Nach vier Alben in ihrer Muttersprache vollziehen die fünf Franzosen von Ex-Vagus den Wechsel: Ab sofort wird auf Englisch gesungen! Die Band erhofft sich dadurch mehr Chancen, internationale Türen geöffnet zu bekommen. Gut gut... mir ist die Sprache des Gesangs mehr oder weniger Wurst, denn die Musik spricht eine eigene. Und die Sprache von Ex-Vagus ist eine durchaus ausdruckstarke.
"Dream Object 5" ist Progressive Rock mit allerlei Retro-Elementen und bombastisch angelegten, omnipräsenten Synthesizern. Die zwischen sechs und 13 Minuten langen Stücke variieren genüsslich und nicht immer vorhersehbarerweise zwischen endlos wegdriftenden, atmosphärischen Klanglandschaften und straighten, riffbetonten Passagen. Eher letzteren zugeneigt, sehr präsent und dramatisch präsentiert sich der Opener "Trash Vortex". Hier wird gleich deutlich, dass Saga zu den stärksten Stilpaten der Band zählen; nicht nur, weil der theatralisch exklamierende Sänger Eric Vedovati einiges von der Attitüde eines Michael Sadler verinnerlicht zu haben scheint.
Weitere Referenzen sind zahlreiche Bands im Bereich des Neo Prog. So höre ich hier und da Galahad durch, in episch anmutenden Instrumentalpassagen mit Orgel-Anteil wie bei "The Conqueror's Weapons" auch mal Arena. Ebenfalls auf dem musikalischen Bewunderungszettel, aber weiter zeitlich zurück datierend, stehen Bands wie die frühen Genesis in Sachen Songwriting (die teils avantgardistische Sprunghaftigkeit hat schon was von Peter Gabriel, 80er-Jahre- Genesis in Sachen Keyboardarbeit und Rush (viele Retro-Synthesizer-Parts und auch das härter rockende "Once Upon A Dime").
Die psychedelische Seite der Band kommt verstärkt bei den Stücken mit langen Spielzeiten zum Vorschein (überrascht?!), aber auf höchst unterschiedliche Art und Weise. "Lostaway" ist geprägt von unterkühlten Synthesizer-Wallungen - der opulente Keyboard-Bombast über rhythmisch angefixten Akustikfiguren mit minutenlanger Entwicklungszeit klingt beinahe wie eine Hommage an Rush, wie sie in den Früh-80ern rumexperimentiert haben ("The Camera Eye", "Witch Hunt"). Auch "Some Fallen Dust" lädt mehr zum akustischen Schlendern als zum Abrocken ein - eine einfühlsame, siebenminütige Reise durch hypnotisch verträumte Klanggebilde mit steter Steigerung.
Einzig "Stravinsky's Gondola" offenbart Schwachpunkte im neo- floydigen Psychedelik-Kosmos, präsentiert sich äußerst zurückgenommen und kann die 13 Minuten Spieldauer nicht mit entsprechend viel Inhalt füllen. Da plätschert erst einmal minutenlang eine Brandung über den Kieselstrand, bevor dann hauchzarter Gesang auftaucht, begleitet von Minimalakustik. Nach vier Minuten wird es zum ersten Mal 'laut', aber nicht lange. Und es bleibt insgesamt recht eindimensional, bis auf ein paar instrumentale Wirbeleien in der Mitte. Die verklärten Atmosphären mögen zur Aussage des Stücks passen; laut Band eine Retrospektive auf das Leben und Sterben Igor Strawinskys, erzählt von dessen eigenem Geist. Nun gut, das ist was für die Strawinsky-Fans unter uns, die sich an den Lyrics ergötzen können.
Die Längen von "Stravinsky's Gondola" gleicht der großartige Schlusstrack "The Clay Spirits" wieder aus, der wirklich mit allen Wassern proggiger Kompositionskunst gewaschen ist: atmosphärischer Bombast, butterweiche Klavier-Breaks, treibende Riffs, Sinnlichkeit und Dramatik, Rhythmus- und Tempowechsel.
Thematisch beschäftigen sich die Songs vor allen Dingen mit der Blödheit und Boshaftigkeit der Menschen. So geht es unter anderem um die Vermüllung der Weltmeere ("Trash Vortex"), Korruption in höchsten Kreisen ("Some Fallen Dust") oder das katastrophale, von Menschenhand geforderte Schicksal der amerikanischen Ureinwohner ("The Clay Spirits"). Ironie ist der Band übrigens auch nicht fremd, so zu erleben in der Märchen-Parodie "Once Upon A Dime" - hier ist Cinderella eine Go-Go-Tänzerin und die sieben Zwerge geben sich an der Bar die Kanne.
Unterm Strich ist "Dream Object 5" geeignet für traditionsbewusste Prog-Hörer, die aber zugleich offen für Unkonventionelles sind. Denn die hervorstechenden Synthesizer-Einsätze und auch das teils fragmentierte Songwriting zeugen schon von gehobener Experimentierfreudigkeit. Diese erreicht nicht das Level von "Raising The Mammoth" von Explorers Club, an der ein oder anderen Stelle fühle ich mich aber schon daran erinnert. "Dream Object 5" dürfte ob seiner opulenten, expressiven Klänge in Sachen Keyboard und Gesang Geschmacksache sein. Und es braucht ein wenig Eingewöhnungszeit. Aber genau das ist es ja, was ein Album langlebig und besonders macht.
Line-up:
Regis Costagutto (bass)
Xavier Le-Loupp (guitar)
Eric Vedovati (lead vocals)
Dominique Barboyon (keyboard)
Thierry Lesaffre (drums)
Tracklist |
01:Trash Vortex (6:04)
02:Lostaway (11:28)
03:The Conqueror's Weapons (9:19)
04:Some Fallen Dust (6:58)
05:Stravinsky's Gondola (13:03)
06:Once Upon A Dime (6:26)
07:The Clay Spirits (12:43)
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