6. Niederrheinische GitarrenNacht / 27.04.2013, Kultur- und Kongresszentrum Kastell, Goch
6. Niederrheinische GitarrenNacht
6. Niederrheinische GitarrenNacht
Kultur- und Kongresszentrum Kastell, Goch
27. April 2013
Konzertbericht
Stil: Acoustic Guitar

Artikel vom 02.05.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Gitarren-AusstellungDie 6. Niederrheinische GitarrenNacht fand zum zweiten Mal im Gocher Kultur- und Kongresszentrum Kastell statt. Das Event begann bereits am Nachmittag mit zwei Workshops von Joscho Stephan sowie Adam Rafferty. Ab 17:00 Uhr konnte man im Foyer eine Gitarren-Ausstellung besuchen. Unter anderem waren die Gitarrenbauer Jens Towet und Ernie Rissman mit einer Vielzahl ihrer Instrumente vertreten. Dabei hatten die Besucher die Gelegenheit, fachkundige Gespräche zu führen beziehungsweise die Exponate auch zu spielen.Gitarren-Ausstellung
Folglich ging es in vielerlei Hinsicht tatsächlich rund um die Gitarre, wobei betont werden muss, dass es sich ausschließlich um die akustische Variante handelte. Auch während der Umbaupausen hatten die zahlreichen Besucher die Möglichkeit, sich von sachkundiger Seite beraten zu lassen. Ab 19:30 Uhr gab es dann Live-Musik zu bewundern. Das Line-up in alphabetischer Reihenfolge:
Duo Domenico
GINGO Gitarrenorchester
Adam Rafferty
Joscho Stephan
GINGO Gitarrenorchester

GINGO GitarrenorchesterDen Auftakt machte das Gitarrenorchester GINGO. Das dreizehnköpfige Orchester präsentierte Musik von Gasper Sanz, dessen Stücke von Norbert van Os bearbeitet wurden. Danach präsentierte man Minimal Music, die von Norbert van Os geschrieben wurde. Der halbstündige Auftritt des Ensembles setzte bereits Ausrufezeichen. Beeindruckend war der volle Klang der Saiteninstrumente. Rhythmisch unterstützt wurden die Lieder durch Handtrommel beziehungsweise Handclaps. Darüber hinaus wurden phasenweise auch die Gitarrenkorpusse als perkussive Einlagen zum Klingen gebracht. Dadurch wurde die eh schon intensive Musik verstärkt.
Die klassischen Vorlagen bereiteten viel Hörfreude und das Orchester, dirigiert von Jürgen Slojewski, begeisterte durch eine von Norbert van Os sehr gut arrangierte Musik, die bestimmt auch bei Personen, die die Klassik vielleicht nicht zum favorisierten Genre zählten, auf fruchtbaren Boden fiel. Zum Abschluss des Auftritts spiele man von Norbert van Os komponierte Minimal Music, die in ganz großem Format erklang. Das Orchester schuf eine vieltönige Klangwelt, bei der es auch erlaubt war, zum Träumen die Augen zu schließen. An dieser Stelle geht ein dickes Lob an die Leute, die für den Sound zuständig waren. Alle Künstler waren sehr zufrieden mit dem Klang, der in den Umbaupausen oft in Minuten auf den Punkt geregelt werden musste. Kompliment!
GINGO Gitarrenorchester     GINGO Gitarrenorchester     GINGO Gitarrenorchester
Duo Domenico

Duo DomenicoUnter einem anderen Vorzeichen ging es im quasi klassischen Metier weiter. Das Duo Domenico zelebrierte Musik, die ganz im Zeichen des Komponisten Domenico Scarlatti (1685 bis 1757) stand. Mit einer immer wieder wechselnden Rhythmik kreierte das Duo fantasievolle Stimmungsbilder von luftig-tänzelnd, wie Regentropfen im Sonnenschein bis hin zu nachdenklich-melancholisch.
Thomas Geisselbrecht und Ulrike Eisel, die den am Finger verletzten Jürgen Slojewski vertrat, vermittelten eine Vielzahl von Emotionen, die auf ihre bewundernswerte Art die Herzen der Anwesenden trafen, weil beide Protagonisten über die reine Spieltechnik erhaben waren. Frei nach Gustav Mahler steht das Wichtigste in der Musik nicht unbedingt in den Noten. Zwei Gitarren im romantischen Einklang der Gefühle. Beide Künstler hauchten den Noten Leben ein. Die Fingerläufe auf den Gitarrengriffbrettern waren Perlen, die sich wie Wellenspitzen im gleißenden Licht reflektiert wurden. Auch hier dominierte der glasklare Sound. Thomas Geisselbrecht meinte zwischendrin: »Wir lieben Scarlatti!« Volle Zustimmung bei einer derart intensiven Darbietung einer Musik, die auch durch das Duo Domenico so nie in Vergessenheit gerät. Eine halbe Stunde barocke Musik für Feinschmecker.
Line-up:Duo Domenico
Thomas Geisselbrecht (acoustic guitar)
Ulrike Eisel (acoustic guitar)
Duo Domenico     Duo Domenico     Duo Domenico     Duo Domenico
Adam Rafferty

Adam RaffertyVon der Klassik in die Jetztzeit ... der berühmte Funken sprang beim Auftritt von Adam Rafferty sofort über. Bei dem energetischen Spiel auf den sechs Saiten konnte man bei geschlossenen Augen der Meinung sein, es stand mehr als nur ein Gitarrist auf der Bühne. Der Künstler entwickelte Grooves, bei denen man kaum still sitzen konnte. Nach einem furiosen Beginn machte der Musiker einen musikalischen Abstecher nach Brasilien. "Mas Que Nada" hatte den Flair des südamerikanischen Staates. Mit kleinen Vokaleinlagen wie »Oba-oba-Obama« und einem feinen Touch von "Tequilla" (The Champs) hatte er auch die letzten Zuschauer auf seiner Seite. Ein Hochgenuss! Begeisterung pur! Bei diesem Gig kam einem Tommy Emmanuel in den Sinn. Von Brasilien ging es dann sozusagen zum Erdtrabanten ... "Fly Me To The Moon". Herrlich! Es wurde ruhiger, aber in keiner Weise weniger intensiv.
Als er dann eine Hip Hop-Version des von Lonnie Smith geschriebenen Songs "Play It Back" ankündigte, versetzte er einige Anwesende wohl in Staunen, aber wie er seine Interpretation mit viel Funk und einer vokalen Beat Box-Begleitung inszenierte, wurde diese mit einem enormen Szenenapplaus honoriert. Der Mann wurde in seiner Kindheit ja mit allen musikalischen Wassern gewaschen. Die Highlights nahmen kein Ende! Pure Gänsehaut erzeugte er mit seiner Lesung von John Lennons "Imagine". Mit seinen ganz persönlichen Tönen zwischen den bekannten Klängen machte Adam Rafferty diesen Klassiker zu einem Juwel des Abends. Mit einer sentimentalen Träne auf den Saiten wurde es mit der Eigenkomposition "Ciao Bella" sentimental. Stevie Wonders "Superstition" verzierte er mit tollen jazzigen Licks und einem Hammer-Groove. Wie viele unterschiedliche Stimmungen man doch auf einer Gitarre kreieren konnte!
Bei einer weiteren Eigenkomposition namens "Jill's Song" schuf er das Bild eines einsamen Bootes auf einem von leichten Nebelschwaden verhangenen Sees, die sich dann durch sonnige Töne ganz zart verabschiedeten. Mit dem Gocher Kastell-Publikums-Chor als zweitem Mann gab er dann noch Michael Jacksons "Billy Jean" zum Besten und eine perfekte Moon Walk-Einlage krönte diese Nummer. Als Zugabe gab es eine weitere Beat Box-Nummer, natürlich mit funkigem Gitarrenspiel und wie passend ganz zum Schluss "She's Leaving Home" von den Beatles. Hats off, Adam!
Adam Rafferty     Adam Rafferty
Adam Rafferty     Adam Rafferty     Adam Rafferty     Adam Rafferty
Joscho Stephan

Joscho StephanDer ganz in der Tradition eines Django Reinhardt stehende Joscho Stephan eröffnete seinen Gig mit "Daphne". Virtuosität war angesagt. Mit seinem Vater Günther Stephan an der Rhythmusgitarre und dem Kontrabassisten Volker Kamp servierte uns der Künstler mit vielen geschickt eingeflochtenen Zitaten eine unglaublich mitreißende Reise durch die Welt der Musik. Joscho Stephan war der prägnante Flinkefinger auf den sechs Saiten und auch Geschwindigkeit war bei ihm keine Hexerei. Kein Wunder, dass er unter anderem mit James Carter, Charlie Mariano oder Tommy Emmanuel zusammenarbeitet. Zwischen Kompositionen von Edvard Grieg ("Norwegischer Tanz") oder Duke Ellington ("Caravan") gab er zum Beispiel auch Exzerpte von Deep Purples "Smoke On The Water" oder "Stairway To Heaven" (Led Zeppelin) zum Besten. Hier und da blitzte auch der Blues auf. Wohl gemerkt ... alles unter dem Dach des Gypsy Swing.
Ein ums andere Mal glänzte der Bassist Volker Kamp mit einfühlsamen Soli und nach Duke Ellingtons "Take The "A" Train" war noch lange nicht Schluss. Joscho Stephans Ideen- und Interpretationswelt war wie eine nie versiegende Quelle der Fantasie. Seine Alleingänge waren beseelte Fingerakrobatik. Unglaublich, wie er einem so bekannte Lieder auf seine ganz individuelle Art und Weise interpretierte. Mit seinen Ansagen zwischen den Songs erwies auch er sich als Scherzkeks, der für viele Lacher im Publikum sorgte. Randbemerkung: Joscho, es gibt keine vier CD-Läden in Goch.
Der Auftritt war eine Ohrenweide und es machte höllischen Spaß, den Künstlern bei der Arbeit zuzusehen. In seiner Version machte er "Sweet Georgia Brown" zu einem unvergessenen Höhepunkt der GitarrenNacht und als er alle Anwesenden mit "Eine kleine Nachtmusik" von Wolfang Amadeus Mozart entließ, wusste man, wie weit der musikalische Horizont eines Joscho Stephan reichte. Gypsy Swing par excellence! Kompliment!
Line-up:Joscho Stephan
Joscho Stephan (acoustic guitar)
Günther Stephan (acoustic rhythm guitar)
Volker Kamp (upright bass)
Joscho Stephan     Joscho Stephan
Joscho Stephan     Joscho Stephan     Joscho Stephan     Joscho Stephan
Die 6. Niederrheinische GitarrenNacht war ein voller Erfolg für alle Beteiligten. Der neue Leiter des Kultur- und Kongresszentrums Kastell, Hermann-Josef Kleinen kündigte für den 10. Mai 2014 bereits die nächste Veranstaltung an.
Wir bedanken uns bei Lutz Dennstedt von der KulTOURbühne Goch für die problemlose Akkreditierung.
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