»Die Musik hinter der Musik«, die hört Ailis zum ersten Mal beim Spielmann 'Jammrich'. Ihre Fähigkeit diese Töne wahrzunehmen bringt Ailis in den Bann eines geheimnisvollen kleinen Mädchens, das als Gefangene in einem vergitterten Felsenschacht lebt und mit ihren magischen Gesängen Menschen ihren Willen aufzwingen kann. Eine mittelalterliche Burg, Grafen, Ritter, Feen, Kobolde und Druiden, das ist die Umgebung, in der Ailis lebt. Ailis entstammt der Feder von Kai Meyer und verzaubert die Leser in dessen Buch "Loreley". Nun muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich ihn zuvor überhaupt nicht zur Kenntnis genommen habe, trotz mehrerer Werke in den Bestsellerlisten.
Möglicherweise liegt es an der Kategorisierung 'historischer Roman', ein Genre, das ich seit dem Hype um "Die Päpstin" und der darauffolgenden 'haste-einen-gelesen-haste-alle-gelesen' – Werke-Schwemme ziemlich meide. In diesem Fall sehr zu unrecht, denn "Loreley" ist doch ziemlich anders als das übliche Mittelalter-Einerlei. Eine sehr dichte Atmosphäre, düster und geheimnisvoll und mit viel Tiefgang, so wirkt der Roman auf mich. Starke Charaktere zeichnen Meyers so völlig andere Interpretation der Loreley-Sage aus.
Wie ich überhaupt darauf komme, in einem Musikmagazin eine Abhandlung über einen historischen Roman zu schreiben?
Das ist mal wieder eine typische RockTimes-Geschichte, eine von der Sorte, die ich ganz besonders liebe und die mir mal wieder zeigt, was das Wertvolle an dieser Arbeit ist. Der Anfang war wie so oft, eine ganze Liste von Promo-CDs, die in der Redaktion auf ihre Liebhaber warteten. Einige weniger bekannte Bands waren dabei übriggeblieben und nach der Hörprobe war die Stimmung zu Elane bei mir auch noch eher 'na gut, wenn sich sonst niemand erbarmt'. Bei mir eingetrudelt wanderte der Silberling in den Player und ließ mich schon nach den ersten Takten wie elektrisiert auffahren. Faszination auf den ersten Höreindruck!
Ein Blick auf den beigefügten 'Waschzettel' des Promoters entlockt mir dann doch ein kleines Schmunzeln. Nachdem ich gerade kürzlich Schandmauls Traumtänzer besprochen habe, der mit einem von Wolfgang Hohlbein inspirierten Song aufwartet, hatte ich mir hier gleich ein ganzes literaturinspiriertes Album eingefangen. Alle Stücke auf "Arcane" sind von Kai Meyers Büchern inspiriert und das bereits erwähnte Werk "Loreley" gab die Inspiration für gleich acht Songs her.
Neugierig geworden, bestellte ich mir das Buch im vollen Vertrauen darauf, dass das, was sich musikalisch so ausdrückt auch literarisch ansprechend sein muss. Und meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Doch zurück zu Elane und ihrer Musik. Aus den Wäldern des Sauerlands stammen die Musiker, die sich um die Sängerin Joran Elane versammelt haben. Mit einer Stimme, die von samtig weich bis zu fast schon schmerzhaft intensiv reicht, prägt sie das Album sehr stark – und das obwohl fast die Hälfte davon Instrumentalstücke sind. Das, was nicht durch Gesang ausgedrückt wird, packt Joran in die instrumentalen Arrangements, die zu einem großen Teil ebenfalls aus ihrer Feder stammen.
Und obwohl das Album dadurch einerseits eigentlich eine Art 'Stückwerk' ist, das von insgesamt vier Büchern inspiriert und auf dem neben Joran auch der Gitarrist Skaldir und Keyboarder Nico komponiert und arrangiert haben, fügt es sich zu einem stimmigen Gesamtbild, viel mehr als nur 'Musik zum Buch'. Skaldir und Nico tragen mit ihren Gesangspassagen und Kompositionen zur Abrundung bei. So wie Meyers Buch aus dem Einerlei heraussticht, sticht auch Elanes Musik heraus, zeichnet sich durch Tiefgang und Eindringlichkeit aus. Wer sich für Bands wie Faun oder Lyriel (mit denen Elane auf diversen Samplern vertreten ist) begeistert, kann hier vermutlich blind zugreifen. Als einzigen kleinen und sicher sehr individuellen Kritikpunkt kann ich hier nur anmerken, dass mir nicht einleuchtet, warum im Lied zwischen Deutsch und Englisch hin- und hergewechselt wird. Das aber nur der Ausgewogenheit halber, damit wenigstens ein bisschen Kritik angebracht ist.
Elane erzeugt Stimmungen, die sehr vielschichtig und gehaltvoll rüberkommen und nicht nur Bilder sondern ganze Filmsequenzen beim Zuhören erzeugen. Ein Film, der eine geheimnisvolle, magische und tiefgehende Geschichte erzählt. Elane macht Musik, die weit mehr ist als nur Töne und Akkorde. In ihren Liedern steckt die »Die Musik hinter der Musik.« und wer dafür ein wenig empfänglich ist, wird sich dem nicht entziehen können.
Auch wenn es mir fast schon profan erscheint, versuche ich jetzt doch noch, das Album stilistisch in irgendeine Schublade zu packen. Sie selbst ordnen sich auf MySpace als 'Folk / Gothic / Keltisch' ein – auch das kann ihre Musik nur unzureichend beschreiben. Es ist Folk, dunkler Folk mit Gothic- und Celtic-Einflüssen. Weltmusik spielt mit rein, mittelalterliche Klangbilder mit elektronischen Effekten. Als »Melange aus organischen und elektronischen Klängen« wird "Arcane" vom Promoter bezeichnet – das alles trifft es durchaus und gibt doch nicht den eigentlichen Kern wieder. Mystisch, spirituell, das sind Begriffe, mit denen ich eigentlich sehr vorsichtig und zurückhaltend umgehe, aber hier erscheinen sie mir passend und noch am ehesten geeignet in Worte zu fassen was ich höre.
Oder – um mit Kai Meyers Worten zu sprechen: Ich höre »Die Musik hinter der Musik.«
Line-up:
Joran Elane (voice, add. voice, low whistle,tinwhistle )
Skaldir (guitar, keyboards, voice)
Nico (keyboards, voice)
Simon (violin, viola, cello, clarinet)
Gast:
Marina Hasselberg (cello)
Tracklist |
01:The Gift
02:Heart Of The Desert
03:Samarkand
04:Arcane Ride
05:Magdalena
06:Wasser und Fels
07:Die geheime Melodie
08:My Ivory Fairy
09:Abendruf
10:Lurlinnight
11:Spinnenhaus
12:Deae Noctis
13:Dämmertal
14:Masken
15:Goddess Of The Night
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