Nach der
EP-Sommeroffensive kommt
Europe nun mit dem kompletten Album "Last Look At Eden" hinterm Apfelbaum hervor.
Die Vorlage war ja bereits eine schmackhafte Angelegenheit und jetzt ist es an der Zeit, sich die gereifte Frucht in Gänze zu Gemüte zu führen. Der halbierte Apfel auf dem Cover macht es dem Hörer nicht unbedingt einfach, sich an den Inhalt des Albums zu begeben.
Allerdings sollte das stachelige Äußere nicht davon abhalten, sich ausgiebig mit den zwölf Songs zu beschäftigen.
Zwölf deswegen, weil uns diese Version des Albums vorliegt.
Darüber hinaus kann man sich auch für eine 'Limited Edition' mit zwei Live-Bonustracks ("Yesterday's News"/"Wake Up Call") oder einer noch strenger limitierten Ausgabe, die sich dann 'Collector's Edition' schimpft, handsigniert ist und über eine 7''-Vinyl-Single mit ebenfalls zwei Livesongs ("Sign Of The Times"/"Start From The Dark") verfügt, entscheiden.
Stellt sich natürlich nur die bescheidene Frage, ob sich der Griff zur neuen Platte mit paradiesischen Aussichten auf tolle Musik herausstellt, oder einer ins Klo wird.
Europes erste Phase von 1979 bis 1994 war ein steiler Aufstieg und ein harter Fall ins Bodenlose, hatte viele Höhepunkte, musste aber auch einige Tiefschläge verkraften.
Europes zweiter Anlauf wurde zur Jahrtausendwende gestartet, als man zum Neujahrskonzert im Stockholmer Hafen aufspielte und mit der vorliegenden CD kommt es bestimmt nicht zu einem schnellen 'Final Countdown'.
Auf einer relativ gut gepolsterten Welle des Erfolges haben sich die Bandmitglieder dadurch wohl ihre Köpfe gut freigeblasen. Der "Last Look At Eden" entpuppt sich als ein ganz starkes Dutzend an Nummern, die offenbaren, dass der Fünfer sich von dem, was ihn früher ausmachte losgesagt hat und jetzt amtlich losrockt.
Hard Rock, wie er dem Hörer so richtig zusagt und das fast über die gesamte Distanz der Platte. Hart riffende Gitarren werden von verschieden aufgelegten Keyboards begleitet. Joey Tempests Stimme ist gut gereift, hat keinerlei Druckstellen abbekommen und der Sound ist richtig wuchtig.
Neben dem Titelsong in Lobgesangform gibt es vehementen Rock auf die Trommelfelle und ganz am Schluss ziehen Tempest, Norum & Co mit "In My Time" eine Ballade aus dem Köcher, bei der Rotz und Wasser unmittelbare Nachbarn sind.
Die pickelige Apfelschale auf dem Cover symbolisierte es bereits... hart geht es zu und Melodien von der Marke 'Hängenbleiber' gibt es ebenfalls, allerdings hat es sich Europe neuerdings nicht nehmen lassen, diese zum Teil in ein knochentrockenes musikalisches Umfeld zu packen, wie zum Beispiel in "Mojito Girl". Sehr gut gemacht, kann man da nur schreiben!
Wenn die Keyboards auf Streicherklänge umschalten, sind diese nie zu dick aufgetragen und schon gar nicht störend. Auch hier hat man ein feines Händchen bewiesen. In "Only Young Twice" darf es auch ein wenig fernöstlich klingen.
Norum setzt ab und an das Wah Wah-Pedal ein, womit die Parts einen funkigen Anstrich bekommen. Und bei allem, was recht ist, in Abschnitten träufelt man sogar ein bisschen 12-Takter in die Angelegenheit.
"Last Look At Eden" sollte man in seiner Gesamtheit auf sich wirken lassen.
So ist die Platte als Einheit angelegt, denn ein absoluter Ausreißer als Chart-Stürmer ist nicht auszumachen. Muss auch nicht sein, denn mit dem Album wird das Quintett punkten und sicherlich die Konzertsäle in Deutschland füllen - und nicht nur, weil man mit
Gotthard gemeinsame Sache macht.
Mit diesem Album ist
Europe eine europäische Hausmarke des Hard Rock.