Tail Dragger / Stop Lyin'
Stop Lyin' Spielzeit: 54:14
Medium: CD
Label: Delmark Records, 2013 (1982)
Stil: Blues


Review vom 05.01.2014


Jürgen Bauerochse
Der im Jahr 1940 geborene und in Altheimer, Arkansas aufgewachsene Tail Dragger, mit bürgerlichem Namen James Yancy Jones, ist schon vom geschätzten Kollegen Joe in unserem Magazin vorgestellt worden, der 2012 sein Album Longtime Friends In The Blues vorstellte, auf dem er mit dem Harmonikaspieler Bob Corritore zu hören ist. Nun legt das Chicagoer Label Delmark Records nach und veröffentlicht unter dem Titel "Stop Lyin'" die ersten Aufnahmen des stark von Howlin' Wolf beeinflussten Bluesshouters. Die neun Songs entstanden am 29. September 1982 in den Melrose Park Studios, Chicago. Die Band bestand durchweg aus Musikern, die in der Chicagoer Westside zuhause waren und dort fest zur dortigen Bluesszene gehörten. Zudem bilden die Titel das Vermächtnis des Gitarristen Jesse Lee Williams, der wenige Monate nach den Sessions im Alter von sechsunddreißig Jahren verstarb.
Zu hören ist auf dem Album traditioneller Chicago Blues in Reinkultur. Jede Menge Ecken und Kanten sowie ein enormes Feeling, das wohl jedem Einwohner der 'Windy City' in die Wiege gelegt wurde, kommt bei diesen Stücken, die übrigens von hervorragender Qualität sind, zum Vorschein. Sparsam instrumentiert wird dennoch ein Sound produziert, bei dem die Atmosphäre nur so brodelt und kocht. Die Rhythmussektion spielt absolut auf den Punkt, und die Solo-Instrumente ergänzen sich großartig, wobei vor allem die Bluesharp von Little Mack Simmons bzw. Eddie 'Jewtown' Burks Akzente setzt und reihenweise, mal klagend, mal fordernd - aber immer emotional - ganz starke Töne produziert. Passend dazu beherrscht Leadgitarrist Johnny B. Moore den Sechssaiter perfekt und verstrickt sich immer wieder in prima Zwiegespräche mit dem Mississippi-Saxofon. Selbst die nicht unbedingt als schön zu bezeichnende Stimme Tail Draggers passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
Einige Titel besonders hervorzuheben fällt ziemlich schwer, da jeder einzelne Song ein kleines Kunstwerk in sich ist. Geht der Opener "So Ezee" mit lockeren Pianoläufen noch ziemlich eingängig in die Gehörgänge, so besticht das folgende "Where Did You Go" durch seine Eintönigkeit, die sogar etwas an Johnn Lee Hooker erinnert. Vielleicht kann man den Slow Blues "Ain't Gonna Cry No Mo" besonders herausstellen, da hier die Soloeinlagen sehr intensiv zur Geltung kommen. Dieser Song ist mein ganz persönliches Highlight des Albums und ein Insel-Favorit. Aber, wie gesagt, es gibt keinen Schwachpunkt auf der CD. Diese Jungs haben den Blues. Gar keine Frage.
Ob es allerdings sinnvoll war, ein über sechzehn Minuten langes Interview mit dem Protagonisten mit auf den Silberling zu nehmen, darüber lässt sich sicherlich vortrefflich streiten. Meiner Meinung kann das nur darin begründet seín, dass es keine weiteren Aufnahmen gab, die man verwenden konnte. Jedenfalls sind die Statements von Tail Dragger für jeden, der des Englischen nicht hundertprozentig mächtig ist, ziemlich schwer nachzuvollziehen. Aber okay, es bleiben neun sehr gute Bluessongs, die so für die Nachwelt weiter abrufbar sind und das auch verdient haben.
Line-up:
Tail Dragger (vocals)
Johnny B. Moore (lead guitar)
Jesse Lee Williams (guitar)
Willie Kent (bass)
Larry Taylor (drums)
Eddie 'Jewtown' Burks (harp)
Little Mack Simmons (harp - #1,5)
Lafayette Leake (piano - #1,5)
Tracklist
01:So Ezee (3:44)
02:Where Did You Go (4:21)
03:Ain't Gonna Cry No Mo (4:54)
04:Don't You Want A Good Man (3:32)
05:My Head Is Bald (4:13)
06:Alabama Bound (4:06)
07:Don't Trust Yo Woman (3:58)
08:Please Mr. Jailer (5:02)
09:Stop Lyin' (3:11)
10:Tail's Tale (16:41)
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