Musik aus Aachen.
Fast ein Jahr hat Electric Orange im eigenen Fleischwerk Studio verbracht, um das aktuelle Werk "Krautrock From Hell" einzuspielen.
Wenn man den Bandnamen in den Mund nimmt, weiß der Kenner, dass die Aufnahmezeit von Improvisation und Jam geprägt ist. Vorgaben gab es wohl keine und die Klänge entstanden erst beim gemeinsamen Musizieren.
Die Gruppe ist schon lange keine unbekannte Größe mehr bei RockTimes.
Unser Freaksound-Spezialist Ulli hatte schon einige Platten unter seinen Fittichen und mit vorliegendem Album öffnet Electric Orange die Pforte zum nächsten Klangtrip.
Der interessierte Hörer nimmt sich, getreu unserem Motto, Zeit für gute Musik.
Der himmlische "Krautrock From Hell" ist zwar in sieben unterschiedlich lange Nummern segmentiert, allerdings sollte man sich das Album in toto zu Gemüte führen. Nur so lohnt sich der Genuss von galaktischen Klängen und groovenden Rhythmen. Electric Orange geht hypnotisch rockend, verträumt sowie psychedelisch-frisch ans Werk.
Kunst kommt von Können und darüber verfügt das Quintett im Überfluss.
In den gesamten fast achtzig Minuten ist alles in Bewegung und nicht selten regt die Musik zu eben dieser an.
Mit Erstaunen liest man auf der Innenseite des Digipaks, was die Aachener so alles an Instrumenten, oder sollte treffender von Klangkörpern gesprochen werden, zum Einsatz bringen. Okay, die Hammondorgel, Farfisa, Flöte, Kongas, der elektrische Bass, Moog oder das Mellotron sind von Bekanntheit geprägt.
Allerdings lösen Hallspirale, Flurhallraum, Solina String Ensemble und Bandechogerät Verwunderung aus. Kombiniert mit einen Röhrengitarrenverstärker sowie einem Transistorrotorverstärker setzt die Band auch in dieser Hinsicht voll auf die Sechziger-/Siebzigerjahre.
In vielen Phasen macht Electric Orange das, wovon Pink Floyd in unserer heutigen Zeit so weit entfernt sind, wie Herr Öttinger von der englischen Sprache.
Allerdings ist die Nennung von Pink Floyd zu eindimensional. Die Band ist ein wahrer Baumeister der tonalen Visionen.
Schon mit dem "Bandwurm" lädt einen die Gruppe in ihr Haus der Klänge ein, »denn das, was sie jetzt hören werden, ist weder ein Vortrag, noch eine Lesung. Aber wie ich fantasiere und in welcher Umgebung, zuhause oder im Auto, ja, Beides ist mir wichtig, einerseits. Andererseits sollten sie sich Zeit nehmen...«
Auf einem höllischen Groove basierend, bilden sich tierisch gute Keyboardklänge auf. Vom Leslie wird verdammt viel abverlangt und es ist beeindruckend, wie im weiteren Verlauf alles im Fluss ist. Hier spielt die eine Musikerhand der nächsten gefühlvoll in die Karten. Die Rhythmusabteilung bleibt, bis auf wenige Auflockerungen stoisch beim Groove und der pumpende Bass droht aus der Tieftönermembran heraus hüpfen zu wollen.
"Sundos" hat selbstredend einen anderen Rhythmus und ist zunächst von einer voluminösen Querflöte geprägt. Dann geht es zu wie beim Frank Zappa...
Ohne doppelten Boden rockt man in "Corg (Cpt. Gyrok's)" frei von der Leber weg. Ungemein gut, das Teil, weil sich die Hauptakteure Keyboards sowie verzerrte Wah Wah-Gitarre die Klinke in die Hand geben.
Immer wieder wird der mit einem deutlichen Geradeauslauf versehene Rock durch kreativ originelle Auflockerungen gespeist.
"Hers" ist ein Zweiteiler. Nach einer sphärischen Erholungskur wendet sich das, vom gesprochenen Wort eingeleitete Blatt zu einem brillanten Ausflug in die rockende Psychedelic. Hey, es wird sogar gesungen.
"Kunstkopf" ist eine gelungene Übung der Auf- sowie Abschwünge von Parabelbögen.
Um beim Albumtitel zu bleiben: "Neuronomicon" ist teuflisches Machwerk mit einer akustischen Gitarre am Anfang als auch gigantisch rockendem Finale. Was sich dazwischen abspielt riecht sehr rekordverdächtig.
Apropos Rekord. Stilecht ließ sich die Band mit zwei Opel Kadett C im Hintergrund ablichten. Das Bild befindet sich auf der Innenseite der Verpackung. Die Autos sind, genauso wie die Musik, sehr gut in Schuss.
Fans der angesprochenen Genres können Electric Orange bedenkenlos ihr Vertrauen schenken. Die Band hat es allemal verdient, eine große Bekannte in dieser Sparte zu werden.
Line-up:
Dirk Jan Müller (organ, synthesizer)
Dirk Bitter (guitar, percussion, vocals)
Josef Ahns (guitar)
Tom Rückwald (bass)
Georg Monheim (drums)
Tracklist |
01:Bandwurm (5:43)
02:Sundos (5:00)
03:Chorg (Cpt. Gyrok's) (10:50)
04:Hers (9:37)
05:Kunstkopf (6:28)
06:Neuronomicon (25:01)
07:Wurmloch (15:38)
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