Einmal im Leben Venom leibhaftig sehen: Ein unerfüllter Traum vieler Metal-Maniacs. Beim Christmas Metal Festival im oberfränkischen Lichtenfels (das zwei Wochen später mit völlig anderem Billing nochmals in Geiselwind ausgetragen wurde) konnte dieser Wunsch in Erfüllung gehen. Doch nicht nur die Schöpfer des Black Metal, die sich live allgemein ziemlich rar machen, sollten in diesen zwei Tagen, in denen sich schätzungsweise rund 3000 Besucher zusammen fanden, für metallische Glückseligkeit sorgen. So ging es bereits am Freitag mit einem sehr traditionell orientierten Line-up los, während der Samstag eher für derbes Gekloppe stand...
Freitag, 25.11.:
Das erste Problem des Tages trat leider schon vor dem Opener auf: Eine massive Verspätung am Einlass, die dazu führte, dass sich vor der Halle eine extrem lange Schlange bildete und somit einige Besucher erst am Ende von Mortal Sin hinein kamen. Dabei gingen die Australier schon rund 30 Minuten zu spät auf die Bretter! Glücklicherweise schaffte ich es noch vor dem großen Andrang in die Halle, weshalb ich auch die komplette Show sehen konnte. Da sich die Setlist besonders auf die Anfangstage der Band konzentrierte, konnte man natürlich Stücke wie "Blood, Death, Hatred" oder "Mayhemic Destruction" abfeiern, aber auch Stoff vom neuen Album "Psychology Of Death". Viel Spielfreude und eine sympathische Ausstrahlung des Sängers, der gerne im Fotograben herum turnte, setzten dem gelungenen Start die Krone auf.
Ein Old School-Set von Heathen: Geil! Spielten die Amis auf der Tour mit Overkill im März lediglich Stücke von neusten Album "The Evolution Of Chaos", so gab es in Lichtenfels ausschließlich Klassiker wie "Death By Hanging", "Goblin's Blade" und "Pray For Death" um die Lauscher gebolzt. Leider konnten sie nur läppische vier Songs (!!!) zum Besten geben, weil man offenbar die Verspätung an ihrem Set wieder herausholen wollte. Der angepisst wirkende Gesichtsausdruck von Lee Altus sprach Bände... Dafür sollte man dem Verantwortlichen wirklich in den Allerwertesten treten!
Weiter ging's mit einer ziemlich exklusiven Show von Lizzy Borden, der dieses Mal leider ohne seine hübschen Tänzerinnen auftrat. Zu Beginn haperte es ein wenig am Sound ( Lizzys Vocals waren viel zu leise), der sich nach einigen Songs allerdings wieder besserte. Neben aktuellen Songs kamen alte Klassiker wie "Red Rum", "Me Against The World" und schlussendlich auch "American Metal" zum Zuge. Die heiß geliebten Showeffekte wie das Ablecken einer blutigen Axt, das Blutspucken und das Verteilen von Kunstblut in die ersten Reihen durften natürlich auch nicht fehlen. Eine grundlegend sehr geile Show, die alle Wünsche begeisterter Schock Rock-Fans erfüllen konnte; auch wenn der Headlinerauftritt auf dem 2009er 'Keep It True' schon irgendwie geiler war.
Schon wieder Destruction: Auch eine Band, die momentan gefühlt an jeder Pommesbude spielt. Deshalb bekamen sie auch dieses Mal von mir nicht so viel Aufmerksamkeit, was sich im Nachhinein vielleicht als ein kleiner Fehler herausstellte. Die Setlist beschränkte sich komplett auf altes Material, die Meute fraß ihnen sichtlich aus der Hand. Nun denn, da haben sie wohl alles richtig gemacht...
Anvil habe ich mir dieses Mal komplett entgehen lassen, um ein Mittagsschläfchen im Auto zu halten. Außerdem habe ich die Kanadier in den letzten 18 Monaten sowieso schon oft genug gesehen, weshalb das auch nicht wirklich schlimm war.
Mit zitternden Gliedmaßen wachte ich verfrüht aus meinem Nickerchen auf (die Temperatur lag nur knapp über dem Gefrierpunkt und die Decke im Auto ist auch nicht unbedingt der Brüller) und beschloss, dann mal doch bei Exodus reinzuschauen. Auch wenn ich - wie viele Fans der alten Platten - Sänger Rob Dukes für den größten Fehlgriff in der Geschichte dieser Legende halte, muss ich gestehen, dass sie die Setlist gut auswählten. Wenn man bereits mit "Deranged" einsteigt, ist das schon geil. Und das sie dann auch noch "Metal Command" spielten, erfreute mich persönlich noch mehr! Man könnte es also so halten: Tolle Band, tolle Setlist, mieser Sänger!
Weiter ging's mit Sepultura, die ebenfalls ein Best Of-Set alter Platten spielten. Bisher hielt ich die aktuelle Besetzung der Brasilianer für ziemlich mies, weshalb es mich um so mehr überraschte, mit welcher Energie und altem Thrash-Spirit die Band dieses Mal zockte! Derrick Green machte einige Ansagen auf Deutsch, Andreas Kisser kam sogar mit Kutte auf die Bühne und die Auswahl der Songs war allererste Sahne. Zwar gab's leider nichts aus der Phase bis zur "Shizophrenia" zu hören, dafür aber ausschließlich Zeugs von "Beneath The Remains", "Arise" und "Chaos A.D.". Mit solchen Setlists sollte die Band öfter auftreten! Das lässt einen dann sogar das komplette Fehlen der Cavalera-Brüder vergessen. Mitunter das Highlight des Tages!
Mit einer identischen Show wie beim diesjährigen Bang Your Head!!! konnte man dann Lordi bewundern, die wieder mit jeder Menge Feuerwerksböllern, Schock Rock-Entertainment und Songs wie "Rock Police", "Bringing Back The Balls To Rock" oder dem Eurovision-Hit "Hard Rock Hallelujah" überzeugten. Die Halle war ziemlich gut gefüllt und Mr. Lordi überzeugte mit sympathischen Aussagen, dass er am nächsten Tag liebend gerne Venom bewundern möchte. Hype hin oder her: Für mich sind die Finnen nach wie vor das Neuzeit-Pendant zu Kiss und Cooper!
Was kann man mittlerweile noch groß über eine Saxon-Show berichten? Sie sind und bleiben einfach eine Legende, die man immer und immer wieder sehen kann und deren Shows niemals langweilig werden. Und daran hat auch dieser Auftritt nichts verändert! Die gesunde Mischung aktueller Songs (viele auch vom neuesten Album "Call To Arms") und den alten Hymnen wie "Princess Of The Night", "Power & The Glory" oder das völlig unverzichtbare "Wheels Of Steel" sorgten für rund 75-80 Minuten schweißtreibenden NWoBHM-Spaß. Ein sehr gelungener Abschluss des Tages, auch wenn der eigentliche Headliner noch folgen sollte...
...und der hieß Hammerfall. Liebend gerne hätte ich sie mir einmal komplett angeschaut. Doch die Tatsache, dass sie erst um halb 1 auf die Bretter stiegen, fand ich dann doch schon ziemlich ätzend. Allgemein ist mir das bei diesem Festival ziemlich sauer aufgestoßen, dass man so viel Programm in zwei Tage stopfen muss. Es war eigentlich fast unmöglich, sich jede Band anzuschauen, weil ein Tagesprogramm von insgesamt 14 (am Samstag sogar mehr als 16 Stunden!!!) einfach zu viel abverlangt. Da sollten sich die Veranstalter für die Zukunft echt mal überlegen, ob etwas weniger nicht manchmal vielleicht mehr ist. Ich fuhr also gegen Mitternacht zurück in meine Pension (es soll sogar einige ganz abgehärtete Leute gegeben haben, die in ihren Autos die Nacht verbrachten...), um mir ausreichend Schlaf für den nächsten Tag zu gönnen. Immerhin kam da der absolute Hauptgrund für mein Erscheinen auf dieser Veranstaltung.
Samstag, 26.11.:
Bereits um 10 Uhr morgens (sprich: gerade mal 8 Stunden nach dem Ende vom Freitagsheadliner!) ging es schon wieder mit Livemucke weiter. Als ich um etwa 12:30 Uhr eintraf, spielten gerade Debauchery (sie waren schon die vierte Band im Billing), von denen ich allerdings außer dem Anblick von ein paar blutbesudelten Damen und Herren nur wenig mitbekam.
Die erste Band, die ich mir richtig anschaute, waren Solstafir aus Island. Sie fuhren mit einer Mischung aus etwas Bathory-lastigem Black/Epic Metal, Psychedelic Rock und Doom auf. Für den Anfang des Tages ganz nett, manchmal aber ziemlich anstrengend und nicht gerade der Mega-Knall, den man braucht, um richtig in Fahrt zu kommen; eher Musik zum Lauschen als zum Abgehen. Trotzdem eine beachtenswerte Band, die ich mir vielleicht noch einmal auf Platte geben soll.
Was ein billiger Rammstein-Abklatsch wie Maerzfeld auf solch einem Festival zu suchen hat, kann ich leider nicht verstehen. Da macht es sogar noch mehr Spaß, bei rund 5-7 Grad vor der Halle zu stehen und mit Bekannten ein Bierchen zu trinken! Auch nützlich sind solche Bands immer, um den Merch-Ständen etwas Aufmerksamkeit zu schenken...
Bei Primordial galt allerdings wieder bedingungslose Anwesenheitspflicht! Zusammen mit Warcry-Sirene und Die-Hard-Fan Martin begab ich mich direkt vor die Bühne, um mir nun zum dritten Mal dieses Spektakel zu geben. Alan, natürlich wie immer in Corpsepaint und Kunstblut getunkt, verstand es auch dieses Mal, mit seinen Gesten und seiner Mimik zu überzeugen. Der Sound war ebenfalls nicht von schlechten Eltern. So trümmerte der epische Pagan/Black Metal, der mich immer wieder an fortgeschrittene Bathory erinnert, kraftvoll durch die Boxen. Und wer beim abschließenden "Empire Falls" nicht in Ekstase verfällt, der ist ein hoffnungsloser Fall, wenn es um Epik im Metal geht! Soviel ist sicher: Gegen Primordial wird im Pagan-Genre ein Leben lang keiner mehr herankommen (außer halt eben oben genannte Bathory)...
Bisher hatte ich noch nichts großartig mit Vader am Hut, wenn man mal die uralten Demo-Geschichten ausblendet. Nach dieser genialen Show fragte ich mich dann allerdings, wieso... Was die Polen da in brachialstem Soundgewand für ein Massaker ablieferten, war allerfeinster, kompromissloser Old School-Death Metal, den man fast auf die selbe Stufe mit den göttlichen Morbid Angel stellen kann. Zum Abschluss gab es noch ein sehr gelungenes Cover von Slayers "Raining Blood". Ultra geil!
Die darauffolgenden Gorgoroth mögen musikalisch ja vielleicht ganz nettes Norwegen-Geklirre und deshalb auch ein gewisser Genre-Kult sein, doch ihr aktueller Sänger Pest krächzte so dermaßen schrecklich, dass man meinen konnte, eine Krähe mit fehlendem Kehlkopf würde da vorm Mikro stehen... Und das hat mir die ganze Show versaut!
Eine Dosis Schwedentod gefällig? Dann konnte man sich an Unleashed erfreuen, die einen guten Mix aus neuen Songs und altem Stoff boten. Sehr geil war auch der außerordentlich fette Sound. Johnny Hedlund schien gut gelaunt zu sein, machte einige humorvolle Ansagen und wusste allgemein, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Hat Spaß gemacht, vor allem, endlich mal solche Songs wie "Execute Them All" live genießen zu können!
Six Feet Under mögen vielleicht eine Legende im (moderneren) Death Metal-Genre sein, aber sobald Kiffkönig Chris Barnes seine Klappe (oder ist es doch das Maul eines Schweins?) aufmacht, suche ich das Weite. Somit gibt's hier nur wenig zu berichten, außer vielleicht, dass man sich am Auto für den Headliner warmgehört hat und den Rausschmeißer "Hammer Smashed Face" durch die Tür aus dem Frischluft-Raucherbereich betrachtete...
Da kamen Immortal gerade richtig, um nordisches Black Metal-Flair mit jeder Menge augenzwinkerndem Humor zu verbreiten. Und was Abbath und seine beiden Mitstreiter da wieder für eine Show auf die Bretter zauberten, war erstklassiges Düster-Entertainment. Die Betonung der Setlist lag (ebenso wie beim diesjährigen Bang Your Head!!!) sehr stark auf der legendären "Sons Of The Northern Darkness"-Scheibe von 2002, einige Stücke stammten aber auch von "Diabolical Fullmoon Mysticism", "Damned In Black" und "At The Heart Of Winter". Ein ganz besonderer Faktor jeder Immortal-Show sorgte auch hier wieder für Freude: So stand die Bühne mal kurzzeitig komplett unter brennenden Feuerwerkskörpern, dann schossen gegen Ende mehrmals Flammensäulen zur Hallendecke, die einen wahrscheinlich noch am anderen Ende der Halle schwitzen ließen... Wie es mein bester Kumpel Giovanni immer gern sagt: Kiss in Böse!
»Ladies and Gentleman: From the very depths of hell... VEEENOOOOOOOOOOM!!!« Das waren die Worte, die um kurz vor 1 meinen langjährigen Jugendtraum in Erfüllung gehen ließen. Ab dem ersten Ton des Genre-Namensgebers "Black Metal" verfiel ich in eine Euphorie, aus der ich erst wieder nach dem letzten Ton von "Witching Hour" um kurz vor halb 3 heraus kam. Cronos hat zwar mittlerweile auf dem Schädel immer weniger Haare, dennoch ist er nach wie vor der Alte; die perfekte Inkarnation des anti-autoritären Extrem-Rock'n'Rollers. Seine beiden Mitstreiter Rage (Gitarre) und Dante (Drums) lieferten zwar ebenfalls makellose Arbeit ab, man merkt allerdings immer wieder, dass sie nur schmückendes Beiwerk sind. Neben alten Hymnen wie "Welcome To Hell", "Countess Bathory", "At War With Satan", "Nightmare" (leider allesamt nur in Medleys eingepackt und nicht komplett ausgespielt), "Warhead" oder "In League With Satan" gab es einige Songs des brandneuen "Fallen Angels"-Albums ("Hammerhead", "Pedal To The Metal") und vom 2006er "Metal Black"-Album den Titeltrack. Einige dezente Piff-Paffs kamen auch noch dazu, natürlich lange nicht so extrem wie bei den vorherigen Immortal. Da hätte zwar durchaus noch so etwas wie "Sacrifice" oder "Poison" im Set auftauchen können, aber das ist wirklich Jammern auf allerhöchstem Niveau. Auch der Sound war nicht gerade sehr differenziert. Wäre er es aber auch gewesen, wäre es keine richtige Venom-Show! Hier muss es einfach nur in ohrenbetäubender Lautstärke rumpeln, scheppern, knallen! Nun, Fakt ist: Ich habe Venom live gesehen und das ist ein Erlebnis, das man noch im Altersheim den Pflegekräften vorbrabbeln wird!!!
Ein gelungenes Festival, bei dem trotz des übervollen Programms viel fürs Geld (eine Zwei-Tages-Karte kostete 88,50 €) geboten wurde. Auch die Merch-, Essens- und Getränkepreise waren noch in einem völlig zufriedenstellenden Bereich. Mal gespannt, ob das Event nächstes Jahr wieder stattfindet; die Mischung extremer und klassischer Metal-Bands finde ich auf alle Fälle sehr reizvoll. Vielen Dank an Birgit Bräckle von Brooke Lynn Promotion für die Akkreditierung.
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Thomas Seitz und Manuela Speckner von the-pit.de.
Setlist Venom:
01:Black Metal
02:Straight To Hell/Welcome To Hell/Calm Before The Storm/Krakin' Up/Resurrection/Evil One
03:Hammerhead
04:Possessed/Countess Bathory/Seven Gates Of Hell/Possessed
05:At War With Satan/Too Loud For The Crowd/Nightmare/Rip Ride/At War With Satan
06:Warhead
07:Metal Black
Zugaben:
08:Pedal To The Metal
09:In League With Satan
10:Witching Hour
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