Electric Swan / Same
Electric Swan Spielzeit: 62:31
Medium: CD
Label: BadChili Records, 2009
Stil: Classic Rock

Review vom 17.01.2009


Markus Kerren
Nix Genaues weiß man nicht! Oder so ähnlich… Da wird nun also das Debütalbum von Electric Swan (offensichtlich ein Bandname) als das erste Soloalbum von Wicked Minds-Gitarrist Lucio Calegari angepriesen. Aber wen stören schon solche Kleinigkeiten, wenn man außer der MySpace-Seite und ein paar Berichten über die Hauptband des Italieners sowieso kaum Informationen über den Protagonisten finden kann. Sei's drum, es soll hier schließlich (fast) ausschließlich um die Musik gehen.
Und die ist auf diesem Erstling tatsächlich verdammt gut geworden. Wer die Wicked Minds kennt, der weiß, dass diese Brüder einen starken Hang zur Rockmusik der siebziger Jahre haben. Und bei Lucio Calegaris Werk verhält es sich nicht anders, wenn er nicht sogar noch eine dicke Schippe draufgelegt hat. Wie es sich für ein anständiges Soloalbum gehört, hat Calegari auch sämtliche Songs im Alleingang komponiert. Abgesehen von drei Covers, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Calegari geht es vor allem um einen kernigen, harten Rocksound, den er mit feinen Songs ein ums andere Mal ins Aufnahmegerät hineinkatapultiert hat. Die Rhythmusgitarre, der Bass und die Drums dampfen bereits beim Opener "In The Hush Of Daze", verfeinert von kraftvollem, passend rohem Gesang und einer feinen Lead-Gitarre. Auch beim Titeltrack wird weitergerifft und -gerockt, was das Herz begehrt. Wobei hier zum ersten Mal deutlich die Vorliebe zu den alten Black Sabbath zum Tragen kommt. Trotz der Anspielungen (Sound und Riffing) ein feiner Song mit jeder Menge Power, starken Riffs und dem kantigen Gesang.
Bei der drei-Minuten-Grenze dreht sich dann der Wind, die Rhythmusabteilung schnurrt wie ein neugeborenes Kätzchen und Calegari kann seine gefühlvolle und atmosphärische Gitarre darüberlegen. Sehr stark gemacht! Abgeschlossen wird der Track dann wieder von fetten Gitarrenakkorden. Eine nette Überraschung ist der stimmgewaltige Gesang von Sophia Baccini, die dem ersten Cover "Your Love Been So Good To Me" (von George Clinton) mächtig Wirkung und der allgemeinen Stimmung eine ganz neue Farbe verleiht. Dieses Album scheint eine sichere Bank zu werden.
Nachdem sich Lucio auf seiner 'Spielwiese', dem Fusion-rockigen Instrumental "Eleventh Angel" so richtig ausgetobt hat, geht es bei "Beyond The Rising Sun" ziemlich nachdenklich und bedächtig zu. Dennoch klasse, wie der Südeuropäer Stimmungen aufbaut, sich darin verliert und immer wieder neue Nuancen hinzufügen kann. Selbst wenn der Tritt aufs Gaspedal unweigerlich auch in diesem Song noch erfolgen muss, so wird trotzdem eine weitere Klangfarbe hinzugefügt.
Wie tief Electric Swan in den Siebzigern verwurzelt ist, verdeutlicht auch das Instrumental "Calibro 9", das sich diese typische, brodelnde Mixtur aus Funk, Rock und Soul im Stile von amerikanischen Bands der frühen seventies, zum Beispiel The Meters, zum Vorbild genommen hat. Geil, treibend, schwitzend läuft der Track leider nach knapp vier Minuten bereits im Zielhafen ein.
Auch die Eigengewächse "Crossing The Line", "Redwitch" (ein weiteres Instrumental und im zweiten Teil bezüglich des Riffings erneut sehr stark an frühe Black Sabbath erinnernd) und "Apollo's Dream" (Instrumental mit sehr geiler Hammond) wissen zu gefallen, da Calegari die Mischung aus erdigem Rock, rauen und kantigen Vocals, gutem Songwriting und der nötigen Portion Dreck sowie jeder Menge Feeling durchaus raus hat.
Schließlich gibt es noch zwei coole Coversongs. Zum einen wäre da der Tommy Bolin-Song "Teaser", der, obwohl vom Arrangement nahe am Original gehalten, dennoch mit dem ganz eigenen Electric Swan-Feeling gebracht wird. Gelungen! Zum anderen gibt es knapp zehneinhalb Minuten "Creeping Death" auf die Ohren. Ja, genau, die Metallica-Nummer. Dass die sich im Falle von Electric Swan ziemlich anders, wesentlich stärker in den Siebzigern verwurzelt anhört, sollte mittlerweile klar sein. Aber weniger mitreißend ist das Stück deshalb noch lange nicht.
Das letzte Wort kann eigentlich nur sein, dass Lucio Calegari hier ein sehr geiles (Retro-/Classic-) Rockalbum abgeliefert hat, das sowohl rau und ungeschliffen daher kommt, wie es auch mit Feinheiten und spielerischer Brillanz aufwarten kann. Und vielleicht sogar am Wichtigsten: Calegari weiß genau, was er tut. Dieses Album ist keine Trend-Hüpferei, der Kerl ist nicht nur ein großer Fan der goldenen Zeit des Rock, sondern er hat diesen Stil mittlerweile im Blut, er atmet und lebt ihn.
Nur für den Fall, dass ihr mich um Rat fragen solltet: Reingreifen ins CD- (oder alternativ Album-) Budget und Electric Swan einkaufen! Schnell!
Line-up:
Lucio Calegari (guitars, vocals)
Ricky Lovotti (drums)
Enrico 'Deep' Garilli (bass)
Edoardo Gioranelli (bass)
Sophia Baccini (lead vocals - #3)
Tracklist
01:In The Hush Of Daze
02:Electric Swan
03:Your Love Been So Good To Me
04:Eleventh Angel
05:Beyond The Rising Sun
06:Calibro 9
07:Crossing The Line
08:Redwitch
09:Teaser
10:Apollo's Dream
11:Creeping Death
Externe Links: