
Was gibt es an Nikolaus Schöneres, als sich von Martin Engeliens Go Music den symbolisch vor die Tür gestellten Stiefel randvoll mit toller Musik füllen zu lassen. Zusammen mit ihm waren Mandy van Baaren, Michael Lehrmann und Felix Lehrmann auf der Bühne des Reeser Yesterday. Die in Deutschland lebende Sängerin, Komponistin und Produzentin hat bereits mit Ina Deter, Anne Haigis oder Guildo Horn zusammengearbeitet, war bei Gitte Haenning Bandleaderin und mit Tato Gomez gründete sie die Formation Playing Games. Earforce ist ein weiteres Projekt von Mandy van Baaren. Michael Lehrmanns musikalischer Lebenslauf passt definitiv nicht auf ein Blatt Papier. Referenzen sind unter anderem Die Sputniks, Stern-Combo Meißen oder die Rockband Reform. Die Dezember-Besetzung der Go Music komplettierte Michael Lehrmanns Sohn Felix. Er spielte bereits Schlagzeug für Blockflöte Des Todes, Kurtis Blow, Sarah Connor, Itchycoo, Lena Meyer Landrut, Jennifer Rush oder die Weather Girls. Eine weitere Heimat ist die Progressive-Rocker The Flower Kings.
 Die musikalische Vorstellungsrunde der Herren stand ganz im Zeichen des Titels "Trust". Michael Lehrmann lud das neugierige Publikum zu einer fantasievollen Reise auf den sechs Saiten seiner E-Gitarre ein und schon in kürzester Zeit zeigte sich, wie dieser Musiker mit Ideenreichtum zu überzeugen wusste. Da durfte man sich richtig auf weitere Taten des Mannes freuen. Sohn Felix stand seinem Vater in seinem Solo in Nichts nach. Er schraubte die Betriebstemperatur um erhebliche Grade nach oben. Sein Alleingang hatte den Druck, die Vehemenz wie der Orkan 'Xaver' und in seinem Auge, den ruhiger-langsameren Phasen war Felix Lehmann ein Meister der Sanftheit. Martin Engelien ließ sich da nicht zweimal bitten und servierte den Zuschauern ein Solo, von dem es wohl noch in der Nacht geträumt hat. Unglaublich, wie sich der Tieftöner-Spezialist ins Zeug legte. Selbstredend war sein rechter Fuß ausgiebig auf dem Wah Wah-Pedal aktiv und er kreierte zum Teil Klänge, die aus einer verzauberten Welt stammten.
 Dann wurde das Trio zum Quartett ... Mandy van Baaren kam auf die Bühne und setzte mit ihrer fein angerauten Blues-Stimme das Reeser Yesterday in Brand. Beim Blick auf ihr Heimatland kam der Shocking Blue-Hit "Venus" genau richtig. Wow, dieses Stück wurde quasi zelebriert, mit vielen eigenen Fantasien bestens ausgeschmückt und der Stimmungspegel kannte nur eine Richtung ... immer weiter nach oben. Das gemeinsame Spiel von Mandy van Baarens Akustischer und Michael Lehrmanns E-Gitarre war über den gesamten Gig hinweg ein Genuss und vom Sound her super in Szene gesetzt. Zu Beginn des zweiten Sets erlebten die Zuschauer die Künstlerin solo. Standesgemäß nahm sie auf einem Barhocker Platz. Nur von ihrem Arbeitsgerät begleitet gab sie eine hingebungsvoll-emotionale Version von Rare Earths "Born To Wander" zum Besten. Ihre Stimme war beeindruckend, erzeugte eine Gänsehaut nach der anderen und wie sie mit der akustischen Gitarre Akzente setzte, überzeugte die Anwesenden bis in die hintersten Reihen. Michael Lehrmann gesellte sich für den Police-Titel "Roxanne" dazu. Für diesen Teil des Konzerts hatte er seinen Sechssaiter der Stimmung angepasst und man wird seinen brillant-gefühlvollen Alleingang definitiv vergeblich in irgendeinem Songbook suchen. Individualität ist ja auch ein Stichwort, das bei keiner Go Music fehlen darf und so war auch dieser Teil einmalig. Mit einem weiteren Track konnte die Künstlerin ihre Qualitäten als Songwriterin unter Beweis stellen. Der "Guten Morgen Blues" passte auch am Abend und war textlich ein Beleg für erste Güte.
Martin Engelien lud Felix Lehrmann zu einer Drum & Bass-Diskussion ein, in der der Go Music-Organisator den Schlagzeuger ordentlich forderte. Diese Koalitionsgespräche waren auch von der heftigen Art geprägt und hatten unter anderem einen saustarken Groove. Die Konzertreise machte zum ersten Mal Station in der Stadt und so war es nur eine Frage der Zeit, bis im Yesterday der Reeser Publikums-Chor ins Leben gerufen wurde. Da passte der Rolling Stones-Klassiker "Honky Tonk Women" natürlich perfekt und nun war die Band begeistert von den gesanglichen Fähigkeiten der Zuschauer. Die hatten es drauf! Am Ende verpassten die Akteure auf der Bühne dem Song-Knaller noch eine Country-Punk-Färbung. Ziemlich spontan tauchte Michael Lehrmann an anderer Stelle in die Rolle eines musikalischen Reiseleiters ein, denn sein Spiel hatte deutlich fernöstliche Züge und wurde dann mit einer feurigen Portion Sambal verfeinert. Klasse! Beim furiosen "Jumpin' Jack Flash"-Happening gab man dem Song noch einen tief im Blues verwurzelten Absacker. Super! Mit dem letzten Song vor der Pause sorgte das Quartett mit Led Zeppelins "Rock And Roll" für die notwendige Durstlöschung und es war zum mit der Zunge Schnalzen, als die Combo die Frucht von Marvin Gayes "I Heard It Through The Grapevine" ganz langsam aus der Schale pellte. Felix Lehrmann brachte immer mehr Dynamik ins Spiel, so entwickelte sich die Nummer zu einer ganz besonderen Version.
 Speziell war auch das Arrangement von Bob Dylans "Knockin' On Heaven's Door". Im wiegenden Reggae-Gewand hatten bei Michael Lehrmanns Solo wohl viele schon ihre Finger auf den Smartphones, um die Feuerwehr zu rufen und Felix Lehrmann brachte den über ihm befindlichen Deckenpropeller auf Touren. "Bad Case Of Loving You (Doctor, Doctor)" war ein echter Knaller an Riffs. Ein E-Gitarren-Blitzlicht aus der Titelmelodie von "Der dritte Mann" war dann das i-Tüpfelchen auf dem Track. Bemerkemswert, mit welcher Leichtigkeit dieser Gitarrist ganz unterschiedliche Klangwelten erzeugte. "Nutbush City Limits" von Ike & Tina Turner prägte er mit einer feinen Psychedelic aus den Siebzigerjahren. Bei der verbreiteten Stimmung und Freude an handgemachter Musik war eine Zugabe so sicher, wie das Amen in der Kirche. Joe Cockers Woodstock-Hymne "With A Little Help From My Friends" war ein krönender Abschluss eines Go Music-Konzerts, das sich ganz weit oben in der Wertungsskala einsortiert. Für den Premier-Gig im Yesterday standen wohl die Musikfreunde-Rees e.V. Pate. Sie bewiesen ein feines Näschen. Der 2012 gegründete Verein veranstaltet in der Location jeden ersten Samstag im Monat eine Open Stage und andere musikalische Veranstaltungen werden geplant und durchgeführt. Respekt und Anerkennung für den Einsatz im Zeichen der Musik.
Wir danken Martin Engelien für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Engelien (bass, backing vocals)
Mandy van Baaren (vocals, acoustic guitar)
Michael Lehrmann (guitar)
Felix Lehrmann (drums)
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