2000 Tons of Metal
14.01.2012, Maas-Kreuzfahrt, Maasmechelen (Belgien)
Rocktimes Konzertbericht
2000 Tons of Metal
Maasmechelen (Belgien)
14. Januar 2012
Konzertbericht
Stil: Metal


Artikel vom 27.01.2012


Jochen v. Arnim
Eigentlich war es nur eine kleine Randbemerkung im Rahmen eines Gesprächs, die mich auf dieses Event aufmerksam werden ließ und ich sagte direkt mal prophylaktisch meine Teilnahme zu. War ja noch Monate hin, so weit im Voraus habe ich meinen Terminkalender sowieso nicht im Kopf. Abgehakt und nicht weiter drüber nachgedacht. Schwuppdiwupp waren eben diese Monate vergangen und der Termin rückte in greifbare Nähe. Anfang Januar, seit Tagen Dauerregen, Temperaturen gegen Null und dann auf einem Ausflugsdampfer die Maas runterschippern? Das kann ja heiter werden. Und wenn das große Vorbild dieser Veranstaltung, die 70.000 Tons of Metal in der Karibik, schon nicht auf dem Plan steht, müssen wir da halt durch. Dazu war die Cruise wohl schon Wochen und Monate vor dem Termin ausverkauft, alles nur mit Mundpropaganda und ein wenig Facebook. Einer der Organisatoren, Koen Haerden, ist zudem auch Veranstalter des alljährlich - übrigens grenznah bei Maasmechelen - stattfindenden Rommelrock Festivals und somit durchaus erfahren, was das Berücksichtigen notwendiger Kleinigkeiten anbelangt.
MS ZambeziUrsprünglich war mal eine Anfangszeit von irgendwann nachmittags im Umlauf, was sich dann aber gerüchteweise immer weiter in Richtung Mittag verschob. Das Ende vom Lied war schließlich die Order: Einschreibung zwischen 08:00 und 10:00 Uhr - das ist morgens! An einem Sonnabend!! Nun denn, soll wohl so sein. Die Anfahrt ließ zumindest vom Wetter her einen gewissen Optimismus zu. Kalt zwar, aber kein Regen. Treffpunkt war das Rockcafé Jan Hertog in Eisden (Maasmechelen), von wo aus uns dann ein kurzer Fußweg zum Kanal dem eigentlichen Ort des Geschehens näher brachte. Die MS Zambezi lag vertäut am Ufer, von Weitem schon zu sehen der große Pavillon an Oberdeck, aus dem bereits leichte Rauchwölkchen aufstiegen. Das ließ auf Grill und die Sicherstellung der Versorgung mit fester Nahrung schließen - immerhin sollten wir mindestens zehn Stunden 'auf See' sein - und um einen Mangel an Bier mache ich mir in Belgien eh keinen Kopf. Die Rückfahrt vom Zielort war mittels gecharterter Busse gesichert, alles im grünen Bereich.
Für einen Großteil der einigen Hundert Teilnehmer schien es ein Ausflug mit guten Freunden zu sein. Ich glaube nicht, dass auch nur ein einziger 'Mitreisender' an Bord war, der weniger als zehn andere kannte. Dazu kamen dann noch die Bands, die den meisten auch halbwegs bekannt waren und die sich vom ersten Moment an unter die Gäste mischten. Neben dem bereits erwähnten Pavillon an Oberdeck gab es dort oben auch einen überdachten Aussichtsraum und eine Etage tiefer den großen Salon. Hier sollten dann auch die Bands auftreten, quasi auf Augenhöhe mit dem Publikum. Eine Bühne hätte bei einer geschätzten Stehhöhe von ca. 1,80 Metern auch kaum Platz gefunden. Aber cool gemacht, alles mit rotem Teppich ausgelegt, ständig besetzte Bar, ausreichend Platz zum Freiluftessen und -rauchen und jeweils ein Niedergang an Bug und Heck, um entspannt hin- und herdiffundieren zu können. Und genau das sollte es auch werden, ein entspannter Ausflug mit Freunden, viel frischer Luft, beschaulichem Uferpanorama - und vielen Stunden Hardcore Metal.
ShimmerDen Anfang machten dann gegen Mittag die Jungs von Shimmer und coverten die Rockgeschichte einmal rauf und runter. Der Sound war erstaunlich gefällig dafür, dass man sich die akustischen Verhältnisse auf einem niedrigen Stahldampfer als nicht gerade einfach vorstellen kann. Das Publikum war für diesen ersten Akt jedoch erst in Teilen bereit. Zu viele Freunde und Bekannte mussten noch begrüßt werden und außerdem hatten die Ersten schon Hunger, und Durst sowieso. Und auch das war das Tolle an diesem Event: Man konnte mal eine halbe Stunde Musik gucken und hören, dann wieder an die Bar gehen, nach oben ins Freie klettern und dort bei einem Bierchen die Landschaft betrachten und der gedämpften Musik lauschen. Neben dem Betrachten der Landschaft für die Kreuzfahrer war jedoch das Betrachten der Kreuzfahrer für die samstäglichen Ausflügler und Angler entlang den Gestaden der Maas und ihrer Kanäle ein immer wieder von großem Hallo begleitetes Ereignis. Manch ein Spaziergänger oder Boatspotter an einer der diversen Schleusen mag sich wohl im falschen Film gewähnt haben ob dieser wilden Meute, die da offensichtlich ein Schiff gekapert hatte. Und dann noch der Krach, der die stählernen Wände nach außen zu beulen drohte. Letztendlich war aber schnell klar, dass die Langhaarigen eher zur harmlosen und freundlichen Spezies gehörten und so endete jede Begegnung mit heftiger Winkerei - obwohl die Rocker ja schon komisch winken, immer nur mit zwei Fingern in die Luft gestreckt - seltsam.
SoulsteelerAls zweite Band waren die Jungs und das Mädel von Soulsteeler im Salon zugange und boten den sich dann schon zahlreicher vor der 'Bühne' eingefundenen Zuschauern ein Set aus frischem Power Metal. Frontfrau Angélique de Jager rockte das Boot mit abwechslungsreichen Melodien, ein paar eingeflochtenen Growls und viel Bewegung. "Life Is Sinister" wäre jetzt mein Anspieltipp, hätten wir es mit einer CD zu tun, wenn auch der Titel nicht so ganz zu dem aufbrechenden Himmel passte - die Sonne kam raus, und das ist alles andere als böse. Wie alle Bands kommen auch Soulsteeler aus dem Großraum Limburg im grenznahen Bereich zwischen Belgien und den Niederlanden, in diesem Fall sind die bereits seit 2001 agierenden Metaller aus der Region um das belgische Arendonk.
Sons Of IrahDie Running Order sah neben einer kurzen Umbaupause als nächsten Act die Sons Of Irah vor. Diese ebenfalls aus Belgien stammenden Jungs haben sich sich auf eine Mischung aus Metalcore und Melodic Metal spezialisiert und da ging ganz schön die Post ab im Schiff. Mit einer Unterbrechung existiert die Band seit ca. fünf Jahren und konnte in dieser Zeit eine ansehnliche Reihe von Auftritten, nicht nur in der Region Limburg, für sich verbuchen. Hier nun sorgten sie dafür, dass endlich etwas Bewegung in die Menge kam, wenngleich jedwede Anstrengung, einen vertikalen Move zu machen, gnadenlos ausgebremst wurde - von der Decke.
Hell CityFür mich kam dann ein erstes Highlight in Form der, auch wieder, belgischen Metaller von Hell City, auf deren Auftritt ich mich nach meinem letzten Live-Erlebnis mit ihnen wirklich gefreut hatte. Als kleine Überraschung wurde uns statt des regulären Gitarristen der Band der Saitenhexer Yorgo Tsiafakis von Keyrah präsentiert, der ersatzweise eingesprungen war und sich, wie er mir vorher verraten hatte, die Songs binnen kürzester Zeit draufziehen musste. Dass das der Performance wahrlich keinen Abbruch tat, konnte das begeisterte Publikum hautnah miterleben. Musikalisch fuhren wir im Tempo und in der Härte ein paar Grad runter und Michelle Nivelle sang in ihrer bekannten leicht zurückhaltenden Art die Setlist makellos durch. Ihre fein modellierte Stimme durchdrang den Schiffskörper mit einem stimmlichen Kontrastprogramm im Vergleich zu den Jungs, die nur wenig zuvor an derselben Stelle gespielt hatten.
CivilianJetzt folgte eine längere Unterbrechung, die zum ausgiebigen Verspeisen diversen Grillguts genutzt werden konnte - mittlerweile weit nach Sonnenuntergang, war das Befahren des pechschwarz erscheinenden Wassers in ebenso pechschwarzer Nacht ein Erlebnis. Ab und zu tauchten mal ein paar Lichter, ein Ausflugslokal am Ufer oder eine befahrene Brücke auf, ansonsten gurgelte das Fahrwasser und der Schiffsdiesel versuchte tapfer, die Konservenmusik zu übertönen. Die Stimmung war ausgelassen und einfach nur prächtig und dazu kam dann als vorletzter Act die Band Civilian, deren Sänger Mark van Luijk zwar an massiver Erkältung litt und schon den ganzen Tag über versucht hatte, seinen Hals mit dickem Schal zu schützen. Speziell nachdem die Sonne dann nämlich untergegangen war, hatte der Fahrtwind - so gering er auch gewesen sein mag - für einen kräftigen Chill Effect gesorgt und dementsprechend voll wurde es in der überdachten Bar. Civilian hatten sich zur Feier des Tages den "Boat Song" erdacht, dessen Refrain mit '2000 Tons Of Metal' wunderbar in ihren dröhnenden Mix aus Hardrock und Metal passte. Als Zugabe gab es dann noch Eddie Cochrans "Summertime Blues", abgewandelt in "Summertime Boat", fehlte eigentlich nur die Summertime.
KeyrahIrgendwann war es dann Zeit für die von allen Gästen sehnlichst erwarteten Jungs von Keyrah und gefühlt standen auch alle in der ersten Reihe im Halbrund um die 'Bühne', bei der lediglich die Schlagzeuger der Bands etwas erhöht sitzen konnten. Sänger Rosario Ieracitano klang, als habe er speziell für diese eine Stunde seine Stimme wochenlang geschont. Wären wir auf einem Ozeanriesen auf großer Fahrt bei unsichtigem Wetter unterwegs gewesen, ein Nebelhorn hätten wir nicht gebraucht. Unterstützt wurde er von den Gitarristen Dimitri Natsikas und, bereits weiter oben angesprochen, Yorgo Tsiafakis sowie Sammy Zadora am Bass und Philip Weinhold an den Fellen und sie brannten ein wahres Metalcore-Feuerwerk ab. So in etwa könnte man ein Schiff zum Sinken bringen, speziell auch, weil es im Publikum kein Halten mehr gab. Die Grenze zwischen Band und Zuschauerbereich verschwand immer mehr und zeitweilig war auch nicht ganz klar, wer nun wohin gehörte. Es war egal, jetzt war richtig Party angesagt und das merkte auch die Band, die mit ihrem geplanten Set nicht auskam, sondern für das ausgelassene Publikum noch ein paar Briketts nachlegen musste.
MS ZambeziErst nachdem die letzten Töne verklungen waren, stellten wir fest, dass wir längst am Anleger festgemacht hatten und dieser Teil der Veranstaltung vorüber war. Organisator Koen stand an der Tür und verabschiedete jeden Gast einzeln mit Handschlag und passte auf, dass die Köpfe auch unter dem niedrigen Durchgang nirgendwo anstießen. Ein überschaubarer Fußweg in den Ort Balen brachte uns zu einer letzten Station, einem weiteren Rock-Café, wo man auf dem Vorplatz ein großes, warmes Zelt aufgebaut hatte und bei einem letzten Pintje den Tag Revue passieren lassen konnte. Nicht eine einzige negative Stimme war zu vernehmen, ein wirklich runder Tag halt, von Anfang bis Ende. Herzlichen Dank an die mal wieder sehr angenehme Aufnahme in dieser Runde und natürlich an Rommelrock Koen für die äußerst unkomplizierte Akkreditierung - wir hoffen auf eine zweite Cruise! Dank aan Jeke voor de foto's van het schip.
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