort noch von Folk Prog, so reduziert sich das auf weniger dieser Richtung. Die Musik erscheint intimer, folkiger und klingt sehr britisch, eigentlich so, wie diese spezielle Folk-Richtung schon früher geprägt war: einige skurrile Elemente, durch schleppende Rhythmen und durch diese ganz besondere Art von Melancholie. "Black Dog Dreams", mit Geräuschen heulender Hunde untermalt, erinnert mich allerdings sehr stark an ruhige Titel von Pink Floyd!

Doch bereits im nächsten Song bestimmen Streicher und Piano das Bild des Schönklangs, der starke Spuren von Emotionen in Richtung Sehnsucht, Träume und auch Zufriedenheit beinhaltet. Dazu diese ganz klare englische Aussprache, die so angenehm altmodisch wirkt. Für die Atmosphäre der Musik ist sicherlich wieder der Produzent Alistair Murphy wesentlich mitverantwortlich, der auch Co-Autor einiger Songs ist.
Eine Krähe leitet "Crowbaby" ein, wo das kleine Krähenkind getröstet wird, dass Mama und Papa für es da sein werden, bis es dann flügge wird. Lyrische Momente mit einem kurzen und schönen Gitarrensolo inmitten, bis bei "Driftaway" wieder die Geigen regieren, zuckersüß und ganz still klingt es hier, für einige sicher langweilig, für andere Entspannung pur. Schön ist sie fast durchgehend, diese Musik, die Vokalarrangements sind perfekt, alles scheint im Einklang der Harmonie, sehr stark ist die Grundstimmung auf Piano/Gesang aufgebaut. Darauf entwickeln sich die Songs und erzeugen eine fast einheitliche Stimmung.

So wirkt die Platte als solche geschlossener als der Vorgänger. Wer auf Abwechslung steht, könnte jedoch enttäuscht sein. Wie bei "Talking With Strangers" wird auch hier ein langer Track geboten, "The Sisterhood Of Ruralists" - ein Titel, der mich irgendwie an Donovan erinnert. Doch anstelle früherer Experimente mit Robert Fripp regieren erneut Streicherelemente und bringen so ein wenig Stimmung von klassischer Musik ein. Doch überwiegend ist es auch hier typischer britischer Folk vergangener Tage, der sich zu Wort meldet. Judys Stimme passt hierzu ganz einfach ideal, und wenn dann noch der Dulcimer im so angenehmen Sound auftaucht und der Song in einer verträumt-romantischen Stimmung dahinfließt, dann kann einem schon warm ums Herz werden und der Ruf nach einem gemütlichen Plätzchen, ganz viel Ruhe und Gemütlichkeit laut werden.

Vielleicht ist die Musik der neuen CD in ihrem Gesamteindruck zwar weniger experimentell geworden, jedoch wesentlich stimmiger und schöner - ja, wunderschön sogar! Vielleicht die Herbstplatte des Jahres?

Line-up:
Judy Dyble (vocals)
Juliane Regan (additonal vocals, keyboards, percussion, backing vocals)
Michael Mooney (lap steel guitar)
Pete Vicary (keyboards, synthesizers)
Mark Fletcher (bass, fuzz bass)
Pat Mastelotto (drums)
Alistair Murphy (additional effects, piano, guitars, horn and cello arrangement)
Phil Toms (double bass, string and wind arrangement, accordion sample)
Naomi Buchanan-Toms (flute)
Sam Jones (oboe)
Liz Worth (clarinet)
Steve Bingham (violin)
Brenda Stewart (viola)
Lucy Mitchell (cello)
Jeremy Salmon (guitar)
Andy Suttie (keyboards)
Dean Frances-Hawksley (acoustic guitar)
Matt Maley (vocals)
Jenny Thomas (french horn)