Mehr als 20 Jahre nach dem Debüt von Branchen-Krösus Dream Theater kommen - ebenfalls aus New York, also praktisch direkt aus der Nachbarschaft - die Newcomer Elysium Theory mit ihrem Debütalbum aus den Startlöchern. Und all das 'Moderne', was sich über Jahre entwickelt und bis heute im Prog Metal Einzug gehalten hat - all die experimentellen Wagnisse, die sich mittlerweile zu einer neuen Evolutionsstufe in Sachen Sound und Songwriting gefestigt haben ... all das ignoriert die Band. Keine tiefer gestimmten Gitarren, keine Computerloops und Gesangsverzerrungen - "Modern Alchemy" ist ein Album für 'progressive Traditionalisten' (no pun intended!).
Irgendwo zwischen Prog Metal und Prog Rock angesiedelt steht diese Band für rhythmisch anspruchsvoll verproggte Songs von meta-kompakt bis sub-komplex. Man ist stets bedacht, die Melodien, die Sänger Dan Peterson mit seiner klaren, technisch versierten und für diese Art von Musik wie geschaffenen Stimme emotional rüberbringt, stark in den Vordergrund zu rücken. Es sind passionierte, weit ausholende und wehmütige Melodien, die hier und da, allerdings ohne zu nerven, ins Theatralische gehen. Die Spannungsbögen sind entsprechend lang; trotzdem braucht es keine zwei Versuche, bis sich die Hooklines im Suchtzentrum eingenistet haben.
Dazu bilden Gitarre und Keyboard eine formidable Ergänzung - während der Gesangsparts als stets aktive und kreative Antreiber, rhythmische wie melodische Ideengeber, und in Instrumentalpassagen als extrem kurzweilige Kunststifter im Sinne der Songdynamik. Jawoll, hier sind keine Individualisten am Werk, sondern starke Einzelkönner, die einander zu einem richtig starken Team ergänzen! Die extrovertierte Melodik erinnert hier und da an Saga - nur, dass Elysium Theory komplexer und vor allem heavier sind, unter anderem mit verstärktem Hang zum Double Bass und durchaus Riff-lastiger nicht nur im traditionellen Prog Rock, sondern auch im Heavy Metal der 80er Jahre verwurzelt.
Fans Melodie-orientierter Prog-Kost à la Dali's Dilemma oder Ice Age dürften voll und ganz auf ihre Kosten kommen. Und hier und da hört man dank Gänsehaut erregender Clean-Powerchords in manch einem Intro und den 'gewissen' spannungsspendenen Akkorden in der Songarchitektur, dass die Kreativabteilung von Elysium Theory früher ab und an mal Queensrÿche gehört hat. Am häufigsten erinnert dieses starke Erstlingswerk aber wohl an Enchant, besonders jene Enchant in früheren Jahren. Gerade deren Debütalbum "A Blueprint Of The World" ist/ war produktionstechnisch - authentisch, ungeschliffen, nicht überproduziert - und emotional - extrovertiert melodisch, atmosphärisch, leidenschaftlich - ganz ähnlich gestrickt.
Elysium Theory sind Prog-technisch alles andere als experimentierfreudige Revolutionäre und verzichten auf den perfekten Feinschliff am Computer. Sogar die gedoppelten Gesangslinien wurden hier deutlich hörbar nicht elektronisch bombastisiert, sondern einzeln aufgenommen und übereinandergelegt. Die klassische Herangehensweise - überhaupt nichts gegen modernen Prog, aber erfrischend ist es allemale! Wohltuende Erinnerungen an die Frühzeiten des Prog Metal werden hier mit unverbrauchten Songideen garniert - "Modern Alchemy" ist ein durch und durch überzeugendes, intelligent wie intuitiv erarbeitetes Prog-Album mit einer fesselnden Dynamik zwischen Riff-betontem Heavy Metal und atmosphärischer Bannkraft.
Zu guter Letzt überzeugen auch noch die tiefgehenden, metaphorischen Texte darüber, was die Menschen antreibt und mit Sehnsucht füllt, glücklich macht oder verbittert - früher und heute - zum Beispiel gleich im Opener "Lorimer's Pulse":
»The lure of gold, as in times of old,
gone the ancient ways
The metals bond in unvertain forms,
a new science is reborn«
"Modern Alchemy" ist hier nicht nur ein cool klingender Titel für ein Prog-Album, sondern auch ein Konzept, das zum Nachdenken anregen soll. Wie die Band es selbst sagt und dabei Shakespeare zitiert: »You are an alchemist; make golf of that.«
Es wäre schon hochinteressant, die Band auch hierzulande mal live zu erleben. Ob Elysium Theory aber über ein Nischendasein hinauskommen werden, ist zu bezweifeln, denn fair läuft das Musikbusiness bekanntermaßen nur selten ab. Aber mit gedämpfter Erwartungshaltung ist die Überraschung später um so schöner ... vielleicht schaffen sie es ja mal über den großen Teich - als Vorband von Dream Theater? Das wäre dann schon eine zeitlose musikalische Kombination ...
Line-up:
Dan Peterson (vocals)
Tim Reid (guitars)
Benny Reyes (keyboards)
Jeff Fister (bass)
Ted Feeney (percussion)
Tracklist |
01:Lorimer's Pulse (1:39)
02:Modern Alchemy (5:31)
03:Spiritcom (7:36)
04:All Seeing Eye (4:50)
05:Beyond Yourself (6:54)
06:The Source (8:39)
07:Chaos (5:46)
08:Russian Winter (6:50)
09:River In The Sky (5:31)
10:Blacklight Reflection (5:01)
11:Intrigued By Faith (8:24)
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