Wieder ist ein sehr gutes Festival viel zu schnell vorbei gegangen. Im Rückblick darauf will ich ein paar Eindrücke zum Flair und natürlich zu den Konzerten reflektieren.
Die bereits am Mittwoch, den 15. Juli, angereisten Besucher konnten sich kaum des Eindrucks erwehren, sie seien fast zu spät dran, denn das gut vorbereitete Festivalgelände war schon mit Gästen gefüllt. Nach Zeltaufbauen, erstem Bekanntmachen mit den Nachbarn und dem 'häuslichen' Einrichten konnte man erst einmal relaxt in die Festivalzeitung schauen, sich seine Bandhighlights heraussuchen und gemütlich ein leckeres Getränk zu sich nehmen.
Am Donnerstag begann das Festival mit dem traditionellen Auftritt der Freak City Band, die in gewohnter Art und Weise ihre Blues-, Rock-, Jam-Session voller Leidenschaft präsentierte. Zu hören waren u.a. Stücke von Jimi Hendrix. Die Musiker konnten durch ihre Harmonie und Spielfreude überzeugen. Beeindruckend war der eindringliche Gesang der Violinistin und die Performance der "20.000 Light Years From Home"-Version in deutscher Sprache - einfach stark! Es wäre mehr als empfehlenswert, von dieser Session einen Tonträger zu produzieren.
Als nächste Band trat die neunköpfige Formation Station 17 auf. Eine Gruppe, die aus Menschen mit Beeinträchtigungen und nicht behinderten Menschen bestand; diese 'Unterschiede' waren aber in ihrer Musik in keinerlei Form zu spüren. Sie überzeugte durch ihre lebensfrohe, rhythmische und rockige Musik, die eine gewaltige Portion Lebenslust und Harmonie ausdrückte. Eine Musik, die sich nicht in Schubkästen einordnen lässt, die aber Modernität und Wurzeln der Rockmusik in sich vereint.
Für mich einer der Höhepunkte des Tages war das zu guter Zeit platzierte Konzert des amerikanischen Bluesgitarristen Joe Bonamassa. In seinem Programm präsentierte er u.a. sein neues Album The Ballad Of John Henry. Bonamassa überzeugte durch seinen flüssigen und perfekten Gitarrenstil. Wünschenswert wäre trotzdem mehr kreative Expressivität in der Gesamtdarbietung seines überzeugenden Programms.
Den Abschluss des Abends bildete die schwedische Prog Band Beardfish. Die jungen Musiker boten anspruchsvollen, 'frisch' gespielten und komplexen Prog Rock - für Freunde der progressiven Rockmusik eine unbedingte
Bereicherung. Im Konzert spürte man die Explosivität und Kreativität einer aufstrebenden, jungen Band mit hohen Ansprüchen.
Auf der Freakstage unterdessen traten der Liedermacher Götz Widmann und die Band Terrible Noise auf, die sich der Musik der 50er und 60er Jahre ( Beatles, Rolling Stones sowie den Größen des Rock'n'Roll) widmeten.
Problematisch war natürlich, dass die Konzerte auf beiden Bühnen des Festivals zeitgleich starteten, so dass die Qual der Wahl u.U. sehr schwierig wurde - eine Zeitversetzung wäre für viele Festivalbesucher sicherlich eine 'musikalische' Bereicherung.
Der Freitag begann pünktlich um 13:30 Uhr mit dem Konzert des Altrockers Miller Anderson. Anderson gehört zu den Urgesteinen des Rock, der seine Erfahrungen mit verschiedenen namhaften Bands wie The Keef Hartley Band, Savoy Brown, Chicken Shack, Mountain, T. Rex oder auch mit Ian Hunter ( Mott The Hoople) sammelte. Miller Anderson ist 'Woodstock-Veteran' und hinterließ bei mir den
Eindruck, dass er - musikalisch keinen Tag älter geworden - das Feeling von Woodstock auch auf das Herzberg-Festival 2009 übertragen konnte.
Ein Auftritt der besonderen Art, in seiner Bissigkeit und Ironie mit Götz Widmann vergleichbar, war das Konzert von Rainald Grebe und Die Kapelle der Versöhnung. Grebe beleuchtete mit den Mitteln der ironisch-satirischen Alltagsbetrachtung den Zustand unseres Landes und verstand es, punktgenau Missstände und sogenannte Normalitäten unter die Lupe zu nehmen.
Eine Reise in die Zeiten der Byrds, in den hippiesken Folkrock unternahm Byrds-Leader Roger McGuinn mit
seinem Soloprogramm. McGuinn brachte hervorragend den Geist der späten 60er Jahre rüber und versetzte die begeisterten Zuhörer immer mehr in Ekstase. Eine große Reihe von Klassikern, wie "Turn, Turn, Turn", "Mr. Tambourine Man" oder "Eight Miles High" (das letztere war mein Favorit) brachte das Publikum zum Toben!
Die fröhliche Stimmung der Festivalbesucher wurde durch den Auftritt der Original Wailers mit ihrem Reggae noch weiter aufgeheizt - es war die Zeit zum Tanzen gekommen. Der beginnende Regen konnte der Tanzwut der Massen keinen Abbruch tun.
Eigentlich bedarf es keinerlei weiterer Erklärungen, da die Musik von Bob Marley und den Wailers schon immer für Freude sorgte, Spaß macht und trotzdem ihre inhaltlich politischen Botschaften, die auch heute noch sehr aktuell sind, vermittelt.
Auf der Freakstage spielten zeitgleich ebenfalls gute Bands wie Electric Swan oder Long Distance Calling, aber aufgrund des phantastischen Programms auf der Hauptbühne war es kaum möglich, ihnen die zustehende Aufmerksamkeit zu widmen - leider.
Zum absoluten Höhepunkt des Tages wurde für mich trotz strömenden Regens der Auftritt von Daevid Allens Band Gong. 'The Flying Teapot' kam mit seinen Original-Mitgliedern zum Herzberg und präsentierte eine spannende Mischung aus psychedelischer, jazziger, progressiver Musik, die ihresgleichen sucht. Dabei verzauberte die Band mit ihrem Spiel (besonders sei hier der Saxofonist/Flötist Theo Travis genannt) die Fans.
Die britische Sängerin Rose Kemp beendete den 'Abend' mit Songs ihres neuesten Albums "Unholy Majesty". Rose Kemps Musik wirkte, im Gegensatz zu den anderen Bands, aber eher düster und nachdenklich und war damit zeitmäßig auf einen guten Platz gesetzt.
Auch der Samstag wartete mit einem musikalisch hochwertigen Programm auf, bei dem die Auswahl der Konzerte nicht leicht fiel.
Als bereits 13.30 Uhr die Henrik Freischlader Band die Bühne betrat, war Blues vom Feinsten angesagt. Henrik Freischlader zählt zu den jungen deutschen Bluesmusikern, die durch ihre Spiel- und Improvisationsfreude das Publikum verzaubern können. Und in der Tat, die Band um den gut aufgelegten Gitarristen spielte verschieden Stücke von ihren Alben und bewies einmal mehr, dass Blues überhaupt keine 'uralte' Musik ist, sondern so richtig losgehen kann. Höhepunkt war natürlich auch ein Jimi Hendrix-Cover, bei dem das begeisterte Publikum die Band feierte. Die Zeit für das Konzert war viel zu schnell vorbei und wer weiß, dass bei H. Freischlader eine Improvisation auch schnell einmal die 20-Minuten-Grenze erreichen kann, schien es zu bedauern, dass schon Schluss war.
Auf der Freakstage folgte eine sehr interessante Formation aus Frankreich - Rhun. Die jungen Musiker spielten eine Art Free Rock mit expressiven Jazzanklängen und Sprechgesang. Dabei dominierten zwei Saxofone die Musik der Band. Sicher ist das nicht der Geschmack eines jeden Musikfans, aber die Freunde des experimentellen und avantgardistischen Rock und Jazz kamen beim Konzert von Rhun voll auf ihre Kosten.
Als nächstes waren zwei Bands zu hören, bei denen die Wahl des Konzertes sehr schwierig war. Mother's Finest auf der Hauptbühne und Causa Sui auf der Freakstage gaben ihre Songs zum Besten. Während Mother's Finest mit ihrem sehr gut tanzbaren Funk und Rock die Zuhörer verzauberten, konnten Causa Sui mit ihrer rockigen, vom Stoner Rock beeinflussten Musik ihre Fans anheizen. Hervorragend ergänzte der Saxofonist den Gig der Band, die Stücke aus ihren "Summer Sessions"-Alben spielte. Leider gab es keine Zugabe, obwohl das sicher vom Programm möglich gewesen wäre.
Den musikalischen Abend eröffneten Eric Burdon And The Animals. Burdon erwies sich in vorzüglicher Laune und erfüllte alle Erwartungen des Publikums bestens. Alle seine Hits von "Sky Pilot" bis "When I Was Young" und "House Of Rising Sun" erklangen und wurden vielstimmig vom Publikum mitgesungen. Ein Klasse Konzert!
Eric Burdon war schon mehrfach auf dem Burg Herzberg Festival zu Gast und einige konnten sich an seinen Auftritt Ende der neunziger Jahre erinnern, als das Konzert wegen Stromausfalls erst bei Sonnenaufgang begonnen werden konnte.
Das nächste Konzert bestritt die Derek Trucks Band aus den USA. D. Trucks brillierte an der Gitarre und man konnte die musikalischen Vorbilder, die im Südstaatenrock und im Blues zu finden sind, nicht überhören.
Während auf der Hauptbühne Tribe After Tribe losrockten, verzauberte My Sleeping Karma auf der Freakstage mit kosmisch-psychedelischer Musik die Massen. Die Musik der Band konnte durch eine Lightshow und eine Sängerin noch intensiver performed werden und ihren musikalischen Ausdruck dadurch verstärken.
Der Sonntag stand wieder im Zeichen der Weltmusik und dem schon legendären Auftritt der Herzberg Blues Allstars Band. Wie jedes Jahr scharen sich um die Musiker der Hamburg Blues Band, Chris Farlowe und Clem Clemson bedeutende Musiker der internationalen Bluesszene zu einer großen Session. Zur diesjährigen Band gehörten u.a. Arthur Brown, Stan Webb und Geoff Whitehorn, alles Musiker, die in legendären Bands spielen und spielten.
Wie im Flug war auch dieses Festival zu Ende und hat wieder großartige Eindrücke hinterlassen. Das musikalische Programm und die perfekte Organisation machen Lust auf mehr und unbedingt notwendig, allen an der Organisation und Durchführung Beteiligten ganz großen Dank zu sagen.
Wir sehen uns im kommenden Jahr zum nächsten Burg Herzberg Festival!
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