Während der monatlichen GoMusic-Konzertreise gastieren die Musiker auch im Düsseldorfer Winelive. Dort findet immer die akustische Ausgabe des Events statt. Für RockTimes Grund genug, die Location zu wechseln und der NRW-Landeshauptstadt einen Besuch abzustatten. Das Winelive ist unter anderem zugleich Weinhandel und Restaurant. Darüber hinaus finden dort auch künstlerische Events statt. Das Ambiente ist sehr einladend und man kann sich am vielfältigen Angebot von Weinen sowie Menüs laben. Die freundliche Bedienung war sehr aufmerksam und sorgte immer zum richtigen Zeitpunkt für Flüssigkeitsnachschub.
Die GoMusic-Ausgabe im November 2011 stand ganz besonders im Zeichen des Blues. Erstmals war der Amerikaner Hadden Sayers in der Runde der Teilnehmer und er konnte mit seinem kürzlich veröffentlichten Album "Hard Dollar" für mediales Aufsehen sorgen, denn bei dem Track "Back To The Blues" ist die mit bereits vielen Auszeichnungen dekorierte Ruthie Foster dabei. Während des Konzerts wurden einige Songs aus dem aktuellen Tonträger vorgestellt und diese Nummern machten einen blendenden Eindruck auf das zahlreich erschienene Publikum. Hadden Sayers gehört zur obersten Riege von Blues-Musikern. Er hat bemerkenswerte Platten veröffentlicht und ist mit einer famosen Stimme gesegnet. Alben wie unter anderem "Retrofutura", "Swingin' From The Fabulous Satellite" oder "12 Bars And The Naked Truth" sind seine Aushängeschilder und was er auf der akustischen Gitarre zauberte, war zum mit der Zunge schnalzen.
Mit dem österreichischen Saxofonisten Tony Heidegger war die November-GoMusic wieder einmal international besetzt. Er ist Mitglied bei den Bluedogsunder und hat schon mit vielen Größen des Jazz, Blues oder Rock zusammengespielt. Bei der akustischen Session im Winelive war der quirlige Knuth Jerxsen mit von der Partie. Was er an unterschiedlichen perkussiven Instrumenten am Start hatte, war beeindruckend. Unter anderem gehörte auch eine Zink-Mülltonne zu den Klangerzeugern. Zusammen mit anderen Künstlern bildet er die Beats And Noises: Die Percussion Show! und was sie auf die Beine stellen, ist umwerfend.
Auch im Winelive stand als Vorstellungsrunde Pink Floyds "The Wall" am Beginn eines mächtig unterhaltsamen Abends und der Blues mit seinen vielen Verästelungen sollte für ordentlich viel Stimmung beim Publikum sorgen. Cream wurden mit "Sunshine Of Our Love" sowie "Politician" während des Gigs gleich zweimal aufgerufen. Wenn es um den 12-Takter ging, durfte Jimi Hendrix natürlich nicht fehlen. Wegen der trüben Wetterlage hatte man sich passend zur Tagesstimmung für "Manic Depression" entschieden und der allseits beliebte "Mercury Blues", den man zum Beispiel auch von David Lindley oder Alan Jackson kennt, war eines der vielen Highlights der dynamischen Show. "Lookin' Back" ( Johnny 'Guitar' Watson) und eine mega-tolle Version von "Purple Rain" rundeten den Auftritt nach Feinschmecker-Art ab.
Alleine die relativ geringe Anzahl von Songs in der Setlist war ein Garant für ausgiebige Improvisationen und was die Vierer-Gang den Zuhörern dabei bot, ging durch Mark und Bein. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte: Knuth Jerxsen bediente das für einen Laien undurchschaubare Equipment tatsächlich nur mit seinen beiden Händen und Armen. Bei geschlossenen Augen hätte man mindestens ein Getränk der Halbliter-Klasse verwettet, dass da mehr als nur eine Person aktiv war. Jerxsen konnte man als Schwerarbeiter bezeichnen. Aber fast immer mit einem Lächeln um die Mundwinkel zeigte er während der zwei Stunden keine Ermüdungserscheinungen. In den ruhigeren Phasen der Nummern waren seine Beiträge traumhaft filigran. Jerxsen kreierte wunderschöne Stimmungen und so war es auch bei den anderen Musikern der Runde.
Ja, 'Runde' war das Stichwort des Abends, denn viele Soli gaben sich einander die Klinke in die Hand und besonders hinreißend war ein Frage-Antwort-Beitrag zwischen Heidegger am Saxofon sowie Sayers auf der Akustischen. Es ging hin und her und innerlich hatte man den Wunsch, dass dieses Konzert kein Ende nehmen möge. Sayers präsentierte sich als ein hervorragender Sänger mit einer emotional-variablen Stimme. Als er bei "Purple Rain" genau das Timbre von Prince traf, ging ein Raunen durchs Publikum und bei einem rhythmischen Wechsel vom Blues zum Swing in Watsons "Lookin' Back" arbeitet sich die Gänsehaut quasi durch die Bekleidung. Gigantisch!
Bei Creams "Politician" brachte Heidegger seine Querflöte zum Einsatz. Die tonale Fantasiereise war fantastisch und elektrisierte zugleich die Luft. Oh, Mann, diese Vorstellung war brillant. Neben dem Tenor- hatte er auch das Sopransaxofon am Start und auf beiden Holzblasinstrumenten spielte er sich während der Soli in einen Rausch. Heidegger war Zauberer und Irrwisch der Klappen-Improvisation. Was er konnte, servierte Sayers auf den sechs Saiten seiner akustischen Gitarre. Für seine einerseits erdig-zupackenden Riffs und andererseits akrobatischen Läufe hätte der Hals seines Arbeitsgeräts noch länger sein können.
Der Klang eines akustischen Basses ist einfach zum Niederknien und Marin Engeliens Solo-Einlagen waren wieder einmal genial. Die tonalen Ideen des Organisators der GoMusic findet man in keinem Lehrbuch. Es sei denn, der Protagonist bringt so etwas irgendwann zu Papier.
Vom Jazz-Groove, dem Blues-Rock'n'Roll über den Swing bis hin zum nächtlichen Großstadt-Glamour ... diese Band war auch ein Meister im Entwickeln von ganz unterschiedlichen Stimmungen, die man förmlich spüren konnte. Noch Fragen? Engelien, Heidegger, Jerxsen sowie Sayers hatten am Ende der zwei Zugaben, unter anderem mit dem bereits erwähnten "Back To The Blues", alle beantwortet. Eine GoMusic (fast) unplugged ist ein bärenstarkes Erlebnis.
Wir danken Martin Engelien für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Engelien (bass, backing vocals)
Hadden Sayers (guitar, vocals)
Tony Heidegger (saxophone)
Knuth Jerxsen (percussion)
Bilder vom Konzert
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