Es gibt ausgesprochen glückliche Fügungen im Leben. Eine solche ist zweifelsohne, zumindest aus musikalischer Hinsicht, das Zusammentreffen von Carol Ann Ives und Stevie Gurr irgendwo in Kalifornien. Sie eine junge gitarrespielende Singer/Songwriterin, er ein alter Hase im Rockbusiness, Gitarrist und Harpplayer bei Größen wie Elvin Bishop
oder Dr. John.
Die beiden gründeten 2003 Emith und treten als Akustik-Duo oder als komplette, verstärkte Band auf. Emith bedeutet 'das gute Leben' und das verkörpert ihre Musik unzweifelhaft. Nach der EP "Connecting" legt das Paar nun die erste komplette CD "13 Seasons" vor, die in ihrer Heimat (dort schon seit einem Jahr auf dem Markt) beste Kritiken erhält.
Der amerikanische Musikgeschmack ist ja oft nicht deckungsgleich mit unserem. Aber bei dieser Veröffentlichung kann ich mich nur anschließen: Wunderbar! Das schönste Folk Pop/Rock-Album, das mir seit langer Zeit untergekommen ist, ein absolutes Highlight unter allen Produktionen im semiakustischen Roots Music-Bereich. Es vereint einfach alles, was wir mit dieser Art von Musik verbinden - Leichtigkeit, Unbeschwertheit, Lebenslust, eine einnehmende Stimme, gute Instrumentalleistungen, ausdrucksstarke Songs, die einerseits ausgesprochen 'catchy' sind, aber auch reichlich 'Hooks' und Finesse aufweisen - Ohrwürmer mit Qualitätsanspruch.
Es gäbe jede Menge Namen und Vergleiche, die herangezogen werden könnten, aber die beiden bewegen sich mit ihren Stücken so gekonnt innerhalb der gängigen Genres von Folk, Country und Swing, krönen alles mit kalifornischem Easy Livin'-Groove und einer gehörigen Portion Pop, dass jeder Hörer wohl selbst, je nach Background, persönliche Favs entdecken wird. Die meisten Titel stammen von Frau Ives (teilweise mit Co-Autoren), einer vom Partner und neben "I'll Follow The Sun" ist "Let's Live For Today" ein weiteres Cover (von den Grass Roots), das sich nahtlos ins wohltönende Gefüge einreiht.
Gerade bei dem frühen Beatles-Song zeigt sich die zeitlose Interpretationsfähigkeit. Aber auch, wie hochklassig die eigenen Stücke sind, die in gleich genialer Weise künstlerisches Ausdrucksvermögen mit Eingängigkeit und Feeling vereinen. Noch etwas anderes wird hier deutlich: Gurrs Stimme kann mit der seiner Kollegin bei weitem nicht mithalten und der Hörer registriert erfreut, dass er nur bei einigen Liedern vorn am Mikro steht und schnell von der Pole verdrängt wird, wenn die Kollegin einsetzt. Dafür ist er auf seiner bevorzugten Telecaster-'Blue', den weiteren Saiteninstrumenten und auf der Mundharmonika ein Ass. Der rockige Gegenpol zur 'Sweetness' der Kompositionen. Wo deren Autorin ihre 'Roots' hat, sieht man schon auf den Fotos: Schlabberlook vor Blütenbäumen, schmachtende Blicke des attraktiven Darlings in Scheunenkulisse, und, quasi als dunkler Schatten im Hintergrund, der barfüßige Mr. Gurr ganz in Schwarz. Die Flower Power-Ära grüßt in aller unschuldigen Erinnerung.
Trotz der schönen Melodien und der gefälligen Verarbeitung sind die 13 Songs keine musikalischen Leichtgewichte. Alles komplexe, abwechslungsreiche Werke, die voller raffinierter und teils witziger Einfälle stecken - die Blumenwiese hat viele interessante Blüten! Neben den beiden Partnern sind eine Reihe von Gastmusikern in unterschiedlicher Kombination bei den jeweiligen Songs gelistet, die für die Farbenpracht sorgen.
"High Sierra" ist ein Opener nach Maß und bringt den Hörer mit seinem Drive (sexy Trällerstimme kombiniert mit "Mendocino"-Orgel) gleich auf Touren. Über das gemäßigtere "Empty Your Pockets" führt der Trail zur zarten Folkgemme "Connecting", das es mit den schönsten 'Balladen' der großen Singer/Songwriter-Kolleginnen aufnehmen kann und in der die Carol Ann ihre leicht nasale Stimme mit verletzlichem Jugendschmelz erklingen lässt. Mit anspruchsvollem Pop wartet "One Step Away" auf, in dessen Mittelteil die E-Gitarre über den rumpelnden Percussions saftig rifft. Wie eine dramatische Liebesballade von den Britischen Inseln nimmt "Stone Fences" den Hörer gefangen. "San Bernardino" - das gab's schon mal (allerdings nicht identisch) von Christie, 1970 ein Nr. 1-Hit bei uns. Das hier kann ruhig als stilistisches 'Remake' betrachtet werden, jedenfalls produziert es das gleiche lockere groovige Mitsing-Feeling und wir hören den guten Stevie nun auch mit seiner formidablen Harp. Swingenden Barjazz offeriert das Duo mit "Over Before It Started". "As The Summer Turns To Fall" ist bittersüße Romantik, die in über sechs Minuten genüsslich ausgebreitet wird und in "Amjad" seine leicht orientalisch angehauchte (rhythmischere) Fortsetzung findet. Der Gurr-Song skiffelt fröhlich und wer bei dem Titel "I Got My Baby" an den größten Hit eines anderen amerikanischen Paares erinnert wird, liegt sicher nicht daneben. "Let's Live For Today" könnte auch das Motto von Emith sein, die damit an eine weitere der erfolgreichen Pop-Combos Kaliforniens der Spätsechziger erinnern. "Stuck In Stark Relief" entlässt den geneigten Hörer entspannt und ziemlich glücklich, jedenfalls wenn er auf gleicher Wellenlänge wie der Schreiber dieser Plattenkritik ist.
Viele Leute waren über Jahre mit diesem Projekt beschäftigt, ist im Booklet zu lesen und das glaub ich gern. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Produziert wurde "13 Seasons" von Sheldon Gomberg, dessen Klientenliste fast genauso lang ist, wie die des Ober-Masterers Joe Gastwirt. Dass dieses Duo die Kunst des anderen bestens in Szene setzt, versteht sich von selbst.
Und auch deshalb, in jeder Hinsicht aus dem Hause Neugebauer
- die dicke EMPFEHLUNG!
Tracklist |
01:High Sierra
02:Empty Your Pockets
03:Connecting
04:One Step Away
05:Stone Fences
06:I'll Follow The Sun
07:San Bernardino
08:Over Before It Started
09:As The Summer Turns To Fall
10:Amjad
11:I Got My Baby
12:Let's Live For Today
13:Stuck In Stark Relief
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