Julian Dawson / Deep Rain
Deep Rain Spielzeit: 41:53
Medium: CD
Label: Blue Rose Records, 2008
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 30.08.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Wann war es nochmal, als wir Julian Dawson mit Band auf der Bühne der Dortmunder Live-Station gesehen haben? Damals schon kein Karnevalsjeck, hatte man am 11.11.1991 etwas Besseres vor.
Ein Dawson-Konzert, das Spuren hinterlassen hat, nicht nur, weil der englische Songwriter, Gitarrist, Harper und Sänger ein echter Sympathieträger seiner Gilde ist. Der Output an Songs ist gigantisch und wen er bereits während seiner langen Karriere getroffen hat, ist nicht minder beeindruckend.
Mit einer 30-jährigen Karriere im Rücken ist es legitim, etwas ausführlicher darauf einzugehen…
1991 war er schon bekannt wie ein bunter Hund, denn bereits 1987 hatte "As Real As Disneyland", mit seiner damaligen Band The Flood zig Umläufe in unzähligen Playern hinter sich. Nicht unerheblich zu erwähnen, wer hinter The Flood steckte: Lynda Hayes (lead & backing vocals), Cans Jaki Liebezeit (drums, percussion), Rosko Gee (Ex-Can, Ex-Traffic, bass), Helmut Zerlett (keyboards) und Jay Stapley (Marius Müller-Westernhagen, electric guitars, guitar synth.).
Als Gast hatte er den beachtenswerten Richard Thompson mit an Bord.
Nach dem Erfolg von "As Real As…" wurde im folgenden Jahr "Luckiest Man In The Western World" nachgelegt. Mit beständigem Line-up war es jetzt Toots Thielemans, der an der Harp den Platten-Sound ergänzte.
Ein Dokument der besonderen Art war dann "Live On The Radio", das 1989 in Duo-Besetzung mit Rosko Gee für die WDR-Nachtmusik im Kölner Stadtgarten aufgenommen wurde. Das hervorragende Album erschien auf dem Watermelon Records-Label, dessen Sitz im amerikanischen Austin war.
Dawson wollte auch in der Staaten-Szene Fuß fassen und dieses Unternehmen gelang ihm ebenfalls, denn für "Fragile As China" (1991) saß Garry Tallent, Bassist aus Bruce Springsteens E-Street Band an den Reglern. Mit dem Dawson-Alltime-Klassiker "Stone Deaf Dumb & Blind" ein Hammer-Album, auf dem Vince Santoro die Felle bediente und Mike Henderson (guitar, bass), Keyboarder Barry Beckett (Otis Rush, Odetta, Aretha Franklin, Leon Russell, J.J. Cale,
Etta James uvm.) waren wieder keine Unbekannten im Musiker-Team gelandet.
Ständig beschäftigt, schaffte es der Engländer, zwischen den Proben für eine anstehende Tour, am 15.06.1992 in Dänemark zu heiraten. Er legte dafür 2.000 Kilometer Hin- und Rückfahrt auf den Asphalt und widmete die 8-Track-CD "June Honeymoon" natürlich seiner Frau Hanne. Flitterwochen ohne Ehefrau…
Die Amerika-Connection funktionierte und für "Headlines" griff Garry Talent dann auch zum Bass. Bill Payne (Little Feat) saß auf dem Piano-Hocker und ein gewisser Steve Forbert spielte Harp.
Nicht nur als Musiker unter eigenem Namen bekannt, ist er zusammen mit Iain Matthews, Andy Roberts und Mark Griffiths Teil der Folk Rock-Band Plainsong. 2002 sorgte sein Album "Hillbilly Zen" für Aufsehen, denn es wurde zusammen mit dem Byrds-Mann Gene Parsons eingespielt.
Für sein aktuelles Album "Deep Rain" hat es den Protagonisten nach Nashville 'verschlagen' und die Regler-Arbeit im Regieraum Dan Penn (Solomon Burke, Irma Thomas, The Box Tops, Mason Casey) vertrauensvoll überlassen.
Julian Dawson packt den Hörer auf eine ausgesprochen gefühlvolle und intensive Art und Weise. Der Mann hat eine unausweichliche Aura, mit der er einen in seinen Song-Bann einbezieht.
Ganz gleich, ob er das mit einfühlsamen Balladen oder flotteren Songs macht, an seiner musikalischen Kompetenz gab und gibt es nichts auszusetzen. Dawson hat eine Stimme, die man aus hunderten heraushört und immer noch ein Feeling für tolle Songs sowie Texte, auch wenn er, wie aus dem Info-Blatt hervor geht »... Dan Penn… als gelegentlichen Co-Writer verpflichtet!«
Alle Kompositionen sind Dawson-typisch, haben eine frappierende Eigenständigkeit und Dynamik, die im Genre seines Gleichen sucht.
Songs haben den Groove ("Perfect World"), besitzen einen unwiderstehlichen Charme, wenn Daniel Tashian zur Ukulele greift ("Girl Friday"), und singt Dawson mal nicht, hat er immer noch seine Harps als Gefühls-Barometer zur Hand. Das Zusammenspiel von akustischer und elektrischer Gitarre ("That's Why God Made Saturday Night") ist zum Niederknien und kommen Piano-Klänge dazu, ist das Wohlgefühl perfekt.
Hier und da ist auch einer der Gitarristen (Steve Allen, Bill Lloyd) auf den Saiten mit dem Bottleneck unterwegs und das "What Becomes Of The Brokenhearted"-Cover verfügt über einen brillanten Chorus.
Den Spagat zwischen Country, Folk und rockigen Stücken hat der 1954 geborene Musiker schon immer drauf gehabt und mit "Long Days, Short Nights" fügt er der ganzen Mixtur auch noch eine treibende bluesige Variante hinzu. Klar, dieser Track ist für den Rezensenten etwas Besonderes.
Fast rein akustisch gehalten ist der Abschluss von "Deep Rain", "I'm Coming Home (Sweet Home)". Eine herrliche Piano-Begleitung macht den Track zu einem weiteren Highlight. Die Studio-Atmosphäre ist deutlich spürbar und besser kann man ein Album nicht beenden.
Zur Rezension lag mir leider nur die 'nackte' Promo-CD vor und hoffentlich sind im Booklet alle Texte abgedruckt, denn, wie immer, hat Dawson, der sehr spielerisch mit seiner Muttersprache umgeht, auch etwas zu sagen. Aber wie man ihn kennt, wird das der Fall sein.
So, wie im Titel-Track "Deep Rain", mit dem die Platte eröffnet wird. Ja, ein reinigendes Gewitter brauchen wir ab und an, um auf den Boden der Tatsachen zurück zu kommen. »A gentle shower might wake us up again.
We need a deep, deep rain.«

"Barbwire Fence" ist, mit einem flott gespielten Refrain-Part, Gefühl pur und "Keys To The Kingdom Of Love" Seelen-Striptease der besonderen Harp-Art.
Mit "Deep Rain" wird Julian Dawson seine Fan-Gemeinde bestimmt erweitern, wenn man ihm nicht schon vorher verfallen ist. Gestützt durch einen riesigen Backkatalog und den zwölf neuen Songs wird sich ein Konzert-Besuch definitiv lohnen, so wie vor siebzehn Jahren…
Line-up:
Julian Dawson (guitars, harmonicas, vocals)
Steve Allen (guitar)
Bill Lloyd (guitar)
Billy Livsey (keyboard)
John Deaderick (keyboards)
Daniel Tashian (bass, guitars, ukulele, backing vocals)
Steve Ebe (drums)
Vince Santoro (drums)
Tracklist
01:Deep Rain (3:19)
02:Broken Hearted Eyes (3:16)
03:That's Why God Made Saturday Night (3:30)
04:Girl Friday (4:39)
05:Perfect World (3:47)
06:Keys To The Kingdom Of Love (3:24)
07:Barbwire Fence (3:21)
08:Walking On The Dead (4:08)
09:What Becomes Of The Brokenhearted (3:02)
10:That Secret Life (3:12)
11:Long Days, Short Nights (2:54)
12:I'm Coming Home (Sweet Home) (2:49)
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