Eden Weint Im Grab / Geysterstunde I
Geysterstunde I Spielzeit: 63:17
Medium: CD
Label: Danse Macabre Records, 2011
Stil: Gothic / Metal

Review vom 13.08.2011


Sabine Feickert
"Geysterstunde I" ist das vierte Werk von Eden weint im Grab, kurz E.w.i.G.. Wie schon die Vorgängeralben "Trauermarsch nach Neotopia" und "Der Herbst des Einsamen" erschließt sich auch die "Geysterstunde" nicht beim ersten Reinhören.
Sperrig und widerspenstig fordert sie dem interessierten Zuhörer ein gehöriges Maß an Aufmerksamkeit ab. Als ideale Hörumgebung empfiehlt Sascha Blach alias Mr. Alexander Paul Blake Mitternacht mit gehobener Lautstärke. Zu Recht, denn zu sonnigen, heiteren Tagen will dieses Album mit seinen an die schwarze Romantik angelehnten Episoden gar nicht passen.
Doch selbst in der halbwegs düsteren Atmosphäre verregneter, später Sommerabende tue ich mir mit dem Album auch nach mehreren Hördurchgängen stellenweise schwer.
Vor allem im ersten Drittel weckt der fast durchgehend heiser-flüsternde bis krächzend-raue Gesang bei mir sämtliche mütterlichen Instinkte und das Bedürfnis, Blake ein Salbeibonbon zu reichen, nachdem mir schon vom Zuhören die Stimmbänder wehtun. Was - sparsam eingesetzt - Atmosphäre und Spannung erzeugt, wird hier für mein Empfinden ein wenig zu reichlich verwendet und läuft Gefahr dadurch lächerlich zu wirken. Gerade weil mehrere Nummern nacheinander den Effekt so üppig nutzen, bahnt sich eine Spur Langeweile den Weg - auch wenn die einzelnen Nummern durchaus stimmig in sich sind.
Auf die feinen Unterschiede gehört, zeigt jedes Lied schon sein individuelles Gesicht. Die "Geysterstunde", die wie aus der Gruft klingt und von den mitternächtlichen Wesen und Unwesen erzählt, wird gefolgt von der "Moritat des Leierkastenmanns", der sich auch im Verwesen noch heiser singt und vor sich hin 'leiertundleiertundleiert' und gleich das zweite (und letzte) im Übermaß verwendete Stilmittel aufzeigt - die Wortwiederholungen, die in mehreren Songs verwendet werden und bei mir das Gefühl hinterlassen, dass sie dem Autor großen Spaß gemacht haben und er deshalb an manchen Stellen über das Ziel hinaus geschossen ist und zu viel des Guten getan hat.
Die "Armee der Wiedergänger" lässt aufhorchen, hier spürt man förmlich die Schritte der großen Armee, die sich schleppend in Marsch setzt - geil gemacht! Die nächste Episode beschreibt die "Knochenmühle", in der der böse alte Müller Knochen zu Staub mahlt und lässt mich an die Krabat-Sage denken, die schon so manchen Musiker inspiriert hat, man denke nur an ASP mit dem Zaubererbruder.
Beim sechsten Lied "Feuer - Inferno" schwenkt der Gesang um, das Krächzen wird sparsamer und durch eine klare und durch ihre Langsamkeit geheimnisvoll-düstere Intonation ersetzt. Dieses Schema zieht sich durch die nächsten Nummern durch und wird schon wieder fast eintönig, bis bei der "Irrfahrt durchs Leichen-Labyrinth" ein fast Ska-artiges Staccato für einen Überraschungseffekt sorgt und zum echten Hinhörer wird. Und so richtig gehen meine Ohren auf beim "Tango Mortis", den der ehemalige Depressive-Age-Sänger Jan Lubitzki singt. Absolut genial ist diese Kombination von Tango mit Metal samt rasender Basedrum umgesetzt. Für mich das absolute Highlight des Albums, gegen das die beiden letzten Nummern dann leider wieder abfallen.
Als eine Folge von Geschichten, die für sich alleine stehen und doch ein großes Ganzes bilden, will E.w.i.G. dieses Album verstanden wissen. Es ist der erste Teil eines zweiteiligen Konzepts. Gerade weil die einzelnen Songs nicht in direkter Verbindung zueinander stehen, wäre es beim zweiten Teil vielleicht angebracht, die Anordnung der Nummern abschließend nochmal kritisch auf den Aspekt hin durchzuhören, ob die Reihenfolge auch eine gewisse Abwechslung bietet. Denn darin sehe ich bei der "Geysterstunde I" den Schwachpunkt, es sind zu ähnliche Lieder direkt hintereinander gepackt.
Nichtsdestotrotz legt Blake hier wieder eine Scheibe hin, die sich deutlich von der Massenware abhebt und durch Tiefgang zu punkten weiß.
Line-up:
Alexander Paul Blake (production, screams, guitar, bass, programming)
Michael 'Tammi' Tamme (guitar)
Andrei Alexandru (guitar)
Zeus X. Machina (drums)
Jan Lubitzki (vocals)
Tracklist
01:Geysterstunde
02:Moritat des Leierkastenmanns
03:Armee der Wiedergänger
04:Die Knochenmühle
05:Ein Requiem in Sepia
06:Feuer-Inferno (Vision Swedenborgs 1759)
07:Nautilus
08:Der Galgenvogel
09:Gespenster-Revue im Theater Obszön
10:Friedhof der Sterne
11:Irrfahrt durchs Leichen-Labyrinth
12:Taphephobie
13:Tango Mortis
14:Der Nachtalb - Eine finstere Heimsuchung
15:Gang durch ein modriges Beinhaus
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