Eier mit Speck-Festival / 26.-28.07.2013, Viersen
Rockwiese Hoher Busch
Eier mit Speck 2013
Eier mit Speck-Festival
Rockwiese Hoher Busch, Viersen
26. bis 28. Juli 2013
Festivalbericht
Fotos: Andreas Döring und Katrin Tielmann


Artikel vom 12.08.2013


Udo Gröbbels
Es wächst und wächst und wächst
EmS 12Als in Viersen im Jahre 2006 zum ersten Mal das Eier mit Speck-Festival (kurz: EMS) veranstaltet wurde, bot man den Zuschauern neben ein paar lokalen Acts auch noch einige Newcomer und das alles als Versuch, ein Rockfestival am südlichen Niederrhein zu etablieren. Im Lauf der Jahre wurde das Event wie auch die Namen der Bands immer größer. 2013 war das EMS dann zum dritten Mal hintereinander bereits im Vorfeld mit 4.500 Karten ausverkauft. Das lag zum einen an der Tatsache, dass dieses Festival mittlerweile auch überregional bereits absoluten Kultstatus genießt, aber auch an den Bands.
Neben Ugly Kid Joe und Marky Ramone's Blitzkrieg hatte man auch noch Turbonegro und die Donots im Billing. Da machte sich Rocktimes natürlich wieder gerne auf, um bei diesem immer noch mit einem familiären Flair versehenen Festival vor Ort zu sein.
Freitag
Heavens BasementNachdem wir ein entspanntes Interview mit Whitfield Crane von Ugly Kid Joe geführt hatten, kamen gerade die Briten von Heaven's Basement auf die große Festivalbühne. Ihr Mix aus zeitgenössischem Rock im Stil von Papa Roach und klassischem Hard Rock, wie beispielsweise Anleihen an
Led Zeppelin, kam bestens an und das Publikum nahm die Musik sehr gut auf. Zufrieden verließ das Quartett nach knapp 45 Minuten wieder die Bühne mit der Gewissheit, dass man heute Abend sicher einige Fans dazugewonnen hatte. Das anschließende Elektro-Pop-Trio Großstadtgeflüster aus der Hauptstadt konnte man sich als Rockfan getrost sparen. Für Stimmung sorgte die Band ohne Zweifel, aber dem schrottigen Elektro-Sound konnte zumindest ich gar nichts abgewinnen.
Ugly Kid JoeAnschließend kamen dann endlich Ugly Kid Joe, die nicht nur für mich im Vorfeld die heimlichen Headliner des gesamten Festivals waren. Zuletzt hatte ich die Band vor genau zwanzig Jahren bei Rock am Ring gesehen und war damals etwas enttäuscht. Wiedergutmachung war also angesagt und das gelang auf ganzer Linie. Geschickt mischte man die Hits wie "Neighbor" oder das laut mitgesungene "Cats In The Cradle" zwischen die neuen Songs der "Stairway To Hell"-EP. In bester Spiellaune präsentiere sich das Quintett und Whitfield sang sich sehr souverän und kraftvoll durchs Programm. Das Ganze endete dann in einer grandiosen Version von "Everything About You", die nahtlos in "Ace Of Spades" überging. Riesenjubel brandete auf, als die Band dann genau nach 60 Minuten die Bühne verließ. Sicherlich eines der Highlights des gesamten Festivals, das erst am Sonntag noch getoppt werden sollte.
Marcy RamoneDen Abschluss bildete dann ein 'Best-of-Ramones'-Set, das vom ehemaligen Drummer Marky Ramone präsentiert wurde. Zusammen mit seiner Band ist er schon länger unter Marky Ramone's Blitzkrieg unterwegs. Stimmungsmäßig konnte die Band leider Ugly Kid Joe nicht mal ansatzweise das Wasser reichen. Mir allerdings gefiel das Konzert sehr gut. Nach dem genialen Einstieg "Rockaway Beach" preschte man in bester Ramones-Manier durch die Hits und auch weniger bekannten Songs in klassischer '1, 2, 3, 4'-Manier runter - natürlich mit allen Knallern wie "Sheena Is A Punk Rocker ", "Rock'n'Roll Highschool" usw. Sicherlich war das eigentlich eine Tributband, aber die Songs sind nun mal zeitlos und der Unterhaltungswert war sehr hoch. Daher ein schöner Abschluss eines sehr gelungenen ersten Tages.
Samstag
EmS 12Veranstalter Christoph 'Tappi' Tappesser hatte am Freitag noch durchgesagt, dass es heute nicht nur auf der Bühne heiß werden sollte und dass man doch bitte ausreichend trinken solle. Und er sollte Recht behalten, denn der Samstag war brutalst heiß. Temperaturen jenseits der 30 Grad wurden vom sehr netten und fähigen Security-Team mit Wasserschlauch für das Publikum und Gratis-Mineralwasser sehr erträglich gemacht. Eigentlich ist die Mischung jedes Jahr sehr bunt, aber der Samstag war schon äußert vielseitig und bewies, dass Musik, so differenziert sie auch ist, trotzdem eine große Schnittmenge im Publikum finden kann. Das bewiesen auch Batuca Sound System. Die Neuseeländer stellten sich mal direkt mit »Hello. We are all little hobbits« vor und boten dann eine groovige Mischung aus Funk, Latin und Ska; südamerikanische Rhythmen, die bestens bei südamerikanischem Klima ankamen. Die Waliser Graveyard Johnny hatte ich zuvor auch noch nicht gehört, aber mit ihrem harten, trockenen und teilweise auch punkigen Rockabilly konnten sie ebenfalls neue Fans gewinnen.
HoffmaestroDann war erneut Kontrastprogramm angesagt, denn Wallis Bird aus Irland und ihre Band setzten auf Folk, das aber mit sehr viel Seele und Rhythmus. Hier konnten sich die Fans mal etwas ausruhen, denn die vorletzte Band würde ihnen alles abverlangen. Hoffmaestro aus Schweden sollten eigentlich schon 2012 an gleicher Stelle spielen, mussten aber kurzfristig absagen. Zum Glück ist das EMS-Team am Ball geblieben, denn ihr Auftritt war das Highlight vom Samstag. Ihre sehr bunte Mischung aus Reggae, Rock, Punk, Ska und Was-weiß-ich-nicht-alles sorgte für absolute Topstimmung und fast keiner der Besucher stand mehr still. Mehr Groove und Party geht echt nicht. Die Band war selber sehr überrascht über die ausgelassene Stimmung am späteren Abend.
TurbonegroAuch hier hatte es der eigentliche Headliner wieder schwer, das zu toppen und es gelang Turbonegro leider auch nicht. Trotzdem eine solide Show. Am Tage liefen einem schon viele Jungs mit den bekannten 'Turbojugend'-Jeansjacken auf dem Festival über den Weg. Das nenne ich mal Enthusiasmus bei knapp 33 Grad mit einer Jeansjacke rumzulaufen. Das sind wahrlich echte Fans. Diese waren es dann auch, die Stimmung machten, alte und neue Songs abfeierten. Lieder wie "Sailorman" oder "I Got Erection" sind ja auch echte Klassiker und es war schon toll, diese mal im beschaulichen Viersen zu hören. Für mich eine Spur zu routiniert, aber dennoch absolut sehenswert.
Sonntag
Karmello SantoNach dem langem Samstag und den tropischen Temperaturen vom Vortag machten sich bei den meisten Besuchern verständlicherweise erste Ermüdungserscheinungen breit. Erst Uncle Ho konnten mit ihrem Sound ausgelassene Stimmung verzeichnen. Nach über zehn Jahren Pause ist das Trio aus Wuppertal wieder mit neuer Platte und Auftritten am Start und ihr flotter Alternative Rock kam bestens an. Highlight war ein Junge aus dem Publikum, der gleich bei zwei Liedern auf der Bühne mit der Band Luftgitarre spielen durfte und das auch toll umsetzte. Da tobte das Publikum zu Recht. Was dann kam, war für mich das Highlight des EMS 2013. Die Argentinier von Karamello Santo legten bei immer noch sommerlichen, aber wesentlich angenehmeren Temperaturen als noch am Vortag einen Gig hin, der es in sich hatte. »Do You Like Ska?« brüllte Frontmann Piro und dann ging es aber mal richtig los. Tanzen, tanzen, tanzen. Die Meute drehte nochmals komplett auf und es folgte ein 70 Minuten langes Feuerwerk aus Spaß, Musik und tanzbaren Rhythmen. Nicht nur für mich die Gewinner des Festivals. Absolut grandios.
DonotsSollte die Donots also heute Abend erneut dasselbe Schicksal ereilen, wie die Headliner der beiden ersten Tage? Glücklicherweise nicht. Das Quintett aus Ibbenbüren im Münsterland legte eine wirklich grandiose Show hin. Vom Opener "Calling" an fraß das Publikum der Band um den sympathischen Frontmann Ingo komplett aus der Hand. Zwischen eigenen Hits wie "Stop The Clocks" oder dem famosen "Whatever Happend To The 80s" (inkl. Cyndie Laupers "Time After Time"-Einlage im Mittelteil) mischte man auch geschickt ein paar Coverversionen ins Set. Neben "All die ganzen Jahre" von den Toten Hosen sorgte vor allem der Twisted Sister-Evergreen "We're Not Gonna Take It" für Stimmung. Als dann zum Abschluss das Publikum noch alleine den Refrain von "So Long" mitsang, waren nicht nur die Donots wahrlich gerührt vor Glück. Man merkte der Band förmlich an, dass sie im Vorfeld des Auftritts keine Ahnung hatte, was sie hier erwartet und mehr als positiv überrascht war, was man am Sonntag Abend noch alles aus einem scheinbar abgerockten Festivalpublikum noch rausholen kann. Meinen Respekt!
DonotsSo ging das bisher größte, schönste und auch heißeste Eier mit Speck-Festival zu Ende. Die Sanitäter hatten trotz Tropenhitze wenig zu tun und auch die Security musste kaum einschreiten. Ein großes Lob an das Publikum für die tolle Disziplin. Das größte Kompliment geht aber an das Team und die vielen freiwilligen Helfer, die mal wieder ein absolutes Highlight auf die Beine gestellt haben. Super Sound und eine tolle Lightshow rundeten das Bild ab. Somit stieg wie immer die Vorfreude auf das kommende Jahr und, obwohl es fast unmöglich ist, bin ich mir doch sicher, dass das EMS 2014 noch einen draufsetzen wird.
Danke an Jürgen Haigh vom EMS-Team für die unkomplizierte Akkreditierung sowie Andreas Döring und Katrin Tielmann für die Bilder.
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