Die Magie einer Vinyl-Platte bleibt für mich unerreicht.
Ugly Kid Joe Nach einer längeren Pause von knapp 14 Jahren kehrten Ugly Kid Joe im Jahre 2011 wieder zurück auf die Konzertbühnen der Welt. Dieses Jahr startete ihre Europa-Tour im beschaulichen Viersen beim Eier mit Speck-Festival.

Ein paar Stunden vor dem Gig trafen wir Sänger Whitfield Crane, der entspannt vor dem Tourbus im Gras lag, und sprachen mit ihm u. a. über Rob Halford, den Status von Alben und die neue EP.

Fotos: © Katrin Tielmann


Artikel vom 12.08.2013


Udo Gröbbels
RockTimes: Hallo Whitfield. Heute startet eure Europa-Tour. Was hast du für Erwartungen an die nächsten Tage?
Whitfield: Nun, zunächst einmal ganz kurz gesagt: zehn Tage - neun Shows. Das ist schon ein etwas straffer Zeitplan, aber das macht uns nichts. Am meisten freue ich mich über die Abwechslung, denn wir spielen kleine Festivals, große Festivals und Club-Shows. Da bekommen wir sicher einiges zu sehen.
RockTimes: Wie hat sich denn das Tourleben in den letzten gut 20 Jahren für dich verändert?
Whitfield: Natürlich muss man dem Alter etwas Tribut zollen (lacht). Aber - wie gesagt - haben wir fast jeden Tag einen Gig und da muss man schon automatisch etwas Disziplin beibehalten. Ich trinke auch keinen Alkohol mehr, was die Sache natürlich sehr erleichtert.
RockTimes: Vor ein paar Monaten hat mir Corey Glover von Living Colour erzählt, dass er die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten sehr schätzt, wenn man als US-Band in Europa auf Tour ist.
Whitfield: Ja, dem kann ich nur zustimmen. Es ist viel einfacher mit seiner Familie zu kommunizieren und man ist durch die moderne Technik schon sehr unabhängig geworden. Definitiv für das Tourleben eine sehr große Erleichterung.
RockTimes: Ihr habt nach der Reunion jetzt erst einmal nur eine EP mit dem Titel "Stairway To Hell" rausgebracht. Lohnen sich heutzutage überhaupt noch komplette Alben oder geht der Trend eher zum einzelnen Song und den auch noch als Download?
Ugly Kid JoeWhitfield: Das kann man so - glaube ich - nicht pauschal sagen. Zwar ist der digitale Markt natürlich sehr stark, aber es gibt ja auch aktuell wieder den Trend zur Vinyl-Platte, den ich sehr begrüße. Für mich bleibt die Magie einer Vinyl-Platte unerreicht. Das große Cover und dann evtl. noch ein aufklappbares Innencover - da kann für mich kein Download konkurrieren (lacht). Aber du hast natürlich auch nicht unrecht, denn z. B. meine drei Nichten, die alle so um die 15 Jahre alt sind, interessieren sich nur für Hits bzw. einzelne Songs. Auf Alben lassen die sich noch nicht ein. Aber das kommt sicher noch in den nächsten Jahren.
RockTimes: Wie würdest du euren musikalischen Stil heutzutage bezeichnen? Ich persönlich denke, heute geht ihr etwas mehr in die Classic Rock-Ecke, was sicherlich auch mit deiner mittlerweile etwas bluesigeren Stimme zu tun hat. Manche Songs auf der EP wie "I'm Allright" erinnern mich etwas an AC/DC.
Whitfield: Da hast du schon Recht. Ich bin ein riesiger AC/DC-Fan und das ist schön wenn man das hören kann. Aber natürlich habe ich auch an meiner Stimme in den letzten 20 Jahren gearbeitet und viele verschiedene Stilrichtungen in diversen Bands gesungen [Anmerkung: Whitfield hat Ende der 90er beispielsweise auch mal bei Life Of Agony gesungen].
RockTimes: Wer hatte damals eigentlich die glorreiche Idee "Cats In The Cradle" zu covern? "Everything About You" war ja auch schon erfolgreich, aber ich denke, dass die Nummer euer Durchbruch war.
Whitfield: (grinst) Das war meine Idee. Ich mochte den Song schon als Kind und du hast Recht, dass diese Nummer dann weltweit für uns der große Wurf wurde.
RockTimes: Das Original ist hier in Europa nicht sehr bekannt und der Originalinterpret Harry Chapin sagt hier kaum einem etwas. Viele denken sicher heute noch immer, dass es eure Nummer sei.
Whitfield: Ja, das stimmt. Manche denken sogar, dass die Nummer von Cat Stevens sei (lacht). Aber eigentlich war es nur eine Füllernummer, denn wir hatten damals nicht genug eigenes Material komponiert. Die Plattenfirma drängte aber auf ein komplettes Album und deshalb mussten wir noch eine Covernummer einspielen. Das hat sich dann im Endeffekt - wie bekannt - als Glückgriff erwiesen.
RockTimes: Auf eurem Debüt hat euch u. a. niemand Geringeres als Rob Halford bei einem Song unterstützt. Wie kamt ihr damals als Newcomer-Band an einen so prominenten Gastsänger?
Ugly Kid JoeWhitfield: Das war schon eine verrückte Geschichte. Ich traf mich zu dieser Zeit schon mal mit der Schauspielerin und MTV- Moderatorin Karen Duffy. Ich erzählte ihr eines Tages über meine Begeisterung für Judas Priest. Sie versprach mir ein gutes Wort bei ihm einzulegen und so kam der Kontakt zustande. Er kam ins Studio, wir spielten ihm "Goddamn Devil" vor und er sagte »Ja, der Text gefällt mir«. Das war damals für uns alle eine große Ehre, mit dem Metal God zusammen zu arbeiten. Bis heute immer noch ein tolles Erlebnis mit einem wunderbaren Zeitgenossen.
RockTimes: Nächste Woche spielt ihr auf dem berühmten Wacken-Festival u. a. zusammen mit Rammstein. Macht euch das noch nervös, vor einem so großen Publikum zu spielen?
Whitfield: Nein, eigentlich nicht. Wir machen das ja schon etwas länger und wir spielen vorher sogar noch auf dem polnischen Woodstock. Da kommen noch mehr Menschen, aber - wie gesagt - kein Problem.
RockTimes: Im November kommt ihr nochmals nach Deutschland und spielt dann zusammen eine Double Headliner-Tour mit Skid Row. Ich denke, diese Konstellation ist wesentlich besser als letztes Jahr die Tour mit Puddle Of Mudd.
Whitfield: Ja, definitiv. Wir kennen die Jungs von Skid Row schon lange und wir freuen uns alle sehr auf dieses Packgage. Wir haben zwar noch nie zusammengespielt, aber ich hab gestern noch mit Snake telefoniert [Anmerkung: Spitzname von Skid Row-Gitarrist Dave Sabo]. Zur Tour wird auch vorher noch die "Stairway To Hell"-EP neu veröffentlicht. Neben den sechs Songs gibt es noch drei akustische Bonussongs. Außerdem erhält man noch eine Live-DVD dazu, die letztes Jahr auf dem Download-Festival in England mitgeschnitten wurde. Ach ja, und welche Band verehren die Jungs von Skid Row auch?
RockTimes: Mhh... vielleicht Judas Priest?
Whitfield: (lacht) Genau. Priest ist unser gemeinsamer Nenner.
RockTimes: Danke für das Interview und viel Spaß heute Abend beim Konzert.
Das anschließende Konzert war dann für mich und auch für viele andere Zuschauer eines der Highlights des diesjährigen "Eier mit Speck"-Festivals. Eine Stunde bot man eine Mischung aus alten Hits und immerhin fünf Songs der neuen EP. Mehr dazu findet ihr im (kommenden) Bericht über das Festival.
Wir danken Jan Quill vom Konzertveranstalter Weird World für den Kontakt und Tourmanager Toad für das Ermöglichen des Interviews.
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