Neuborn Open Air Festival (NOAF)
Wörrstadt, Am Neuborn, 27. - 28.08.10
Flyer Neuborn Open Air Festival (NOAF)
Wörrstadt, Am Neuborn
27. - 28.08.10
Stil: Heavy Metal
Fotos: ©Roland Kletti


Artikel vom 03.09.2010


Marius Gindra
Dieses Jahr hatte das noch recht kleine, aber jährlich immer größer werdende Rock/Metal-Open Air im Hinterland von Rheinhessen trotz einer amtlichen Besucherzahl von ca. 3.000 Personen wahrlich Pech: Nachdem im Vorfeld bereits einige Bandabsagen zu vermelden waren (Torture Squad, Motorjesus), schien auch Petrus an beiden Tagen nicht gerade bester Laune zu sein und hatte dazu offenbar hin und wieder großen Harndrang.
NOAF Darunter litt natürlich auch das Festivalgelände (arg verschlammter Boden, abgesoffener Parkplatz usw.), doch die Veranstalter machten das Bestmögliche aus der Situation und versuchen das Ganze mit massenhaft ausgelegtem Stroh vor der Bühne wieder hinzubekommen. Einigermaßen gut gelang es ihnen dann auch, wenn man mal von den hinteren Bereichen absieht. Auf dem Zeltplatz schien es, den Aussagen einiger Bekannten zufolge, um einiges schlimmer gewesen zu sein. Nun gut, kommen wir jetzt mal zum eigentlichen Geschehen:
Freitag, 27.08.:

Der Freitag begann nach knapp einstündiger Verspätung (Soundcheck, Witterungsbedingungen...) um ca. 18:45 Uhr mit Hello Bomb. Kurzfristig hatten nämlich die 'Rock n' Pop Youngsters'-Wettbewerbsgewinner von Common Braxas absagen müssen. Ist aber auch wirklich kein Verlust, wenn man das mal so sagen darf.
Wieder zurück zu den entschärften 'Bomben': Belangloser Modern-Alternative-Irgendwas-Rock ohne jeglichen Arschtritt-Faktor gab es ab der ersten von viel zu langweiligen 45 Minuten auf die direkt angeschwollenen Lauschlappen, dazu noch einen pseudocoolen Sänger in Hemd und Ansagen wie: »Ich will euch springen sehen!« Wer sowas braucht, da hattet ihr es! Das Erkunden des MDD-Standes war jedenfalls um einiges reizvoller!
NOAF Doch bereits der zweite Act des Tages geht für einen derart ausgerichteten Metalfan als heimliches Highlight der beiden Veranstaltungstage durch: Count Raven kamen, sahen und siegten!
Das legendäre schwedische Doom-Trio trümmerte uns Klassiker der Marke "Fallen Angels" und "Destruction Of The Void" um die Ohren, jedoch auch neue Songs vom letztes Jahr erschienenen Überalbum "Mammons War" ("Poltergeist", "Scream"). Spieltechnisch waren sie natürlich erwartungsgemäß über jeden Zweifel erhaben und auch die Kommunikation mit dem Publikum sollte man durchaus sehr positiv erwähnen. Das hier war Doom Metal wie wir ihn hören wollen: Düster, melancholisch, brachial und doch so gefühlvoll! Zu diesen geschätzten 50 Minuten kann ich nur die göttlichen Reverend Bizarre zitieren: »Doom Over The World!« Danke für diese Legende! Nächstes Jahr dann bitte Saint Vitus!
Nach ca. 25 Minuten Umbaupause folgte dann ein großer Publikumsmagnet: Powerwolf. Wieso um diese schwülstige, aufgeblasene Möchtegern-Power Metal-Band ein derart großes Geschiss momentan gemacht wird, werde ich zwar in 666 Jahren noch nicht verstehen, doch man muss ihnen objektiv betrachtet wirklich attestieren, dass sie sich bereits eine große Gefolgschaft erspielen konnten, wenn man mal wieder den massiven Andrang vor der Bühne betrachtete. Ändert aber immer noch nichts daran, dass ich fast einen Hautausschlag bekomme, wenn Sänger Attila Dorn sein unlustiges, gebrochenes deutsch hinknallt und den 'Werewolf of Armenia' mimt, auch wenn er in Wirklichkeit aus dem Saarland kommt
NOAF An dieser Stelle hätten nun eigentlich Hatesphere spielen sollen, da sie allerdings aufgrund eines Staus nicht rechtzeitig ankamen, wurde der Headliner-Gig der schwedischen Gothic Metal-Pioniere Tiamat vorgezogen. Nach fast einer (!) Stunde Umbaupause bequemten sich die fünf Mannen um Mastermind Johan Edlund endlich auf die Bühne und versagten tatsächlich ab der ersten Minute auf ganzer Linie. Lustlos und völlig unbeteiligt nuschelte sich Mister Edlund einen zusammen, dass sich die Balken bogen. Das Ganze ging dann noch 30 Minuten so, bis auf einmal der Basser das Mikro übernahm und Herr Frontmann gar nicht mehr zu sehen war. Weitere fünf Minuten später kam dann die Ansage: »This Is The Last Song: Gaia«
Was war geschehen, war das ein Joke? Nein, eben nicht: Nach diesem Song war tatsächlich Schluss!!!!!! 40 Minuten für einen HEADLINER!!!!!! H.E.A.D.L.I.N.E.R!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Traurig, traurig, traurig!!!! Und was war der wahre Grund? Edlund war zugedröhnt bis oben hin! Da half auch die Entschuldigung des Bassisten Anders Iwers nur noch wenig! TIAMAT....GO HOME AND FUKK OFF!!!!!!
Nun kam noch der Gig von Hatesphere, die ich trotz ihrer modernen musikalischen Ausrichtung als einigermaßen hörbar empfand, da die Band wirklich ein sehr präzises Timing an den Tag legte. Meinen persönlichen Geschmack trübte lediglich der Gesang, der viel zu 'corig' daherkam. Leider konnte ich auch nicht den gesamten Auftritt betrachten, da der Nachtjob rief und deshalb war für mich um 1:20 Uhr Schicht im Schacht. Wie lange die Dänen danach noch zockten, ist mir nicht bekannt.
Samstag, 28.08.:

NOAF Los ging der zweite Festivaltag für mich um 16:45 Uhr mit der Kölner Hard Rock/Heavy Metal-Fraktion Gun Barrel. Um diese Uhrzeit verbreitete der Vierer mit seiner Mischung aus AC/DC, Motörhead und Saxon bereits mächtig gute Laune und deshalb konnten die 45 Minuten kaum schief gehen. Nach ca. 20 Minuten wurde der anfangs etwas matschige Bass- und Drum-Sound auch zunehmend besser und die Jungs konnten ihren Set ungestört zu Ende zocken. Ein sehr gelungener Anfang des zweiten Festivaltages. Kleiner Tipp an den Bassisten: Ed Hardy-Shirts in einer Heavy Metal-Band sind allerdings doof!
Direkt im Anschluss folgte um 17:45 Uhr eine Band, die auf diesen Seiten einer guten Kritik mehr als würdig ist: Die schwäbischen Nachwuchs-Heavy/Glam Metaller von Kissin' Dynamite rockten ab der ersten Sekunde alles in Grund und Boden und unterstrichen wieder einmal die momentane Qualiät der 'jungen Wilden'. Das Quintett, alle Mitglieder kaum älter als der Verfasser dieser Zeilen, bot erstklassige, melodische Mitgröhl-Metal-Songs der Marke "Addicted To Metal", "Steel Of Swabia" (mitsamt gehisster Schwaben-Fahne), "Metal Nation" und "I Hate Hip Hop". Passende Showeinlagen gab es ebenfalls, beide Gitarristen posten in wildester Glam-Manier um die Wette, Sänger Hannes sah optisch fast aus wie ein junger Vince Neil und konnte sogar ähnlich hohe Schreie von sich geben. Diese eine, verdammt kurzweilige Stunde war wirklich eine musikalische Reise in Zeiten, als Metal noch Klasse hatte! Behaltet diese Band verdammt noch mal im Auge!
Daraufhin hatten die Kiddies ihren Spaß bei The Sorrow, die für den RockTimes-Delegierten allerdings dem Anhören des aktuellen Albums der schwäbischen Nachwuchs-Glamer zum Opfer fielen.
NOAF Um 20:45 Uhr gab es den (wirklich nicht würdigen) Ersatz für Torture Squad: Hackneyed. Ich kann irgendwie immer noch nicht den roten Faden in ihrer Musik erkennen, auch wenn da vielleicht einer sein soll. Mal schön 'n bissl geblastet, mal gaaaaaanz böööööööse ins Mikro gegrunzt, aber keine einzige, wirklich nachvollziehbare Hookline! Und das bricht der Musik, wenn es dann auch noch Death Metal sein soll, wirklich das Genick! Nee, da müssen die Süddeutschen noch mal ein wenig alte Helden hören, sich danach im Proberaum verschanzen und dann können wir weiter reden! In der Zwischenzeit können sie ja noch nebenbei die ganzen Six Feet Under-Hörer zufrieden stellen.
22 Uhr: Time for legends! Kreator erbarmten sich, dieses Festival zu headlinen und boten uns, auch wenn die Setlist identisch mit der vom diesjährigen Rock Hard Festival war, die nächsten 90 Minuten ein Thrash-Feuerwerk der allerfeinsten Sorte!
Los ging's direkt mit dem "Pleasure To Kill"-Intro "Choir Of The Damned", daraufhin gab's "The Pestilence". Fuck Yeah, DAS ist Kreator wie wir sie live haben wollen! Danach gab's ein paar neuere Songs (Hordes Of Chaos, Phobia", "Enemy Of God"). Mille forderte, wie man es nach der vierten Show in 16 Monaten fast schon auf die Sekunde genau kennt, andauernd einen amtlichen »MOOOOOOOOOOOOOOOOOOOSHPIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIT"«, den dann so manche Pseudo-Thrasher auch versuchten, aber kläglich scheiterten, hahaha. Und es ging gleich wieder weiter mit geballter Old School-Power: "Endless Pain" (STRIKE!!!!), "Pleasure To Kill" "Terrible Certainty", "Extreme Aggression", "Coma Of Souls". Die Stimmung der versammelten Kuttenträger war auf dem Siedepunkt angekommen, die Leinwandprojektionen unterhielten zusätzlich mit Animationen von Bildern aus alten, kultigen Tagen. Danach gab es wieder vier Songs aus dem aktuellen Jahrtausend zu hören, bevor die drei Ruhrpöttler plus Finne erstmals von der Bühne gingen.

Mit "When The Sun Burns Red", untermalt mit einer sehr heftigen, aber ehrlich kritischen Videoprojektion von Tierquälern und ihren grausamen Taten, wurde der Zugabenblock eingeleitet. Die insgesamt herrlich unterhaltsamen 90 Minuten beendeten die Essener standesgemäß mit dem legendären Frühzeit-Doppel "Flag Of Hate" (inklusive wieder mal ewig andauernder Animations-Ansage) und der Rumpel-Hymne "Tormentor" (geile 80er-Jahre-Leinwandprojektion!!!). Übrigens nochmal Danke an Mille, der mir sein Pick genau auf die Kutte knallte! Noch eins mehr in der Sammlung, hehe!
Nach diesem Übergig konnte es mit den darauffolgenden Modern-Krachmaten Silent Decay und dem Late-Night-Act Awake The Mutes natürlich nur noch bergab gehen und so entschloss man sich, da es dazu auch noch ungewohnt kühl war, das Festivalgelände zum letzten Mal zu verlassen.
Als Endfazit lässt sich sagen: Ein recht angenehmes Festival mit freundlichen Helfern, das hoffentlich nächstes Jahr noch ein paar richtige Metaller mehr zu sich zieht und sich mit vielleicht noch besseren Bands gut in der Metal-Szene etablieren kann. Danke an den Presseverantwortlichen Daniel für die Akkreditierung!
Weitere Infos auf der Website des Festivals
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