The Epstein war beim Roepaen Festival 2011 der Abräumer. Daher ist es allemal einige Worte Wert, sich mit einer ihrer EPs zu beschäftigen. Neben der vorliegenden Scheibe "Calling Out Your Name" (2011) hat die Band aus dem englischen Oxford mit "I Held You Once" (2010) noch eine weitere EP veröffentlicht. Auf beiden Platten wurden alle Songs von The Epstein geschrieben und schon geht das erste Lob an die Gruppe, denn komponieren können die drei Musiker Olly Wills, Jon Berry sowie Sebastian Reynolds.
Mit seinem einnehmenden Charme kommt der Titeltrack "Calling Out Your Name" bei mir in die engere Auswahl zum Song des Jahres. Was The Epstein hier in knapp vier Minuten an Atmosphäre transportiert, kann nur noch durch eine Live-Version getoppt werden. Aus dem Nichts kommend erklingt - ganz leise, gerade noch zu hören - sanft-zart die akustische Gitarre. Dann setzt Olly Wills' Stimme ein. Etwas Hall hat man dem Gesang gegeben und der passt perfekt zu den einsetzenden Streicher-Klängen. Mit einem wunderschönen Groove unterlegt, bahnt sich die Nummer ihren direkten Weg ins Zentrum der Blutzirkulation. Dann folgt, nur ganz kurz, eine herrliche Keyboard-Passage, die man lieben muss. Fast unbemerkt gibt man dem Track einen Tick mehr Dynamik. Die E-Gitarre hat sich bis jetzt etwas zurückgehalten, tritt aber nach einem feinen Break mehr in Erscheinung und jetzt ist auch ein Schlagzeug zu hören. Man zögert den Höhepunkt des Drives noch ein wenig hinaus und mit zunehmender Lautstärke rockt das Stück schließlich mit aller Epstein-Macht. Einsame Keyboard-Klänge lassen den Song genauso im Nebel verschwinden, wie er auch begonnen hat. Grandios! The Epstein ist fantastisch.
Wer kommt schon auf die Idee, eine Komposition "Sophia Loren" zu nennen. Beim Roepaen-Festival liefen Wills und ich uns über den Weg und er sagte mir, dass er die Inspiration zu diesem Song bei einem Italien-Aufenthalt hatte. Das Stück klingt nicht nach dem Land, sondern ist ein weiteres Beispiel für die Stärken der Band. Hier zeigt Jon Berry, welche Stimmungen er auf seiner E-Gitarre erzeugen kann. Wunderbar erstreckt sich die Weite einer imaginären Landschaft und in diesem Track setzt die Band mehr auf Breaks sowie Rhythmuswechsel. Darin ist das Trio meisterlich. Schon wieder ein verdientes Lob.
"Chimes" ist eine, vom zurückhaltenden Beginn abgesehen, verhalten rockende Nummer und an dieser Komposition kann man ein weiteres Qualitätsmerkmal von The Epstein hervorheben. Der Dreier hat die Gabe für großformatige Refrains quasi in den Adern. Reynolds wartet mit schönen Piano-Riffs auf. Hier stellt man fest, dass wenige Töne oft um Längen effektiver sind, als Viel-Spielerei. Ach, es ist herrlich, dieser Gruppe auch auf einer CD zuzuhören. Der Sound ist kompakt und zeugt gleichzeitig von Weite. Wills hat einfach eine sympathische Stimme und zusammen mit dem Chorgesang passt auch hier alles wunderbar zusammen.
"Into Daylight (Chimes Remix By Keyboard Choir)" ist ein genialer Abschluss der EP. Ohne damaliges Wissen, dass es sich um ein eigenständiges Lied handelt, begann The Epstein mit diesem Stück. Sebastian Reynolds zaubert Synthesizer-Klänge, die trotz ihres kathedralen Charakters psychedelisch erscheinen. Der Song ist fast instrumental arrangiert. Wie durch seidenen Chiffon hört man Wills' Gesang und auch dieses relativ kurze Lied hat seinen berechtigten Platz auf der Platte.
The Epstein kann live wie auch auf einem Tonträger beeindrucken. Für das, was die viertel Stunde "Calling Out Your Name" zu bieten hat, müssen andere Bands sich ganz weit strecken. Wenn beim Hören der CD Momente des Konzerts wiederbelebt werden, ist so etwas ja nicht als negativ zu werten. Folglich sei The Epstein dem Leser im wahrsten Sinn des Wortes ans Herz gelegt.
Line-up:
Olly Wills (acoustic guitar, vocals)
Jon Berry (electric guitar, vocals)
Sebastian Reynolds (keyboards)
Tracklist |
01:Calling Out Your Name (3:57)
02:Sophia Loren (4:13)
03:Chimes (4:27)
04:Into Daylight [Chimes Remix By Keyboard Choir] (2:48)
(all songs written by The Epstein)
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