 Die letzte Go Music vor der Sommerpause hatte es in sich! Alleine von der Papierform her durfte man sich berechtigte Hoffnungen auf ein super Konzert machen. Das Line-up bestand aus dem Gitarristen und 'Fender Startking of Europe' Thomas Blug (unter anderem auch Don Airey, Mel Gaynor, Bobby Kimball, Uwe Ochsenknecht, Hazel O'Connor, Purple Schulz, Rainbirds, Percy Sledge) und dem musikalischen Direktor von Marius Müller-Westernhagen, Kevin Bents. Er spielte oder produzierte bereits für The Chieftains, Defunkt, Jewel, Boz Scaggs, Spin Doctors oder Phoebe Snow. In der Rhythmusabteilung hatte der Go Music-Organisator Martin Engelien den Schlagzeuger Dirk Brand an seiner Seite. Der Mann mit den tausend Händen hat auch Al Copley, Geoff Downes/John Wetton ( Asia), Gregor Hilden, Charlie Mariano oder Catherina Valente auf seiner Visitenkarte stehen. Insgesamt wurden zehn Songs, darunter auch Kompositionen von Kevin Bents gespielt. Die gerade einmal zweistellige Zahl sprach für die große Improvisationsfreude des Quartetts.
 Bei pünktlichem Beginn kratzte da schon der Opener "Present" an der Dreißig-Minuten-Marke. Die instrumentale Konzerteröffnung hatte eine große Spannweite, die von einem rockenden Thomas Blug bis hin zu balladesk-sphärischen, mit federleichter Fingerakrobatik servierter Kevin Bents-Fusion. Der Gitarrenvirtuose glänzte mit vielen feinen, entspannt-fantasievollen Fretboard-Fahrten. Mit seinem ersten Solo setzte Dirk Brand das Cafe Country förmlich in Brand. Hammer, was der alles drauf hat und fast immer mit einem Lächeln im Gesicht trommelt. Ein perkussiver Genuss für Augen und Ohren. Martin Engelien sorgte durch mächtige, furiose Wah Wah-Aktionen für Freude. Die Zuschauer waren gespannt, was nach dieser ersten Genre-Reise/Stilmixtur noch auf sie zukam. Gewiss war am Ende der gut zwei Konzertstunden niemand enttäuscht.
 Die vier Magier auf ihren Instrumenten waren weiterhin auf dem Kurs bester Unterhaltung. Funk und Soul bildeten den Schwerpunkt bei dem aus Billy Prestons Feder stammenden Song "Going Round In Circles". Toll! 'Circles' war nicht nur hier das Stichwort für rotierende Soli. Kevin Bents Stimme war von einer großen Individualität geprägt. Sein Gesang sollte später noch eine gewichtige Rolle spielen. Thomas Blug wählte zum Funk und Soul einen virtuos-rockigen Pfad der Saiten-Leidenschaften. Dirk Brand legte der Combo sowie dem Publikum in einem entspannten Intermezzo einen faszinierenden Groove zu Füßen und alle Akteure erhielten berechtigten Szenenapplaus. Dann berührte der Vierer mit viel Feeling die Wurzeln der modernen Musik ... Blues mit einer gepfefferten Portion R&B war angesagt ... "Seventh Son" (von Willie Dixon geschrieben) machte die Runde und Kevin Bents erfüllte den Saal mit perlenden Keyboard-Läufen. Zwischendrin spürte man noch ein wenig Karibik-Flair. Martin Engelien und Dirk Brand stellten im Stile einer Live-Diskussion Fragen und gaben Antworten, wobei ganz am Ende im wahrsten Sinn des Wortes heftig die Fetzen flogen. Wow! Dagegen waren Politiker-Attacken auf diversen Parteitagen kalter, abgestandener Kaffee.
 Vor und nach der Pause stand der aus New York stammende Kevin Bents im Fokus. Seine Komposition "Good Life" war die Plattform eines nun ohne Grenzen aufspielenden Thomas Blug. Wehe, wenn der in Fahrt kommt. Mit seiner Virtuosität brachte er die Musiker und das Publikum zum Staunen. Wie entfesselt entlockte er seinem Arbeitsgerät wunderschöne Klangkaskaden und mit einem herrlich-sanften Zwischenspiel schwebte Steely Dan-Atmosphäre durch die qua Nichtraucherschutzgesetz NRW rauchfreie Luft. Während der verdienten Pause leuchteten draußen die Gluten der Glimmstängel. Zum Beginn der zweiten Go Music-Runde schulterte der Amerikaner seine akustische Gitarre und präsentierte sich als waschechter Singer/Songwriter. Die Schar der Zuschauer wurde Dank der heutigen Smartphone-Technik erweitert. Der Musiker hatte eine Verbindung nach Hause hergestellt. So konnte seine Frau (und sein Hund) an dem Solo-Auftritt teilhaben. Durch zwei klasse Eigenkompositionen, unter anderem "Sail Down The River" beeindruckte er die Anwesenden. Der Beifall und die Freudenpfiffe waren das ohne Worte ausgesprochene Kompliment an den Musiker. Zusammen mit der Band zelebrierte man ein hingebungsvolles "Walk Away".
 Ein Höhepunkt jagte den Nächsten ... Thomas Blug schälte aus einer einleitenden Improvisation "Walking On The Moon" von Police. Hier zeigte Kevin Bents seine gesanglichen Fähigkeiten im Interpretieren des Textes. Er setzte ganz andere Akzente als man es vom Original her kannte. Parallel dazu servierte er die Sinne erweiternde Jazzphrasierungen. Davon quasi motiviert überwand Thomas Blug in seinem Alleingang definitiv die Entfernung zum Mond und modulierte in Stratocaster-Sphären. Wahnsinn! Bei dieser Nummer war wieder der »Klever Allstar Chor« wie Martin Engelien es ausdrückte, aktiv. Ging noch mehr bei diesem Gig? Klar Antwort: Ja! Der Klassiker "The Letter" von The Box Tops, auch bestens bekannt in der Joe Cocker-Version war nun das Objekt der Begierde. Zu einem erstklassigen Groove nahm der Gitarrist als Undercoveragent die Fährte vom "Pink Panther" auf. Alle anderen stimmten ein und Thomas Blugs Solo wurde im Sinne des Songtitels zu einem Serienbrief. Dirk Brand legte seine 'Holzstifte' zurück ins Etui und trommelte mit seinen Händen. Zur Klangverstärkung drehte er kurzerhand seine Snare um und spielte auf der Rückseite. Dazu lieferte der Gitarrist psychedelisch-fliegende Federstriche. Mittlerweile wieder mit Trommelstöcken ausgerüstet, hob schließlich der Schlagzeuger förmlich ab. Er schrieb seinen Brief dann in der Hochgeschwindigkeits-Abteilung (da versagte jede Radarfall) mit Doublebass und allem was dazugehörte nur noch im Steno-Style. Schlussendlich gab es innerhalb des Brieffreunde-Tracks noch einen Abstecher in den Reggae. Die Zugabe "Hey Pocky A-Way" ( The Meters) war dann abermals ein genialer Abstecher in der R&B/Funk/Soul. Bis zum Start der nächsten, regulären Go Music-Konzertreise muss man nicht ganz so lange warten, denn im Sommer gibt es einige Specials (s. RockTimes-Tourtermine).
Wir danken Martin Engelien für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Engelien (bass, backing vocals)
Kevin Bents (keyboards, acoustic guitar, vocals)
Thomas Blug (guitar)
Dirk Brand (drums, percussion)
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